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Audi-Werk Brüssel schließt im Februar 2025: Keine Einigung über Sozialplan

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Audi und die Gewerkschaften konnten sich trotz intensiver Verhandlungen in der Nacht nicht auf einen Sozialplan für die 3000 Beschäftigten in Brüssel einigen. Wie es jetzt weitergeht.


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Nach vielen Monaten der Investorensuche und Verhandlungen über einen Sozialplan gibt es keine Einigung: Die Geschäftsleitung von Audi Brussels und die Sozialpartner konnten sich in der vergangenen Nacht nicht auf einen gemeinsamen Sozialplan für die Beschäftigten am Standort Brüssel einigen. Der kleinste Standort von Audi wird Ende Februar 2025 geschlossen.

Audi-Werk in Brüssel vor Aus: Sozialpartner lehnen neues Angebot ab

Die Sozialpartner haben ein sechstes, nochmals verbessertes Angebot der Geschäftsleitung nach Gesprächen bis in die frühen Morgenstunden abgelehnt. "Diesen Schritt bedauern wir sehr", sagte eine Sprecherin der Heilbronner Stimme. Am weltweit kleinsten Audi-Standort Brüssel fallen rund 3000 Arbeitsplätze weg.

Zum Hintergrund: Die Beschäftigungssicherung bei Audi, die noch bis Ende 2029 läuft, gilt nur für die deutschen Standorte des Autobauers. Für die Schließung des Werks hatte Audi bereits im Sommer Rückstellungen in Höhe von 1,2 Milliarden Euro getätigt. 

Audi geht direkt auf Beschäftigte zu

Die Unternehmensleitung will sich jetzt direkt, ohne Umweg über die Gewerkschaften, an die Mitarbeiter wenden, um jedem einzelnen ein Abfindungsangebot zu unterbreiten. „Wir stehen zu unserem Wort und werden jedem Mitarbeiter freiwillig eine individuelle und faire Abfindung zusätzlich zum gesetzlichen Kündigungsgeld anbieten", sagt Audis Produktionsvorstand Gerd Walker.

"Damit möchten wir die Mitarbeiter, die für die Vier Ringe so viel geleistet haben, auf dem Weg hin zu einer neuen beruflichen Zukunft unterstützen. „Die Entscheidung, das Werk in Brüssel zu schließen, ist schmerzhaft. Für mich persönlich war es die schwerste in meinem bisherigen Berufsleben.“ 

Audi Brüssel: So hoch sollen die Abfindungen sein

Audi bietet den Beschäftigten nach eigenen Angaben zusätzlich zum gesetzlichen Kündigungsgeld eine eigene, freiwillige Unternehmensprämie an. Die Höhe dieser Audi-Prämie hängt ab von der individuellen Betriebszugehörigkeit. Insgesamt gibt der Autobauer für die Abfindungen dem Vernehmen nach mehr als doppelt so viel aus wie gesetzlich gefordert.

Ein Beschäftigter mit 17 Jahren Betriebszugehörigkeit erhält nach Informationen aus Unternehmenskreisen je nach Funktion und Gehalt durchschnittlich zwischen 125.000 Euro und 190.000 Euro brutto (freiwillige Audi Prämie plus gesetzliches Kündigungsgeld). Darüber hinaus bietet Audi nach eigenen Aussagen allen Beschäftigten weitere Unterstützungsangebote an. Dazu zählen unter anderem Coaching-Angebote. "Wir sind zuversichtlich, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die Qualität unseres Angebots erkennen und es annehmen werden. 

"Audi hat immer betont, eine gemeinsame Lösung anzustreben. Wir bedauern daher die Ablehnung der Sozialpartner, gerade weil dadurch Bausteine des Sozialplans entfallen", so die Audi-Sprecherin. "Zum Beispiel kann Audi Brussels ohne einen gemeinsamen Sozialplan aus gesetzlichen Gründen keine zusätzliche Altersregelungen für Beschäftigte über 60 Jahren, sondern nur eine gesetzliche Altersregelung anbieten."

Audi Brüssel: Keinen Investor gefunden

Zuvor waren alle Versuche gescheitert, das Werk zu retten. Zwischenzeitlich hatte Audi mehr als 20 Interessensbekundungen potenzieller Investoren erhalten. Eine Einigung kam indes mit keinem zustande. Mitte November war der letzte mögliche Investor aus dem Nutzfahrzeugbereich abgesprungen. Direkt im Anschluss starteten die Verhandlungen über einen Sozialplan.

Bis zuletzt wurde innerhalb des VW-Konzerns versucht, eine Alternativverwendung für das Werk zu finden – ebenfalls ohne Erfolg. Audi hatte bereits im Sommer angekündigt, dass die Produktion des schwächelnden Q8 E-Tron in Brüssel Ende Februar 2025 eingestellt wird. 

Audi Brüssel: Lohn- und Logistikkosten in Belgien sehr hoch

Die Krise in Belgien zog sich schon länger hin. Bereits seit Jahren wurde innerhalb des VW-Konzerns versucht, ein anderes Modell für das Audi-Werk in Brüssel zu finden. Allerdings ohne Ergebnis.

Der Standort in Belgien gilt schon immer als Problemfall. Brüssel war zunächst ein VW-Werk, 2007 musste es Audi gegen immense interne Widerstände übernehmen. Der dort gefertigte Kleinwagen A1 war unseren Informationen zufolge nie rentabel. Sowohl die Lohn- als auch die Logistikkosten sind dort sehr hoch.

 

Schwache Nachfrage nach dem Q8 E-Tron

Aufgrund seiner Lage direkt an den Bahngleisen kann das Werksgelände nicht erweitert werden. Und da es in Brüssel kein Presswerk gibt, müssen große Karosserieteile von anderen Werken angeliefert werden – was zusätzlich die Logistikkosten erhöht. Zudem schwächelt schon länger die Nachfrage nach dem großen Elektro-SUV Q8 E-Tron.

Die Lage hat sich mit der Markteinführung des Q6 E-Tron nochmals verschärft: Der Stromer ist dem Q8 E-Tron technisch deutlich überlegen. Im ersten Halbjahr sind gerade einmal 13.600 Q8 E-Tron produziert worden. Dem Vernehmen nach rechnet man fürs Gesamtjahr mit etwas mehr als 20.000 Einheiten. Ausgelegt ist das Werk Brüssel hingegen auf maximal 150.000 Fahrzeuge jährlich.

 

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