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Dax-Rekorde trotz Krise: Warum die Börse boomt, während die Wirtschaft schwächelt

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Die deutsche Wirtschaft steckt in einer Krise. Zeitgleich schwingt sich der Dax zu immer neuen Höhen auf. Wie passt das zusammen?


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Die deutsche Wirtschaft steckt in einer Rezession: Nach zwei Jahren rückläufiger Wirtschaftsleistung hat die noch amtierende Bundesregierung ihre Konjunkturprognose Ende Januar auch für 2025 deutlich gesenkt und geht nur noch von einem Mini-Wachstum von 0,3 Prozent aus. Die Deutsche Industrie- und Handelskammer rechnet sogar mit dem dritten Rezessionsjahr in Folge.

Zeitgleich eilt die Börse gerade von Rekord zu Rekord. Anfang dieser Woche erreichte der Deutsche Aktienindex, kurz Dax, ein neues Allzeithoch, übersprang am Mittwoch kurzzeitig die Marke von 22.900 Punkten. Alleine in den vergangenen Wochen ging es extrem steil bergauf. Wie passt das zur Krise der deutschen Wirtschaft?

Dax ist kein gutes Spiegelbild der deutschen Wirtschaft: Wirtschaftsprofessor sieht in Börsen-Rekorden eine Überhitzung

„Die Entwicklung ist stark von einzelnen Aktien getrieben und Effekten aus Branchen, die wir in den USA sehen“, sagt Roland Alter, Prodekan der Wirtschafts-Fakultät der Hochschule Heilbronn. Der Professor mit Schwerpunkt Unternehmensführung sieht in den aktuell immer neuen Rekorden mitunter sogar eine Überhitzung und rechnet mit Kurskorrekturen.

Vor allem die Rallye in den vergangenen Wochen betrachtet Roland Alter mit Sorgen. „Wir sehen seit Dezember einen deutlich überdurchschnittlichen Anstieg. Das spricht dafür, dass es tendenziell eher zu Rücksetzern kommen kann.“ Zumal die Entwicklung stark von jener in den USA geprägt ist. Ganz generell gelte aber: „Der Dax ist sicher kein gutes Spiegelbild für die Situation der deutschen Wirtschaft.“

Die Börse boomt: Auch im Dax schwächeln einige Unternehmen

Das habe in erster Linie damit zu tun, dass die 40 Unternehmen, die den Index bilden, Unternehmen sind, die Umsatz und Erlöse vor allem mit ihrem Auslandsgeschäft generieren. Der Effekt der Multikrise in Deutschland, falle bei diesen Unternehmen daher kaum ins Gewicht. Hinzu komme, dass „die Top-Kursanstiege die Probleme anderer Firmen überdecken“, sagt Roland Alter.

Professor Roland Alter ist Prodekan der Wirtschafts-Fakultät der Hochschule Heilbronn.
Professor Roland Alter ist Prodekan der Wirtschafts-Fakultät der Hochschule Heilbronn.  Foto: Matthias Stark

So hat der Aktienkurs des Walldorfer Software-Riesen SAP alleine in den vergangenen sechs Monaten satte 42 Prozent zugelegt, sich in den vergangenen fünf Jahren mehr als verdoppelt. Allerdings boomen Technologie-Titel generell, auch weltweit. Für den Sportartikelhersteller Puma dagegen ging es zuletzt deutlich bergab. Genauso wie beim Pharma-Riesen Bayer.

Dax-Rekorde trotz Wirtschaftskrise: Sondereffekte wie bei Rheinmetall befeuern steilen Aufwärtstrend

Auch bei den deutschen Autobauern sah es zuletzt eher mau aus, und auch über einen Zeitraum von fünf Jahren betrachtet ist eher eine Seitwärtsbewegung erkennbar. „Die Pkw-Sparte von Daimler hat es in dieser Zeit kaum geschafft, aus seinem Korridor zwischen 70 und 80 Euro auszubrechen“, hat auch Roland Alter beobachtet.

Was den Dax zudem treibt, sind sogenannte Sondereffekte wie bei Rheinmetall. Der Rüstungskonzern profitiert von den Folgen des Ukraine-Krieges, zählt zu den Krisengewinnern. Jahrzehntelang dümpelte die Aktie vor sich hin, bevor sie Anfang 2022 zunächst einen Sprung machte und von 2024 bis heute förmlich explodierte. In der Langzeitbetrachtung legte die Aktie um rund 9300 Prozent zu. In der vergangenen Woche waren es 28 Prozent.

Wer wissen möchte, wie es um die deutsche Wirtschaft tatsächlich steht, der muss sich den M-Dax anschauen. Dort sind die 50 größten deutschen Mittelständler vertreten. „Der M-Dax hat sich in den letzten zwei, drei Jahren im Grunde seitwärts bewegt“, sagt Hochschulprofessor Roland Alter. Die Entwicklung der vergangenen fünf Jahre ist sogar leicht rückläufig. Im selben Zeitraum stieg der Dax von 13.500 auf knapp 23.000 Punkte.

Die Angst, etwas zu verpassen, ist auch ein Grund für das neue Rekordhoch im Dax. Im Englischen wurde dafür der Begriff FOMO geprägt: „Fear Of Missing Out“. Diese Angst ist ein starker Antriebsfaktor menschlichen Handelns. Anleger, die zuletzt abwartend waren, fürchten nun, das Beste zu verpassen. Sie schieben ihre Bedenken beiseite, steigen ein und treiben die Kurse noch weiter in die Höhe.

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