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Aus für das Verbrenner-Aus: Wirtschaft reagiert mit Zustimmung und Kritik

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Der Verband der Automobilindustrie bemängelt die von der EU vorgeschlagenen Regelungen zum CO2-Ausstoß in der Branche. Auch andere Wirtschaftsvertreter sehen die Vorschläge kritisch.


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Die von der Europäischen Kommission am Dienstag vorgeschlagenen Regeln zur Aufweichung des Verbrenner-Aus sorgen für Lob und Kritik in der Wirtschaft.

Der Verband der Automobilindustrie (VDA) kritisiert die Vorschläge der Europäischen Union. „Brüssel enttäuscht mit seinem vorgelegten Entwurf“, teilt VDA-Präsidentin Hildegard Müller mit. „In Zeiten zunehmenden internationalen Wettbewerbs... ist dieses Gesamtpaket aus Brüssel fatal.“ Sie kritisiert vor allem die Anforderungen bei grünem Stahl und erneuerbaren Kraftstoffen. „Es sind Anforderungen, bei denen die jeweiligen Verfügbarkeiten nicht in unserer Macht liegen“, so Müller. Damit sei die Autoindustrie auf Entwicklungen angewiesen, die sie nicht beeinflussen könne.

Läpple freut sich über mehr Planungssicherheit

„Die Entscheidung der EU-Kommission, das geplante Verbrenner-Aus in dieser Form nicht weiterzuverfolgen, schafft aus unserer Sicht kurzfristig mehr Planungssicherheit für die Automobilindustrie. Gerade angesichts hoher Transformationskosten und eines intensiven globalen Wettbewerbs ist Verlässlichkeit ein zentraler Faktor“, sagt Oliver Wackenhut, Geschäftsführer bei Läpple Automotive.

Zwar ist der Hersteller von Karosserie- und Blechteilen grundsätzlich unabhängig vom Antrieb, „gleichzeitig sind wir als Zulieferer eng an die Wettbewerbsfähigkeit unserer Kunden gebunden, die überwiegend deutsche Automobilhersteller sind“. Deshalb ist für Wackenhut ein „technologieoffener Transformationspfad“ entscheidend, gleichzeitig müssten Klimaziele aber erreichbar bleiben.

Das geplante Verbrenner-Aus in der Europäischen Union ab 2035 wird wohl aufgeweicht und verschoben.
Das geplante Verbrenner-Aus in der Europäischen Union ab 2035 wird wohl aufgeweicht und verschoben.  Foto: Alicia Windzio

VDMA bemängelt bürokratische EU-Vorschläge

Zu kleinteilig Hartmut Rauen, stellvertretender Hauptgeschäftsführer des Maschinenbauverbandes VDMA, sagt zu den Vorschlägen: „Grundsätzlich begrüßen wir den Schritt in Richtung Technologieoffenheit. Allerdings sind die Vorschläge der EU-Kommission derart kleinteilig, dass die konkreten Auswirkungen schwer abschätzbar sind.“ Es zeige sich, dass Bürokratieabbau für die EU nur ein Lippenbekenntnis sei, wenn in der wirtschaftlich mehr als angespannten Lage darauf verzichtet werde, einen legislativen Rahmen zu setzen und stattdessen Mikromanagement betrieben werde, so Rauen.

Eine Verknüpfung der CO2-Flottenziele mit europäischem, grünem Stahl beziehungsweise erneuerbaren Kraftstoffen klinge theoretisch zwar gut, da dies der Stahl-, beziehungsweise Kraftstoffbranche beim notwendigen Markthochlauf helfen könnte. „Aber auch hier gilt: Weniger ist mehr“, sagt Rauen. Statt den Herstellern wirkliche Flexibilitätsoptionen anzubieten, setze die Kommission auch hier auf kleinstteilige Vorgaben. Zudem wäre die tatsächliche Nutzbarkeit ebenso wie die Wirkung einer präzisen Obergrenze von sieben Prozentpunkten für grünen Stahl und drei Prozentpunkten für erneuerbare Kraftstoffe mit vielen Fragezeichen verbunden.

Bosch sieht keinen Durchbruch durch geplante EU-Regelungen

Das Technologieunternehmen Bosch äußert sich auf Stimme-Anfrage wie folgt: „Die präsentierten Vorschläge der Europäischen Kommission für die Automobilindustrie sind ein erstes Signal für mehr Technologieoffenheit, sie greifen jedoch zu kurz und bringen nicht den erhofften Durchbruch.“ Die Öffnung der bisher geplanten CO2-Flottenregulierung sei ein erster Schritt in die richtige Richtung.

Gut sei, dass bei der geplanten Überarbeitung mit einem Ziel von 90 Prozent ab 2035 ein Spielraum für konventionelle Verbrenner und Hybride als komplementäre Technologien gewährt werde. „Wir halten jedoch eine grundsätzliche Umstellung zu einer technologieoffenen Regulierung für erforderlich. So fehlt zum Beispiel die Möglichkeit, Fahrzeuge, die ausschließlich mit erneuerbaren Kraftstoffen betankt werden, als gleichwertige Erfüllungsoption zuzulassen“, heißt es bei Bosch.

Bosch will die endgültigen Gesetzestexte abwarten

Allerdings gelte: Erst wenn die Gesetzestexte vollständig veröffentlicht sind, könne man diese eingehender analysieren und bewerten, um ein abschließendes Urteil bilden zu können. „Angesichts des hohen Wettbewerbsdrucks, schwieriger konjunktureller Rahmenbedingungen und Handelshemmnisse drängt die Zeit. Wir müssen jetzt wirksame Maßnahmen auf den Weg bringen, damit die europäische Automobil- und Zulieferindustrie sich im globalen Wettbewerb behaupten und die enormen Herausforderungen unserer Zeit erfolgreich angehen kann“, teilt Bosch mit.

Die baden-württembergische Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut sagt zum Automotive Package der Europäischen Kommission: „Es wurde aus meiner Sicht eine große Chance vertan, auf mehr Markt, mehr Freiheit und weniger auf starre Vorgaben und Bürokratie zu setzen. Mein Eindruck ist, die EU-Kommission hat hier der Mut verlassen. Die Zugeständnisse, die nach Technologieoffenheit aussehen sollen, wie etwa die weitere Zulassung bestimmter Verbrennungsmotoren auch nach 2035, werden durch zusätzliche Hürden, neue starre Vorgaben und Aufbau von Bürokratie nahezu wirkungslos gemacht.“

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