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60 Jahre Solarzellen aus Heilbronn – Vom Telefunkenpark in den Weltraum

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Seit 60 Jahren werden Solarzellen im Telefunkenpark in Heilbronn hergestellt. Einige flogen mit Satelliten bis zum Jupiter oder zu einem Kometen.


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Es war nur eine kleine Sparte in dem 1960 eröffneten Werk, die da 1964 an einem neuen Produkt bastelte: einer Solarzelle für Weltraumanwendungen. Damals waren gerade erst die ersten Satelliten gestartet, die bemannte Raumfahrt reine Pionierarbeit und der Flug zum Mond noch eine Vision von US-Präsident John F. Kennedy.

Ein kleines Team entwickelte damals unter dem Dach der AEG in deren neuem Werk am Heilbronner Frankenstadion, heute Telefunkenpark genannt, eine Solarzelle, mit der Satelliten im Orbit sich mit Energie von der Sonne versorgen können.  Damals, so heißt es noch in der Firmenschrift zum 40-jährigen Bestehen des Standorts, kamen Solarzellen nur für Weltraumanwendungen infrage - auf der Erde lasse sich ja preisgünstig Strom aus Kohle-, Atom- und Wasserkraft gewinnen. Der Wirkungsgrad lag zudem bei bescheidenen 14 Prozent.


Seit 60 Jahren Solarzellen aus Heilbronn: Deutscher Satellit Azur mit Zellen aus Telefunkenpark bestückt

Bis allerdings die Heilbronner Solarzellen abhoben, dauerte es nochmals fünf Jahre: Am 9. November 1969 startete Azur, der erste deutsche Satellit. Sieben Monate blieb er in Betrieb. Er war mit 23.000 Solarzellen aus Heilbronner Fertigung bestückt, jede zwei mal zwei Zentimeter groß. Noch heute dreht der Flugkörper seine Runden um die Erde. Allerdings sind seine Tage gezählt - er wird nächstes oder übernächstes Jahr abstürzen und in der Erdatmosphäre verglühen.

Sein Name aber bleibt bestehen: Der Heilbronner Hersteller, der über viele Stationen aus der AEG über Firmen wie Daimler, Nukem, RWE und Generali zum kanadischen 5N-Plus-Konzern gekommen ist, heißt heute Azur Space Solar Power GmbH, benannt nach dem ersten mit seinen Solarzellen ausgerüsteten Satelliten.

Die Rosetta-Sonde, die zu einem Kometen flog, war mit Solarzellen aus Heilbronner Fertigung bestückt.
Die Rosetta-Sonde, die zu einem Kometen flog, war mit Solarzellen aus Heilbronner Fertigung bestückt.  Foto: ESA/ATG medialab; Comet image: ESA/Rosetta/Navcam

Photovoltaik-Kraftwerke mit Solarzellen aus Heilbronn

Anfangs wurden die blaumetallisch glitzernden Scheiben noch auf Siliziumbasis hergestellt, berichtet Verkaufsleiter Jürgen Grein. Auch das Hubble-Teleskop und die Rosetta-Sonde, die Zellen aus Heilbronn tragen, wurden noch mit dieser Technologie bestückt. Im Jahr 2000 führte das Unternehmen aber eine Fortentwicklung ein: Sogenannte Dreifach- und später Vierfach-Zellen vervielfachten den Energieertrag, statt Silizium werden jetzt Verbindungshalbleiter wie Germanium-Arsenid als Basis verwendet. Heute müssen etwa 100 Schichten verschiedener Zusammensetzung aufgebracht werden, erklärt Marketingdirektor Wolfgang Guter. Der Wirkungsgrad liegt inzwischen bei mehr als 32 Prozent.

Seit den Anfängen hat die Heilbronner Fabrik Satelliten-Solarzellen mit einer Gesamtleistung von sechs Megawatt ausgeliefert. Als neues Geschäftsfeld ist seit 2004 eine terrestrische Anwendung hinzugekommen: Mit den Azur-Solarzellen können auch Photovoltaik-Kraftwerke in sonnigen Regionen bestückt werden. Projekte gibt es unter anderem in Indien und Australien, 100 Megawatt Gesamtleistung wurden bereits ausgeliefert.


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Auftragsbücher der Heilbronner Fabrik sind gefüllt

Zurzeit ist die Heilbronner Fabrik komplett ausgelastet - die Auftragsbücher für nächstes Jahr sind voll, auch 2026 sei schon  stark gebucht. Denn neben großen Satelliten schicken Staaten und Unternehmen immer mehr Mini-Satelliten ins All, mit Gewichten von höchstens 150 Kilogramm. "New Space" heißt dieses Segment, ein Kunde der Heilbronner habe alleine 200 Stück mit Azur-Zellen bestückt, erzählt Grein. Insgesamt wurden seit 1964 etwa 900 Satelliten von Heilbronn ausgerüstet.

Seit der Übernahme durch die Kanadier im Frühjahr 2021 wurde daher die Belegschaft um 100 auf 350 aufgestockt, zusätzliche Räume im Telefunkenpark wurden angemietet. "Wir wollen weiter aufstocken", kündigt Roland Dubois an, der 2022 als Mitglied der Geschäftsführung für die Sparte Spezialhalbleiter ins Unternehmen kam. „Wir sind weiter auf der Suche nach qualifizierten und motivierten Mitarbeitern.“ Um konkurrenzfähig zu bleiben, investiere das Unternehmen aber auch weiter in die Automatisierung der Fertigungsprozesse. Der Wettbewerb ist freilich überschaubar: In der westlichen Welt gebe es gerade mal zwei weitere Hersteller von Weltraum-Solarzellen, während chinesische Produzenten nur selten zum Zuge kämen - vorwiegend aus geopolitischen Erwägungen. Dubois ist daher optimistisch: "Das sind tolle Aussichten für Heilbronn."

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