Nordwestlink fällt weg: Stromtrasse von Niedersachsen nach Obrigheim nicht mehr geplant
Der neue Netzentwicklungsplan ist da. Er sieht weniger Bedarf für große Stromkabel, wie sie gerade beim Projekt Suedlink verlegt werden. Das hat mehrere Gründe.
Die zusätzliche Stromautobahn Nordwestlink von Alfstedt in Niedersachsen bis nach Obrigheim kommt offensichtlich doch nicht. Das geht aus dem Entwurf des Netzentwicklungsplans für den Zeitraum 2037/45 hervor, den die Bundesnetzagentur am Mittwoch veröffentlicht hat. Grund sei, dass darin der Bedarf geringer veranschlagt werde, erläuterte eine Sprecherin des Übertragungsnetzbetreibers Transnet-BW: In allen drei bisherigen Szenarien der Behörde benötige zum einen die Industrie weniger Strom, zum anderen laufe das Tempo der Verkehrswende hin zu Elektroautos sowie der Zubau von Windenergie und Photovoltaik langsamer als bislang angenommen.
Die dicken Leitungsstränge sollen helfen, die erwarteten Ungleichgewichte zwischen der Stromerzeugung im Norden und dem industriellen Bedarf im Süden Deutschlands auszugleichen.
Bundesnetzagentur senkt Ausbauprognose für Photovoltaik bis 2045 deutlich ab
Bei Photovoltaik erwartet die Bundesnetzagentur nun, dass bis 2037 zwischen 270 und 380 Gigawatt Leistung installiert sind, 2045 könnten es 315 bis 440 Gigawatt sein. Zu Auftakt der Arbeit an dem Netzentwicklungsplan vor zwei Jahren wurden noch 345 Gigawatt für 2037 und 400 bis 445 Gigawatt für 2045 veranschlagt. Auch bei Windenergie auf See und an Land wird nun von einem langsameren Zubau ausgegangen – so dass auch weniger Strom ins Netz fließt, der verteilt werden muss.

Die größten Veränderungen beim Strombedarf sehen die Autoren weniger in privaten Haushalten, wo zwar mehr Wärmepumpen installiert, dafür aber sparsamere Elektrogeräte verwendet werden dürften, sondern in der Industrie, im Verkehr und vor allem bei Rechenzentren sowie bei Elektrolyse, um Wasserstoff zu erzeugen.
Stromtrasse nach Obrigheim: Die Pläne waren schon konkret
Dabei hatte Transnet-BW im vergangenen Jahr bereits zu Infoveranstaltungen entlang der vorgesehenen Trasse eingeladen, unter anderem in Bad Rappenau. Nordwestlink sollte demnach vom Raum Bremerhaven-Cuxhaven bis nach Obrigheim verlaufen. Das Konvertergebäude war im Bereich des früheren Kernkraftwerks vorgesehen. Transnet-BW hat auch schon Pläne für die Erweiterung des Umspannwerks bei Hüffenhardt im dortigen Gemeinderat vorgestellt, die auch mit der zusätzlichen Stromautobahn zusammenhängen.
Eine zweite dicke Stromleitung soll hingegen kommen: Südwestlink soll von Schleswig-Holstein bis südlich von Böblingen führen. Das Kabel soll bei Tiefenbach den Landkreis Heilbronn erreichen und südlich von Gundelsheim den Neckar queren. Anschließend ist ein Verlauf östlich von Zimmerhof, Bad Rappenau und Bonfeld vorgesehen, bis es westlich von Kirchhausen auf die Freileitung trifft und an ihr entlang in Richtung Heilbronn läuft. Danach biegt es nach Süden ab, passiert Leingarten im Osten, Nordheim im Westen und verläuft dann nahezu geradlinig nach Süden in Richtung Bönnigheim, in etwa auf der Trasse der neuen Gasleitung SEL. Ziel sei eine Einreichung der definitiven Trasse im Jahr 2026, hieß es noch bei der Infoveranstaltung in Bad Rappenau. Die Kabel sollten 2037 in Betrieb gehen.
Netzentwicklungsplan: Suedlink-Leitungen künftig als Freileitungen statt Erdkabel
Nun sieht der Entwurf zum Netzentwicklungsplan vor, dass die Leitungen nicht wie Suedlink in der Erde vergraben, sondern an Strommasten aufgehängt werden – wie es zum Beispiel jetzt schon für die Leitung Ultranet nach Philippsburg umgesetzt wird. Denn dadurch werden erheblich Baukosten gespart. Ohnehin sei es Ziel des Plans, die teuren Stromautobahnen auf das Nötigste zu beschränken – daher soll Nordwestlink wegfallen.
Noch ist aber nichts endgültig entschieden. Für das Frühjahr hat die Behörde zwei weitere Szenarien angekündigt. Die Entscheidung über das jetzt schon 227 Seiten dicke Werk soll dann im kommenden Herbst fallen.
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