Die beiden Hohenloher Ventilehersteller Bürkert und Gemü sind von Kurzarbeit weiterhin nicht betroffen. „Unser Business basiert zu einem erheblichen Teil auf Projektgeschäft, so dass wir es gewohnt sind, sowohl in Wachstumsphasen als auch in Phasen mit geringerer Auslastung auf Schwankungen zu reagieren“, teilt der geschäftsführende Gesellschafter Gert Müller mit. Für die Dienstleistungsbranche ist das Thema Kurzarbeit aktuell ebenfalls nicht relevant, sagt Katharina Kaupp, Geschäftsführerin der Gewerkschaft Verdi im Bezirk Heilbronn-Neckar-Franken. „Wir haben nur vereinzelt Bereiche, in denen Kurzarbeit aktuell vorkommt und in unserem Bereich auch keine Zunahme verzeichnet“, sagt sie.
Kurzarbeit auf Rekordniveau: Wie Unternehmen in der Region Heilbronn damit umgehen
In der Region Heilbronn greifen auch Weltmarktführer wie Würth, EBM-Papst und Ziehl-Abegg auf Kurzarbeit zurück. Die Gründe dafür sind vielschichtig.
Gute Nachrichten kommen vom Arbeitsmarkt schon lange nicht mehr. Neben leicht gestiegener Arbeitslosigkeit und einer schwächer wachsenden Beschäftigung hat auch die Zahl der Betriebe in Kurzarbeit zugelegt. Bundesweit, so Schätzungen der Bundesagentur für Arbeit, erhielten im Jahr 2024 durchschnittlich rund 320.000 Beschäftigte Kurzarbeitergeld. 2023 waren es noch 241.000 - auch damals war das ein erhöhter Wert.
In Baden-Württemberg lag die Zahl der Kurzarbeitenden den aktuellsten Daten zufolge zuletzt bei 57.754. Das entspricht 1,2 Prozent der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten. Doppelt so hoch wie im Bundesdurchschnitt, teilt ein Sprecher gegenüber der Heilbronner Stimme mit. Und die Kurzarbeit-Anzeigen der Betriebe lassen für den Südwesten und damit auch die Region erwarten, dass das Niveau der realisierten Kurzarbeit hoch bleiben wird.
Kurzarbeit auf Rekordniveau: Experte warnt vor veralteten Strukturen in Heilbronn-Franken
Um betroffenen Unternehmen Planungssicherheit zu geben und Jobs zu sichern, hatte die Bundesregierung die Bezugsdauer von Kurzarbeitergeld zuletzt von zwölf auf 24 Monate erhöht. Das verschafft Betrieben, die bereits 2024 in Kurzarbeit waren, eine Atempause. „Aber die Verlängerung kann über die strukturellen Probleme und die ungünstigen Rahmenbedingungen am Standort Baden-Württemberg nicht hinweghelfen“, sagt Jörg Ernstberger, Geschäftsführer der Bezirksgruppe Heilbronn/Franken des Arbeitgeberverbands Südwestmetall.
Aus seiner Sicht bestehe vielmehr die Gefahr, dass dadurch überholte Strukturen künstlich bewahrt werden und der notwendige und unaufhaltbare wirtschaftliche Wandel erschwert wird. „Es muss Aufgabe der Politik sein, die Rahmenbedingungen und damit die Attraktivität des Standorts signifikant zu verbessern und damit den Wandel aktiv zu gestalten“, sagt Ernstberger. „Die Politik hat der Wettbewerbsfähigkeit unserer Unternehmen über Jahre nicht die Bedeutung zukommen lassen, die sie benötigt hätte.“
„Es muss Aufgabe der Politik sein, die Rahmenbedingungen und damit die Attraktivität des Standorts signifikant zu verbessern.“
Jörg Ernstberger
Bis eine neue Regierung aber neue Weichen stellt, um Deutschland wieder auf Kurs zu bringen, wird jedoch noch Zeit vergehen. Daher dürfte die mögliche Verlängerung des Kurzarbeitergeldes betroffenen Betrieben durchaus entgegenkommen. Zwar fährt EBM-Papst auf Sicht und bewertet die Situation von Monat zu Monat neu, hat aber für den Standort Mulfingen vorsorglich bis zum 31. Oktober Kurzarbeit beantragt, teilt ein Sprecher mit.
Der Hersteller von Ventilatoren und Motoren spürt die konjunkturelle Schwäche der deutschen und europäischen Wirtschaft seit Anfang 2024. „Die Aufträge aus diesen Regionen lagen hinter unseren Erwartungen und führten zu einer geringeren Auslastung der europäischen Werke, auch in Mulfingen“, sagt Pressesprecher Hauke Hannig. Die Gründe dafür seien vielschichtig, reichten von geopolitischen Spannungen, Auswirkungen der Konflikte im Nahen Osten und in der Ukraine über die schwache Baukonjunktur bis hin zur Kaufzurückhaltung bei Heizungen.

Immer mehr Betriebe gehen in Kurzarbeit – auch im Raum Heilbronn und Hohenlohe
Die Folge: Seit Februar 2024 setzt EBM-Papst - mit Unterbrechung in den Sommermonaten - Kurzarbeit flexibel und sehr selektiv zur Stärkung seiner Stammbelegschaft ein. Mit Schwerpunkt im allgemeinen Verwaltungsbereich und in einzelnen Produktgruppen der Fertigung. „Insgesamt sind in Deutschland knapp 45 Prozent unserer rund 6300 Mitarbeiter von Kurzarbeit betroffen und dies in der Spitze an durchschnittlich vier Tagen im Monat - in der Regel jeweils freitags“, sagt Hannig.
Wie viele Mitarbeiter genau bei Ziehl-Abegg von Kurzarbeit betroffen sind, verrät der Wettbewerber von EBM-Papst zwar nicht. Abgesehen von einer Pause im Dezember nutzen die Künzelsauer seit September das Instrument der Kurzarbeit, allerdings nicht in der Produktion. Für Februar sind wir noch in der Prüfung, teilt Sprecher Rainer Grill mit. „Der Auftragseingang ist in den vergangenen Wochen besser geworden.“ Neueinstellungen werden in dieser Phase aber wie bei EBM-Papst genau geprüft.

Würth-Gruppe besetzt freie Stellen im Großraum Heilbronn primär aus den eigenen Reihen
Aufgrund der wirtschaftlichen Herausforderungen wägt auch die Würth-Gruppe weiterhin ihre Personalplanung sorgfältig ab. Das Unternehmen besetzt freie Stellen primär aus den eigenen Reihen. „Neueinstellungen hingegen erfolgen vor allem in den Bereichen IT und Vertrieb“, sagt eine Sprecherin. Derzeit sei eine geringe Anzahl an Mitarbeitenden bei wenigen deutschen Gesellschaften von Kurzarbeit betroffen. „Dabei handelt es sich unter anderem um Produktionsunternehmen, die beispielsweise die Automobilindustrie beliefern.“
Auch die IG Metall Heilbronn-Neckarsulm spürt in ihren Betrieben seit Herbst eine Zunahme von Kurzarbeit und hat einen besonderen Beratungsbedarf ausgemacht. „Daher haben wir schnell einen neuen Arbeitskreis ‚Stark trotz Krise‘ gegründet, um Betriebe durch diese Krisenphase zu begleiten“, sagt Geschäftsführer Jonas Berhe. Ähnlich wie Jörg Ernstberger von Südwestmetall erwartet er von einer neuen Regierung schnell gute Impulse.
Es geht auch ohne Kurzarbeit: Drei Beispiele aus dem Unterland
Drei große Unternehmen aus dem Unterland kommen bisher ohne das Instrument der Kurzarbeit aus. „Bei uns ist derzeit keine Kurzarbeit geplant“, teilt eine Sprecherin von Weber-Hydraulik aus Güglingen mit. „Wir nutzen in ausgewählten Bereichen das Instrument der Arbeitszeitverkürzung, um flexibel auf betriebliche Anforderungen zu reagieren“, erläutert sie. Auch bei der Heilbronner Läpple-Gruppe ist aktuell keine Kurzarbeit geplant. „Aufgrund der volatilen Marktsituation können wir jedoch nicht ausschließen, dass solche Maßnahmen in Zukunft notwendig werden könnten“, betont eine Unternehmenssprecherin. Der Stanzformspezialist Marbach aus Heilbronn teilt mit, dass Kurzarbeit derzeit kein Thema sei und auch nicht geplant sei.

Stimme.de