Kampf gegen Zikade: Südzucker und Bauern ziehen in Offenau Bilanz
Südzucker und seine Landwirte leiden noch immer unter Pflanzenkrankheiten, die von der Glasflügelzikade ausgelöst werden. Doch erste Maßnahmen greifen offensichtlich. So ist der Stand.
Vor zwei Jahren war die Stimmung noch anders. „Wir standen damals erschüttert auf dem Feld. Wir sahen einen toten Rübenschlag“, erinnert sich Stefan Streng, Vorsitzender der Wirtschaftlichen Vereinigung Zucker. Als die Schilfglasflügel-Zikade sich auf die ersten Zuckerrüben stürzte, raffte sie die Arbeit eines Jahres innerhalb von zwei Wochen dahin. Bei Südzucker in Offenau, mitten im am meisten befallenen Gebiet, gründete sich damals eine Arbeitsgruppe, die sich nach einer der durch die Zikade verbreiteten Krankheit „SBR Task Force“ nannte. Nun hatten ihre Mitglieder zu einem SBR-Gipfel nach Offenau geladen – und waren deutlich besser gelaunt.
Bilanz bei Südzucker in Offenau: Erträge stimmen wieder, Zuckergehalt noch nicht
„Heute konnten wir zeigen, dass die Lage sich stabilisiert hat“, berichtet Streng: Die Rübenerträge liegen dieses Jahr sogar über dem Durchschnitt der Jahre vor dem ersten Zikadenbefall. „Nur die Zuckergehalte sind noch nicht da, wo wir sie haben wollen“, schränkt er ein. Aber auch da gehe es wieder aufwärts.
SBR, ein Kürzel für eine Krankheit, die den Zuckergehalt in der Rübe senkt, kann mittlerweile durch diverse Maßnahmen bekämpft werden. „Wenn wir diese Ergebnisse nicht hätten, wäre der Rübenanbau nicht mehr wirtschaftlich, weder für die Betriebe noch für die Verarbeiter“, sagt Streng.

Forscher in Offenau: Die Zikade befällt nicht nur Zuckerrüben
Denn die Zikade breitet sich weiter aus, berichtet Frank Ordon, Präsident des Julius-Kühn-Instituts, einer Forschungseinrichtung zu Pflanzenschutz und -zucht: Von Rheinhessen und dem Kraichgau ist sie inzwischen in die Wetterau, nach Franken und bis nach Regensburg vorgedrungen, auch im Elbtal und in der Magdeburger Börde wurde sie schon festgestellt. Mittlerweile trete sie offenbar auch schon im Raum Braunschweig und am Niederrhein bis hinein in die Niederlande auf. Und sie befällt nicht mehr nur die Zuckerrübe: Gravierende Ausfälle wurden unter anderem auch bei Kartoffeln, Roter Bete, Paprika, Pastinake und Sellerie gemeldet.
„Heute sind wir in einer anderen Welt“, sagt Streng. „Es geht inzwischen um die Sicherung der heimischen Lebensmittelproduktion.“ Etwa 100.000 der 350.000 Hektar Zuckerrüben in Deutschland seien dieses Jahr befallen gewesen, etwa 60.000 der 250.000 Hektar Kartoffel-Anbauflächen.
Notfallzulassungen von Spritzmitteln seien weiter nötig
Dagegen wird nun in enger Abstimmung und mit Unterstützung des Bundeslandwirtschaftsministeriums und seiner Behörden vorgegangen: Es gibt Notzfallzulassungen von Insektiziden und veränderte Fruchtfolgen. Parallel werde an der Züchtung von Sorten gearbeitet, die gegen die Krankheiten resistent sein sollen – neben SBR tritt auch Stolbur auf, wodurch die Früchte schrumpeln und gummiartig werden. „Aber diese Züchtung wird noch dauern. Da sind zehn Jahre optimistisch“, meint Ordon.
Bis dahin, betont Georg Vierling, Leiter des Rübenanbaus bei Südzucker, seien die Notfallzulassungen weiter notwendig. „Wir streben sie auch für das kommende Jahr an. Wir sehen eindeutig, dass die Spritzungen wirksam sind.“ Auch die anderen Gegenmaßnahmen trügen dazu bei. „Ein Teil der Effekte wird aber erst nächstes Jahr zu sehen sein“, erwartet er.
Kampf gegen die Zikade: „Wir sehen Licht am Ende des Tunnels“
Das ist auch für Deutschlands größten Zuckererzeuger elementar. „Uns wurde von den Landwirten mehrfach gesagt, sie betrieben jetzt Rübenanbau auf Probe. Wir mussten dieses Jahr liefern.“ Sonst wäre es schwierig geworden, den Anbau auch im nächsten Jahr in diesem Umfang aufrecht zu erhalten. Doch nun sehe es gut aus. „Wir sehen Licht am Ende des Tunnels“, sagt Streng. „Und wir sind sicher, dass dies nicht der entgegenkommende Zug ist.“