Vielleicht nicht überrascht, aber auf jeden Fall emotional berührt habe ihn die Nachricht, dass Breuninger zum Verkauf stehe, sagt Hermann Hutter. "Das sind tolle Häuser, hoch attraktive Geschäfte – ein Leuchtturm-Faktor für viele Innenstädte." Sollte es tatsächlich zu einem Verkauf kommen, könne er nur hoffen, dass ein attraktiver Investor den Zuschlag erhält, der die Strategie fortführt. Auch im Sinne der vielen Mitarbeiter von Breuninger.
"Innenstädte veröden immer mehr": Experten aus dem Einzelhandel mit großen Sorgen
Nach vier Krisenjahren ist im Handel noch keine Erholung in Sicht. Gerade Innenstädte steuern auf einen gefährlichen Punkt zu – auch in Baden-Württemberg.
Mit einem dringenden Appell und einer Reihe von Forderungen wendet sich der Handelsverband Baden-Württemberg (HBW) an die Landesregierung. Hinter dem Einzelhandel stünden vier schwierige und turbulente Jahre, "wir kommen aus den Krisen gar nicht mehr heraus", sagte Michael Endress, Präsident des Handelsverband Württemberg, am Donnerstag in einem Pressegespräch. "Wir fordern von der Politik ein klares Bekenntnis zum Einzelhandel." Und das nicht nur mit Worten.
Zumal keine Erholung in Sicht ist, wie Hauptgeschäftsführerin Sabine Hagmann ergänzt. In einer Blitzumfrage am vergangenen Wochenende zeichneten die teilnehmenden 300 Händler im Ländle ein düsteres Stimmungsbild. Das Jahr laufe verhalten, was laut Hagmann zwar kein Geheimnis, aber deswegen nicht weniger bitter sei. Frequenz, Umsatz und Kundenstimmung bewerteten die Befragten mit der Schulnote ausreichend. Die Ergebnisse würden sich mit denen des letzten Konsum-Barometers decken.
Großteil der Einzelhändler hat finanzielle Reserven aufgebraucht
"Das sind deutliche Zeichen dafür, dass sich der private Konsum und die Wirtschaft nicht nachhaltig erholen", sagt Sabine Hagmann. Zudem hätten gleichzeitig die Herausforderungen für Einzelhändler zugenommen, wie auch die Insolvenzen großer Unternehmen wie Hallhuber, Depot oder Esprit in den vergangenen Monaten zeigten. "Wenn sich die Konsumneigung nicht erholt, dann wird es schwierig", so die Hauptgeschäftsführerin des HBW.
Der Handel und die Innenstädte stünden am Scheideweg, sagt Michael Endress. Durch Corona und die folgenden Multikrisen hätten 80 Prozent der Händler ihre Eigenkapitalreserven aufgebraucht. Hinzu kommt, dass der Zugang zu Krediten einer Umfrage zufolge schwieriger geworden sei als in den Vorjahren. Dabei müssten Einzelhändler gerade jetzt kräftig investieren, um im Wettbewerb überleben zu können, sagt Michael Endress.
"Die Leerstände steigen, die Innenstädte veröden immer mehr." Man steuere auf einen gefährlichen Kipppunkt zu. "Wenn der erst einmal überschritten ist, wird es schwer, die Innenstädte wieder zu reaktivieren." Umso wichtiger sei, dass der Handel bei den Investitionen weiter mit staatlichen Förderprogrammen wie bisher unterstützt werde. Programme wie "Handel 2030" oder die "Digitalprämie" helfen dem Handel und bringen ihn nach vorne.
Forderung aus dem Einzelhandel: Drastischer Abbau der Bürokratie
"Wir fordern die Landesregierung auf, die bisherigen Programme fortzuführen und nicht zu beschneiden", sagt Endress mit Blick auf die anstehenden Haushaltsberatungen im Herbst. Während es Signale gäbe, dass "Handel 2030" fortgeführt werden soll, "schaut es bei der Digitalprämie nicht gut aus", sagt Sabine Hagmann. In diesem Zuge erinnerte die Hauptgeschäftsführerin des HBW daran, dass der Einzelhandel mit 500.000 Mitarbeitern zu den größten Branchen im Bundesland zähle und forderte Prämien für Investitionen.
An anderer Stelle müssten dringend Entlastungen her, Hermann Hutter mahnte dringende Einschnitte in Sachen Bürokratie an. "In den letzten Jahren sind unendlich viele neue Auflagen hinzugekommen", sagt der Präsident des HBW. Eine Umfrage unter Einzelhändlern, welche Auflagen sie gerne abschaffen würden, ergab 108 verschiedene Vorschläge. Das deute darauf hin, dass es vielfältige Möglichkeiten für einen Abbau gäbe.
Als Beispiel nannte Hermann Hutter, selber Einzelhändler, die Aufbewahrungspflicht von zehn Jahren. "Ich habe 50 Paletten Ordner rumstehen, von denen ich 40 gerne wegschmeißen würde. Die schaut sich doch niemand mehr an." Auch müsse ein schnelleres bauen möglich werden. Hutters dringender Appell: "Wir brauchen praxisnahe Reformen und einen drastischen Abbau der Bürokratie."
Zur diskutierten Lkw-Maut für Land- und Kreisstraßen in Baden-Württemberg fällt die Meinung des HBW klar aus: "Das würde den Handel extrem belasten, da würden große Mehrkosten auf die Händler zukommen, teilweise in Millionenhöhe", warnt Hutter. "Wir hoffen, dass das nicht zum Tragen kommt."

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