Nach Informationen von Teilnehmern hat die Iwis-Geschäftsleitung am Donnerstag keine Szenarien aufgezeigt, wie es ab Januar überhaupt weitergehen könnte. "Es heißt, man sei auf der Suche nach einem Investor", sagt ein Teilnehmer. Mit dem bisherigen Management weiterzumachen, sei für viele Mitarbeiter schwer vorstellbar, das Vertrauen sei verloren. "Die Geschäftsleitung ist so weit weg von der Realität: Die wissen doch schon jetzt überhaupt nicht, wie der Betrieb weiterlaufen soll."
"Eine riesen Sauerei": Autozulieferer Iwis Mechatronics aus Schwaigern stellt 90 Mitarbeiter frei
Wenige Tage nach dem Insolvenzantrag stellt Iwis Mechatronics 90 Mitarbeiter mit sofortiger Wirkung frei. Das entspricht knapp einem Fünftel der Belegschaft des Automobilzulieferers. Das Vorgehen der Geschäftsführung wird dabei scharf kritisiert.
Der Insolvenz folgen die ersten, ernsten Konsequenzen: Nach Informationen der Heilbronner Stimme haben 90 Mitarbeiter den zahlungsunfähigen Automobilzulieferer Iwis Mechatronics aus Schwaigern verlassen müssen. Sie wurden vergangenen Donnerstag im Anschluss an eine Versammlung darüber informiert, dass sie mit sofortiger Wirkung freigestellt seien. So berichten es Teilnehmer der Veranstaltung übereinstimmend.
Iwis Mechatronics: Mitarbeiter erst kurz vor Versammlung informiert
Das Unternehmen wollte sich auf Nachfrage nicht äußern, eine Sprecherin verwies auf eine Vereinbarung mit dem Betriebsrat, wonach vorerst nur intern kommuniziert werden soll. Die Verantwortlichen um den Ende September in die Geschäftsleitung berufenen Sanierer Stephan Götschel hatten vor einigen Tagen beim Amtsgericht Heilbronn einen Antrag auf Insolvenz in Eigenregie gestellt. Zuvor hatte der in Schieflage geratene Automobilzulieferer für Aufsehen gesorgt, als er zehn neue Azubis noch vor Beginn der Ausbildung kündigte.
Die Freistellung von 90 Mitarbeitern, was beinahe einem Fünftel der bis dato noch 500 Beschäftigten entspricht, ist ein weiterer Einschnitt. Was der Belegschaft dabei bitter aufstößt: Offenbar wurden die betroffenen Mitarbeiter erst unmittelbar vor der Versammlung von ihren Abteilungsleitern und Vorgesetzten gebeten, im Anschluss noch zu bleiben. Dort hätten sie dann erfahren, dass sie von der angekündigten Freistellung betroffen sind. "Das ist eine riesen Sauerei", echauffiert sich einer, der seinen Namen besser nicht in der Zeitung lesen möchte.
"Ich hätte genauso gut dabei sein können."Ein Iwis-Mitarbeiter
Mit Medienvertretern zu sprechen könnte Konsequenzen haben - so soll es nach Informationen unserer Zeitung auf Aushängen der Geschäftsleitung im Betrieb stehen. Und die Angst um den Job ist auch so schon groß. Gefühlt könne es jeden treffen, schildern Teilnehmer der Mitarbeiterversammlung am Donnerstag. "Ich hätte genauso gut dabei sein können", sagt einer. Zu den freigestellten Kollegen gehörten demnach auch Mitarbeiter, die schon sehr lange für das Unternehmen tätig waren, dort auch gelernt hätten.
Mitte Dezember soll eine weitere Versammlung folgen
Viele glauben, dass es nicht bei dieser ersten Welle an Freistellungen oder Beurlaubungen bleibt. Zwar habe die Geschäftsleitung versucht, die verbliebenen Mitarbeiter in Sicherheit zu wiegen. Das könnte aber auch Taktik sein. "Die wollen natürlich den Betrieb aufrechterhalten und dafür sorgen, dass der Rest motiviert seine Arbeit macht", vermutet einer. Er sagt, dass sich angesichts der belastenden Situation viele Mitarbeiter krank gemeldet hätten.
Bis Mitte Dezember soll es eine weitere Mitarbeiterversammlung im Unternehmen geben, habe es vonseiten der Geschäftsführung am Donnerstag geheißen. Die Ungewissheit für die Belegschaft bleibt. "Es ist eine Scheißzeit", sagt ein Mitarbeiter über die vergangenen Wochen und Monate. Bereits mit Beginn dieses Jahres hatte Iwis eine Restrukturierungsmaßnahme eingeleitet, in deren Zuge 76 Mitarbeiter das Unternehmern verlassen. Die Letzten davon bis Ende November.

Nachdem die Absatzzahlen im Frühjahr erneut massiv eingebrochen waren, sah die Geschäftsleitung weiteren Handlungsbedarf, kündigte eine zweite Restrukturierung in diesem Jahr an. Ein paar Tage später wurde daraus ein Antrag auf Insolvenz. „Für die Mitarbeiter ist die Insolvenz natürlich ein Schlag. Sie haben Angst, wollen wissen, was das für sie, ihren Arbeitsplatz und ihre Familien bedeutet", sagt Gewerkschaftssekretärin Bianka Hamann.
Iwis streckt Mitarbeitern das Insolvenzgeld vor
Die IG Metall Heilbronn-Neckarsulm hatte die Iwis-Kollegen Samstag vor einer Woche zu einem Treffen geladen, ursprünglich, um über die Folgen der angekündigte Restrukturierungsmaßname zu sprechen - wurde aber von der Entwicklung eingeholt. Nun müssen 90 Mitarbeiter gehen - und niemand weiß, wie es weitergeht. Das Gehalt für den Monat Oktober stammt bereits aus dem Insolvenzgeld.
Um längere Wartezeiten zu verhindern und die soziale Härte für ihre Angestellten abzufedern, hat Iwis nach Informationen der Heilbronner Stimme mit der Bank vereinbart, das Insolvenzgeld vorzustrecken. "Trotzdem wird es bis zum 10. oder 11. November dauern, bis das Gehalt da ist", berichtet ein Mitarbeiter. Insolvenzgeld gibt es für maximal drei Monate. Was danach ist: ungewiss.

Stimme.de