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Technologiekonzern in der Krise
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⁠Tausende Stellen wackeln bei Bosch in Feuerbach – Große Kritik an Konzernspitze

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Die Nachfrage nach Wasserstoff-Technologie und Batterien für Hybride ist gering. Der Betriebsrat von Bosch in Stuttgart-Feuerbach sieht jetzt 2000 Jobs in Gefahr und findet deutliche Worte. 


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Die Kernaussage, sie ist die Zusammenfassung der aktuell schleppenden Verkehrswende in Europa: „Die einzige Beschäftigung, die wir momentan halten können, ist die Verbrennertechnologie.“ Denn dort ist die Nachfrage immer noch hoch, berichtet Axel Petruzzelli, Betriebsratsvorsitzender der Robert Bosch GmbH am größten Standort in Stuttgart-Feuerbach.

Verheerend sehe es hingegen bei den Zukunftstechnologien aus: Für Wasserstoffantriebe gebe es keinen einzigen Auftrag, etwa von Lkw-Herstellern, sagt er. Und bei 48-Volt-Batterien, wie sie für Hybrid-Autos benötigt werden, ziehe sich ein potenzieller Kunde nach dem anderen zurück. „Weil die neue EU-Abgasnorm aufgeweicht worden ist, sagen sie uns, dass sie die Werte auch so erreichen“, sagt Petruzzelli. „Bosch hat sich aber auf die strengsten Regeln eingestellt.“ Das rächt sich nun.


Bosch in Feuerbach: 1800 Beschäftigten in der Wasserstoff-Technologie fehlen die Aufträge

Während an Standorten wie Hildesheim und Schwäbisch Gmünd bereits von der Geschäftsleitung mitgeteilt wurde, wie viele Stellen dort wegfallen sollen, und in der Sparte XC von insgesamt 1850 Arbeitsplätzen, verteilt auf fünf Standorte, die Rede ist, gibt es für den größten Bosch-Standort Feuerbach noch keine Zahlen.

Der Betriebsratsvorsitzende befürchtet aber ähnliche Szenarien wie in Hildesheim und Schwäbisch Gmünd, sagt er. „Wir befürchten, dass es um 2000 Arbeitsplätze geht.“ Hinzu kommen die 1800 Mitarbeiter, die in Entwicklung und Produktion von Wasserstoff-Technologie eingesetzt sind – und denen die Aufträge fehlen. Am Standort arbeiten in den verschiedenen Abteilungen insgesamt 13.300 Männer und Frauen.

Der Bosch-Betriebsratsvorsitzende Axel Petruzzelli (Mitte) mit den IG Metall-Vertretern Liane Papioannou und Detlef Schwoon.
Der Bosch-Betriebsratsvorsitzende Axel Petruzzelli (Mitte) mit den IG Metall-Vertretern Liane Papioannou und Detlef Schwoon.  Foto: Fritze, Heiko

Bosch: "Solch ein Hin und Her ist für ein Technologieunternehmen pures Gift"

 „Wir haben uns frühzeitig, 2009, auf die Transformation eingestellt“, erzählt er. „Aber die Hersteller haben die entsprechenden Projekte inzwischen alle auf 2030 oder noch später verschoben.“ Das liege an der politischen Unsicherheit, seit die Flottengrenzwerte und das Verbrenner-Aus wieder zur Debatte stehen. Auch autonomes Fahren lasse noch auf sich warten. Unter anderem im Abstatt ist eine große Entwicklungssparte für dieses Thema angesiedelt.

„Solch ein Hin und Her ist für ein Technologieunternehmen wie Bosch pures Gift“, mahnt Petruzzelli. „Unsere Zukunftsfelder sind momentan unser Hauptproblem.“ Der Konzern brauche wie viele andere Zulieferer verlässliche politische Rahmenbedingungen, forderte er. „Die Politik muss jetzt sagen, was sie will: Verbrenner, das Verbrenner-Aus hinauszögern, oder doch rasch Elektro?“

Kritik: Konzernspitze agiert rein renditegetrieben

Bis das feststeht, müssten aber auch die hochqualifizierten Beschäftigten gehalten werden, mahnten der Betriebsratschef und die Gewerkschaftssekretäre Detlef Schwoon und Liane Papaioannou. „Wir brauchen klare Regelungen und Anforderungen, damit die Wirtschaft weiß, worauf sie sich verlassen kann“, mahnte die Zweite Bevollmächtigte der IG Metall Stuttgart. „Gerade wird die Zukunft begraben.“

Bei allen ungünstigen Rahmenbedingungen – groß ist die Kritik von Betriebsrat und Gewerkschaft auch an der Konzernspitze. Sie agiere rein renditegetrieben, schaue nur auf das Ebit, also das Ergebnis vor Zins- und Steuerzahlungen. „Sie nutzt das extrem, um auch die unbequemen Betriebsräte auszuschalten“, meinte Petruzzelli. Während in Deutschland Stellen wegfallen sollen, würden sie im Ausland aufgebaut. Gigantische neue Werke entstünden derzeit etwa in China, in Tschechien und in Ungarn. Dabei liege der Lohnkostenanteil nur bei zehn bis 14 Prozent, je nach Produkt, sagte der Betriebsratschef.

„Gerade wird die Zukunft begraben.“Liane Papaioannou

„Dass man in der gleichen Geschwindigkeit Personal abbaut, wie man es aufgebaut hat, sehen wir nicht ein“, ergänzte der Leonberger Betriebsratsvorsitzende Dirk Taffe. Dort wurde wie in Abstatt die Digitalisierungssparte XC eingerichtet und innerhalb von fünf Jahren um 1500 Mitarbeiter aufgestockt.

Am Verhandlungswillen des Betriebsrats fehle es nicht, betonte er: „Seit Juli 2023 wurden acht Zukunftsvereinbarungen getroffen.“ Und dennoch soll auch hier gekürzt werden. Dadurch gingen qualifizierte Arbeitskräfte verloren. „Unser Eindruck ist, dass hier die nächste Fehlentscheidung getroffen wird.“

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