Audi-Gewinn bricht deutlich ein: Das sind die Aussichten fürs Gesamtjahr
Bei Audi ist der Gewinn im ersten Halbjahr 2024 massiv zurückgegangen. Für das Gesamtjahr muss der Autobauer seine Prognose korrigieren. Zudem gibt es große Probleme bei der Produktion eines Elektroautos.
Audi hat von Januar bis Juni rund 1,1 Milliarden Euro weniger Gewinn als im Vorjahreszeitraum gemacht, der Umsatz brach um 3,2 Milliarden Euro ein. Trotz der schlechten Zahlen zeigt sich ein Aufwärtstrend, denn bereits nach dem ersten Quartal hatte das Unternehmen Rückgänge gemeldet, die in Summe nur unwesentlich niedriger waren.
Der Umsatz lag im zweiten Quartal also fast auf Vorjahresniveau, der Gewinn nur leicht darunter. Finanzvorstand Jürgen Rittersberger betont: "Das zweite Quartal war deutlich besser als das erste Quartal. Wir konnten aufholen." Konkret lag der Umsatz im ersten Halbjahr bei 30,9 Milliarden Euro, der Gewinn bei knapp 2,2 Milliarden Euro.
Audi erwartet schwache Rendite fürs Gesamtjahr 2024
Dennoch senkt Audi die Renditeerwartung für das Gesamtjahr. Die Prognose für die operative Umsatzrendite liegt nun bei sechs bis acht Prozent – statt acht bis zehn Prozent. Grund dafür sind laut Rittersberger die Kosten für die Umstrukturierung in Brüssel. Dort steht das ganze Werk auf der Kippe – unter anderem, weil die dort produzierten Elektromodelle unter Umständen vorzeitig eingestellt werden.
Beim Umsatz rechnet Audi mit 63 bis 68 Milliarden Euro im Gesamtjahr. „Die neue A5-Familie steht für den Beginn der nächsten Generation an Verbrennungsmotoren. Ende Juli folgt der Audi A6 E-tron, im Herbst der neue Audi Q5. Damit zeigen wir: Audi liefert", sagt Audi-Chef Gernot Döllner. Für dieses und nächstes Jahr sind mehr als 20 Modellanläufe geplant.
Audi: Absatz hat nach Rekordjahr nachgegeben
Autos, die bislang gefehlt haben. Von Januar bis Juni hat der Absatz daher deutlich nachgegeben. Weltweit sank die Zahl der Auslieferungen um 8,2 Prozent auf 833.000 Fahrzeuge. Audi hat das Problem, seit geraumer Zeit keine neuen Modelle auf den Markt gebracht zu haben. In der Autobranche gilt eine im Schnitt junge Modellpalette als Schlüssel für gute Verkaufschancen.
Dennoch stand im vergangenen Jahr mit der ältesten Modellpalette im Wettbewerbsvergleich ein Absatzrekord in den Büchern. Auf dem Heimatmarkt Deutschland sind die Auslieferungen im ersten Halbjahr um 18,4 Prozent auf 102.511 Fahrzeuge gesunken. In den USA steht ein Minus von 14,2 Prozent (rund 93.000 Autos). Auf dem größten Einzelmarkt China hat Audi von Januar bis Juni 320.370 Fahrzeuge ausgeliefert, ein Minus von 1,9 Prozent.
Teilemangel sorgte bei Audi für Produktionsausfälle
Man muss genau hinsehen: Die Bestelleingänge sind je nach Baureihe besser als teilweise angenommen, hört man aus dem Unternehmen. Allerdungs hatte Audi in den ersten sechs Monaten des Jahres immer wieder mit Lieferengpässen zu kämpfen. Mal fehlten Teile für die Sechs- und Achtzylindermotoren, mal Keramikbremsen. Das traf insbesondere den Standort Neckarsulm: Viele der bestellten Modelle aus den Baureihen A6, A7 und A8 konnten nicht produziert werden, RS-Modelle der Audi Sport GmbH eingeschlossen. Also ausgerechnet jene Autos, mit denen Audi am meisten Geld verdient.
Zusatzschichten im Audi-Werk Neckarsulm geplant
Mittlerweile läuft es wieder besser. Nach der Betriebsruhe (29. Juli bis 16. August) wird der A8 nach Informationen der Heilbronner Stimme in den Kalenderwochen 34 bis 39 im Zweischichtbetrieb gefertigt. An vier Samstagen im August und September werden für das Flaggschiff sogar Zusatzschichten gefahren. Zusätzlich sollen der neue A5 und ab Spätherbst der A7 für Schwung und eine steigende Auslastung sorgen. Für 2025 sind rund 230.000 Fahrzeuge angepeilt, dieses Jahr werden es wohl nur um die 130.000 bis 140.000.
Hochlauf des Q6 E-Tron stockt massiv
Im Stammwerk Ingolstadt hingegen häufigen sich derzeit die Probleme. Durch eine eingeschränkte Teileverfügbarkeit findet in dieser Woche keine Produktion der Modellreihen A3 und Q2 statt. Viel schlimmer noch: Ausgerechnet beim Prestigemodell, dem neuen Q6 E-Tron, hakt es dem Vernehmen nach gewaltig beim Anlauf. Die täglichen Fertigungszahlen, die seit dem Start im Frühjahr kontinuierlich steigen sollten, kommen nicht auf die angepeilte Höhe. Das Elektro-SUV kommt ohnehin drei Jahre später als ursprünglich geplant, nun pausiert die Produktion ab Montag für vier Wochen – eine Woche mehr als aufgrund der Betriebsruhe geplant war.
In den vergangenen Wochen sind immer wieder Schichten ausgefallen. Nun verschieben sich die Termine für Einführungen in vielen Märkten noch weiter nach hinten als sowieso schon. Dabei gilt es, keine Zeit zu verlieren. Schließlich stellt Audi am kommenden Mittwoch das nächste E-Auto vor: Der A6 E-Tron wird ebenfalls in Ingolstadt produziert. „Verspätete Anläufe, verschieben, umplanen, neu planen, zwischendurch alles wieder auf Anfang – das bindet Kräfte“, stöhnt ein Manager aus dem Vertrieb.
Wie geht es im Werk Brüssel weiter?
Im Vorstand wollte man sich eigentlich voll und ganz auf die Modelloffensive konzentrieren. Nun ist aber vor kurzem noch ein ganz heißes Eisen hinzugekommen: das mögliche Aus für das Werk in Brüssel und der Gedanke, das Produktionsende für den Elektro-SUV Q8 E-Tron angesichts der schlechten Nachfrage vorzuziehen. Der Nachfolger soll ab 2026 in Audis mexikanischem Werk gebaut werden. Nach Informationen der Heilbronner Stimme beschäftigt man sich im VW-Konzern bereits seit vergangenem Jahr mit der Zukunft des Standorts Brüssel.
"Es ist seitdem nicht gelungen, ein Modell zu finden, dass für genügend Auslastung sorgen könnte", berichtet ein Insider. "Gerade ist der Kampf groß beim Thema Werkbelegungen. Die insgesamt schwache Nachfrage sorgt weltweit für Überkapazitäten." Im VW-Konzern gibt es weltweit mehr als 100 Standorte. In Brüssel wären rund 3000 Beschäftigte betroffen. Zum Hintergrund: Die Beschäftigungssicherung bei Audi, die bis Ende 2029 läuft, gilt nur für die deutschen Standorte des Unternehmens.
Belegschaft in Heilbronn hofft auf R8-Nachfolger
Was die Zukunft bringt, das fragen sich auch die rund 1000 Audi-Beschäftigten in den Böllinger Höfen in Heilbronn. Ende März ist der letzte R8 vom Band gerollt. Seither wird lediglich noch der vollelektrische E-Tron GT in nur einer Schicht gefertigt. Die Arbeitnehmervertreter vor Ort fordern schon seit Jahren Ersatz für den R8. Immer wieder hat der Vorstand in Ingolstadt das Thema aufgeschoben. Nun will auch Audi-CEO Döllner zügig eine Lösung herbeiführen. Ihm schwebt ein vollelektrischer Sportwagen vor.
Sein Vorgänger Markus Duesmann hatte ein ähnliches Projekt sterben lassen. „Zu teuer, das rechnet sich nicht“, hatte es Anfang 2023 geheißen. Nun soll es dem Vernehmen nach im Herbst endlich eine Entscheidung geben. Ausgang? Völlig offen. „Döllner will das Auto unbedingt, im Vertrieb ist man skeptisch, was Preis und Stückzahlen angeht“, sagt ein Insider.


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