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KIT-Meteorologe über die Zukunft des Skitourismus: "Die Möglichkeiten sind endlich"

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KIT-Meteorologe Hans Schipper mahnt im Interview: Wir sind dem Klima nicht hilflos ausgeliefert, sondern können es beeinflussen, in dem wir jetzt Rahmenbedingungen verändern.

Viele Skigebiete in Bayern leiden aktuell unter Schneemangel. Auch in Ruhpolding gibt es nur einen weißen Streifen - links und rechts ist die Wiese zu sehen.
Viele Skigebiete in Bayern leiden aktuell unter Schneemangel. Auch in Ruhpolding gibt es nur einen weißen Streifen - links und rechts ist die Wiese zu sehen.  Foto: Sven Hoppe/dpa

Es sind verstörende Bilder aus dem Alpenraum: Skifahrer liften auf einer weißen Schneise nach oben oder schwingen auf ebenso schmalen Pisten ins Tal. Die Hänge drumherum sind grün-braun und schneelos. Es ist wichtig umzudenken, sagt der Meteorologe und Klimaforscher Hans Schipper vom Karlsruher KIT.

 

Sind Sie selbst Skifahrer?

Hans Schipper: (lacht) Ich bin Niederländer, da bin ich schon immer mal wieder Ski gefahren, aber das zu planen wird immer schwieriger. Im Schwarzwald zum Beispiel gibt es kaum noch Schnee.

 

Wir haben zum Jahreswechsel Bilder von Skifahrern gesehen, die auf einem schmalen weißen Streifen ins Tal fahren. Was haben diese Bilder bei Ihnen ausgelöst?

Schipper: Das sind sehr starke Bilder, ich weiß aber nicht, ob sie für den gesamten Alpenraum repräsentativ sind. Es gibt sicher auch Bereiche, in denen mehr Schnee liegt. Dort wo es so aussieht, ist die Lage aber ziemlich dramatisch.

 

 

Sie wird häufig aus der Perspektive des Tourismus diskutiert. Was sagen Sie als Klimaforscher?

Schipper: Ich kann sehr gut verstehen, wenn Liftbetreiber, die ihren Betrieb über Generationen geführt haben, alles probieren, um das Skifahren weiter möglich zu machen. Da hängen wirtschaftliche Existenzen und Arbeitsplätze dran. Aber die Möglichkeiten sind endlich, deshalb ist es wichtig umzudenken und nach Alternativen zum Skitourismus zu suchen. Das hat vielerorts schon begonnen. Und die Branche stellt sich darauf ein, dass Skiurlaube nicht mehr Monate vorher gebucht werden, sondern Menschen kurzfristig kommen, wenn es Schnee hat.

 


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Können uns Technologien wie die Kunstschnee-Produktion retten? Der bayerische Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger hatte sich auf Twitter entsprechend geäußert und dafür viel Spott geerntet.

Schipper: Durch Technologie haben wir vieles erreicht, aber die technologische Entwicklung hat uns auch in die Lage gebracht, in der wir jetzt sind. Die Vorstellung, wir könnten mit irgendwelchen plötzlich auftauchenden neuen Technologien den Klimawandel bremsen, ist schon sehr weit hergeholt. Und Kunstschnee ist auch Schnee, der niedrige Temperaturen braucht.

 

Unter welchen Bedingungen lässt er sich produzieren?

Schipper: Schneekanonen sind gedacht für kalte Winter ohne Schnee. Man braucht Minustemperaturen, also mindestens minus zwei oder drei Grad, idealerweise minus zehn. Wenn es warm ist, funktionieren Schneekanonen nicht und die Schneereste schmilzen weg.

 

Welche Auswirkungen wird der Schneemangel im Frühjahr und Sommer haben?

Schipper: Darüber wird kaum gesprochen, aber er wird Konsequenzen haben. Schnee ist ein großer Wasserspeicher, er lässt im Frühjahr im Voralpenraum kontinuierlich Wasser nachfließen. Regen, der jetzt fällt, fließt im Vergleich dazu sofort ab. Die Landwirtschaft könnte also im Frühjahr Probleme mit Trockenheit bekommen. Außer es wird ein sehr regenreiches Frühjahr mit Überschwemmungen. Das lässt sich nicht vorhersagen.

 


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Wie sieht es in anderen Teilen der Welt aus? Sind die Rocky Mountains in den USA und Kanada ebenfalls vom Schneemangel betroffen?

Schipper: Im Prinzip haben wir dort dieselben Probleme, auch hier geht die Schneefallgrenze nach oben. Allerdings ist die Fläche in Nordamerika viel größer als die Alpen, und in dem riesigen Gebiet gibt es mehr Alternativen.

 

Wie sieht Ihre Prognose für die nächsten Jahre und Jahrzehnte aus?

Schipper: Klimaforscher arbeiten mit Wenn-Dann-Modellen. Das heißt, wir können sehr gut berechnen, wie das Klima und die Erde unter bestimmten Bedingungen aussehen werden. Betrachtet man nun die Entwicklung dieser Bedingungen in der Zukunft, sieht es für unser Klima nicht gut aus. Mir ist aber wichtig zu betonen, dass wir dem Klimawandel nicht unbedingt hilflos ausgeliefert sind. Wenn wir jetzt anfangen, die Rahmenbedingungen deutlich zu verändern, dann können wir Einfluss auf das Klima im Jahr 2050 nehmen. Das Problem ist aktuell: Wir wissen, was uns droht, und lassen es trotzdem laufen.


Zur Person

Dr. Hans Schipper (47) ist Meteorologe und Klimaforscher. Der Niederländer leitet das Süddeutsche Klimabüro am Karlsruher Institut für Technologie (KIT).

 

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