Tausende ukrainische Kinder in Schulen und Kitas in Baden-Württemberg
Die Bildungsgewerkschaften in Baden-Württemberg fordern, dass die ukrainischen Kinder und Jugendlichen schnell an den Schulen und Kitas im Südwesten integriert werden. Ein Problem bei der Betreuung könnten Traumatisierungen wegen des Krieges sein.

Allein in der Landeserstaufnahme in Baden-Württemberg sind seit Beginn der Invasion Russlands rund 11 000 ukrainische Flüchtlinge angekommen. Weil die Kriegsflüchtlinge visumfrei einreisen können, dürfte die wahre Zahl jedoch viel höher sein. Unter den Menschen befinden sich viele Kinder und Jugendliche, die nun einen Platz in den Schulen und Kitas benötigen.
Die jungen Kriegsflüchtlinge sollen schnell Deutsch lernen
Nach Angaben des Stuttgarter Kultusministeriums sind von den Südwest-Schulen inzwischen mehr als 3800 Schüler aus der Ukraine aufgenommen worden. Dies ist allerdings der Stand vom 25. März, aktuellere Zahlen hat die Behörde nicht. Keine Informationen habe man darüber, wie viele ukrainische Kinder seit Kriegsbeginn in den Kitas aufgenommen worden seien, heißt es. Ukrainische Kinder werden laut einem Sprecher des Kultusministeriums von den Schulen vor Ort den Klassen zugeteilt. Schon bei den Flüchtlingsbewegungen 2015 und 2016 seien mit den Vorbereitungsklassen sowie dem Vorqualifizierungsjahr Arbeit/Beruf - kurz Vabo - bereits ein integratives System für neu zugewanderte Kinder und Jugendliche geschaffen worden, die noch nicht ausreichend Deutsch sprechen könnten. Zudem bestehe seit 2018 für neu zugewanderte Kinder und Jugendliche ein Sprachförderangebot in den Regelklassen mit einem Umfang von rund vier Lehrerwochenstunden.
270 Pädagogen melden sich freiwillig
Für Geflüchtete stehen im aktuellen grün-schwarzen Haushalt 1165 Lehrerstellen zusätzlich zur Verfügung. Weiter haben sich auf einem Internetportal des Landes inzwischen rund 270 Pädagogen gemeldet, die ukrainische Schüler unterrichten wollen. "Darunter sind auch etwa 70 Lehrkräfte aus der Ukraine", so der Sprecher. Zudem würden viele Schüler digital von ihren Lehrern von der Ukraine aus unterrichtet, falls dies möglich sei.
Psychologische Betreuung
Doch müssen viele Kinder wegen der Kriegserfahrungen auch psychologisch betreut werden? Hier verweist der Sprecher auf das landesweite Netz von 28 schulpsychologischen Beratungsstellen sowie das Kompetenzzentrum Schulpsychologie an der Universität Tübingen, die sich um die Schüler kümmern könnten.
GEW fordert Politik zu schnellem Handeln auf
Die Bildungsgewerkschaften drücken derweil aufs Tempo. "Die Kinder und Jugendlichen müssen so schnell wie möglich Unterstützung erhalten und dürfen nicht wochenlang darauf warten, in Kitas und Schulen einen Platz zu finden", fordert Monika Stein, Landesvorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW). Es sei nötig, dass die jungen Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine in stabile Gruppen mit festen Bezugspersonen und Schulsozialarbeitern kämen. Zudem müssten die Lehrkräfte im Umgang mit Traumatisierungen geschult werden und es müssten Schulpsychologen und Traumatherapeuten eingesetzt werden, erklärt Stein weiter.
Unterricht in kleinen Gruppen
"Es ist wichtig, die ukrainischen Kinder möglichst schnell in unser normales Schulsystem zu integrieren", sagt Ralf Scholl, Vorsitzender des Südwest-Philologenverbands. Er verlangt, dass Grün-Schwarz mindestens 1000 weitere befristete Lehrerstellen schafft. Ein Sprecher des Verbands Bildung und Erziehung im Land fordert, dass ukrainische Schüler in kleinen Gruppen unterrichtet werden. In zu großen Klassen würden die Flüchtlingskinder bei der Vermittlung von Lerninhalten "hoffnungslos untergehen".
Zielgenaue Unterbringung
Die Schulen vor Ort können zwar entscheiden, in welchen Klassen ukrainische Kinder unterrichtet werden sollen. Die Einrichtungen müssen sich aber mit dem zuständigen Schulamt sowie dem jeweiligen Regierungspräsidium abstimmen. An den staatlichen Schulämtern wurden hierzu Koordinierungsstellen eingerichtet, die den Bedarf vor Ort erfassen und die Klassenbildung sowie den Lehrkräfteeinsatz steuern. Sie organisieren auch die Aufnahme an den Schulen. Laut Kultusministerium wird hier auf die Erfahrungen mit den Fluchtbewegungen in den Jahren 2015/2016 zurückgegriffen.




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