Beim Aiways U5 ist einiges anders als gewohnt: Das Elektro-SUV kauft man nicht im Autohaus, sondern beim örtlichen Euronics-Händler – die Kette ist offizieller Aiways Vertriebspartner in Deutschland. Der Service wiederum wird in den Werkstätten von A.T.U. abgewickelt, wobei Aiways-Kunden dort eher selten aufschlagen sollten, schließlich verspricht der 2017 gegründete chinesische Hersteller bis zu 100 000 Kilometer wartungsfreies Fahren. Rekordverdächtig. Was hat der 4,68 Meter lange Exot noch zu bieten?Moderner Look Ein modern designtes Blechkleid zum Beispiel – mit geschlossener Front, voll versenkbaren Türgriffen, Leuchtenband am Heck und modischer Zweifarb-Lackierung. Auch der markante Knick an den Fond-Türen sowie die stark abgedunkelten hinteren Fenster fallen ins Auge. Die 19 Zoll großen Räder der von uns gefahrenen Premium-Variante (ab 39 070 Euro) füllen die kunststoffbeplankten Radhäuser ordentlich aus, mehr Zoll gibt es aber ohnehin nicht. Insgesamt wirkt der Fünftürer wie ein Mix aus VW ID.4 und Lynk 05.
204 PS
In Schwung gebracht wird der ausschließlich mit Frontantrieb verfügbare 1,8 Tonner von einem Elektromotor mit 204 PS und 310 Newtonmeter maximalem Drehmoment. Diese Power reicht vollkommen aus und sorgt dafür, dass der U5 in unter acht Sekunden aus dem Stand auf Tempo 100 beschleunigt. Fahrstufen werden mittels schickem Drehregler eingelegt, zudem stehen drei Fahrmodi zur Verfügung, die den Charakter des Wagens aber nur marginal verändern.
Laden mit bis zu 90 kW
Mit 63 kWh verfügt die Batterie des Neulings über eine durchschnittlich bemessene Kapazität, was sich auf die Reichweite auswirkt. Zwar gibt der Hersteller hier 400 Kilometer plus X an, mit mehr als 350 Kilometern sollten aber selbst Optimisten nicht kalkulieren (Normverbrauch: 17,0 kWh, CO2: 0 g/km, Testverbrauch: 22,6 kWh). Wechselstrom kann mit maximal 6,6 kW getankt werden, an einem Gleichstrom-Schnelllader mit CCS-Stecker sind bis zu rund 90 kW drin. Zum Vergleich: der ID.4 packt bis zu 125 kW. Praktisch: Die Ladebuchse ist unterm Frontscheinwerfer auf der Fahrerseite angebracht.
Gutes Raumangebot
Riesiger Pluspunkt des Aiways: sein immens gutes Raumangebot. Sowohl vorn als auch hinten kommen selbst Großgewachsene nicht so schnell an ihre Grenzen. Zudem wirkt der Innenraum dank des großen Panorama-Schiebedachs schön luftig (serienmäßig bei Premium). Leider gibt es keine Direktwahltasten zur Bedienung des Dachs, es muss umständlich über den zentralen Monitor gesteuert werden. Der Qualitätseindruck im Innenraum ist ansprechend: Großzügig geschnittene Sitze mit hellem Lederbezug, glänzende Klavierlack-Oberflächen und solide Kunststoffe ergeben in Summe einen stimmigen Materialmix. Wer sich über den kleinen Knubbel an der A-Säule wundert – das ist eine der Kameras zur Innenraumüberwachung.
Auch das Gepäckabteil kann sich sehen lassen – 432 bis 1555 Liter Volumen stehen bereit. Sehr gut: Werden die Lehnen in der zweiten Reihe umgeklappt, entsteht eine ebene Ladefläche. Dazu müssen jedoch erst die Sitzflächen hochgeklappt werden. Das ist ein bisschen oldschool.
Kein Navi, kein Android
Licht und Schatten bietet der U5 in Sachen Ausstattung und Infotainment. Das Lenkrad ist unten und oben abgeflacht – trendig, aber ohne echten Nutzen. Des Weiteren verfügt er über ein dreigeteiltes, digitales Cockpit und einen 12,3 Zoll großen Touchmonitor, über den nahezu alle Funktionen bedient werden. Smartphones lassen sich mit Apple Car Play einbinden, Android Auto steht nicht zur Verfügung. Auch auf eine Navigationsfunktion hat der Hersteller verzichtet. Die unter der Touch-Klimabedienung angebrachte Schale fürs kabellose Laden von Smartphones ist etwas klein geraten – ein Handschuhfach gibt es gar nicht. Das ist wirklich seltsam (und sieht auch merkwürdig aus).
Assistenten
Im normalen Fahrbetrieb hat der komfortabel abgestimmte und sauber verarbeitete U5 einen unaufgeregten Eindruck hinterlassen. Die an Bord befindlichen Assistenten reagieren teilweise etwas nervös (Aufmerksamkeitswarner schlägt grundlos Alarm) oder gar nicht (Verkehrszeichen werden nur bedingt erkannt), sie lassen sich im Menü aber auch dauerhaft deaktivieren. Auch eine Option auf ein besseres Soundsystem wäre schön. In Anbetracht des Kaufpreises – die Basisversion ist ab 35 993 Euro zu haben – könnte manch Nutzer aber darüber hinwegsehen. Alexander Rülke