Beim Neudenauer Gangolfsritt lassen sich Ross und Reiter segnen

Traditionelle Prozession und romanisches Kleinod am Ufer der Jagst

Beim St. Gangolfsritt lassen sich Ross und Reiter alljährlich mit Quellwasser segnen. Das sowohl kirchliche als auch weltliche Schauspiel zieht Besucher aus nah und fern ins Jagsttalstädtchen. Foto: Archiv/Rudolf Landauer

Es ist ein sehenswertes Schauspiel. Ein kirchliches und weltliches zugleich, wenn sich Neudenau immer am zweiten Sonntag im Mai für den traditionellen St. Gangolfsritt rüstet. Zu Ehren des Kirchenpatrons findet dort an seinem Gedenktag alljährlich eine Reiterprozession statt. Schließlich gilt der heilige Gangolf als Schutzherr von Quellen sowie als Patron von Reitern, Pferden und Haustieren. Sie alle bitten bei der Ver anstaltung um seinen Segen.

Die Stadt schmückt sich Startpunkt ist der Lindenplatz. Vor der Kulisse der mit rot-weißen Fahnen geschmückten Fachwerkhäuser treffen sich bis zu 300 Reiter - zum Teil in historischen Kostümen. Auf den Pflastersteinen klappern die Hufe. Lautes Wiehern ertönt. Einige der Rösser drehen sich einmal um sich selbst. Nervös warten sie auf ihren Start darauf, dass Reiter, Musikkapellen, Stadthauptmann, Stadtwachen und die Ministranten Aufstellung nehmen und die Reiterprozession endlich beginnt.

Beliebtes Spektakel Etwa ein Kilometer lang ist der Weg von der Stadt zur St. GangolfsKapelle an der Jagst, wo Mensch und Tier den kirchlichen Segen erhalten. Entlang der Strecke verfolgen hunderte Zuschauer das Spektakel. Und auch am Ziel, wo die Teilnehmer den Schutz Gottes und den des Heiligen Gangolf erbitten, ist reichlich Publikum vorhanden.

Heiliges Quellwasser Das verfolgt, wie Ross und Reiter mit Wasser aus einer örtlichen Quelle bespritzt werden, die bereits in vorchristlicher Zeit sprudelte und lange als Quellenheiligtum verehrt worden ist. Der Neudenauer Gangolfsritt wurde erstmals im 15. Jahrhundert erwähnt. Belegt sind aus Mosbach kommende Wallfahrten mit Pferden und das Brauchtum der Pferdesegnung für 1497 und 1501. 

Über viele Jahrhunderte hinweg pflegten die Gläubigen den Brauch, bis Anfang des 19. Jahrhunderts im liberalen Baden alle Prozessionen außerhalb der Orte verboten wurden. Erst 1923 wurde der Gangolfsritt durch Pfarrer Richard Aichele wieder zu neuem Leben erweckt.

Am Ufer der Jagst Allerdings nur für kurze Zeit, denn während des Dritten Reiches mussten die Prozessionen erneut unterbrochen werden. Neudenau nahm den Brauch 1946 wieder auf. Seither hat er einen festen Platz im Veranstaltungkalender. 

Ein Event, das Teilnehmer und Besucher aus nah und fern ins Jagsttalstädtchen zieht. Davon zeugen auch die zahlreichen Hufeisen an der Eingangstür des kleinen Gotteshauses am Ufer der Jagst, die dankbare Reiter dort als Votivgaben hinterließen. Die ältesten der am Eingangsportal wie auch an einer weiteren Tür an der Südwand des Langhauses angeschlagenen Hufeisen stammen aus dem 15. Jahrhundert.

Romanisches Kleinod Doch auch ohne Reiterprozession lohnt sich der Besuch der kleinen Kapelle, die auf der Süd route des Jakobswegs liegt, der von Rothenburg ob der Tauber über Jagsthausen, Widdern, Möckmühl und Neudenau nach Speyer führt. Die einstige Pfarrkirche des Dorfes Deitingen wurde 1276 erbaut und ist ein romanisches Kleinod mit einer ganz besonderen Atmosphäre, das einige Sehenswürdigkeiten aufweist. 

Dazu gehören der beispielsweise der dreigeteilte Gangolfsaltar aus dem Jahr 1501, der dem Heiligen Gangolf, Martin und Mauritius gewidmet ist, der Liebfrauenalter oder die zahlreichen mittelalterlichen Wandmalereien im Nebenchor.

Fegefeuer und mehr Dargestellt sind unter anderem Mär tyrer, das Jüngste Gericht, das Fegefeuer, die Nichtigkeit des Seins (ein von Schlangen durchzogenes Skelett), ein Passionszyklus sowie das Gleichnis von den klugen und törichten Jungfrauen. Wer tiefer in die Kirchengeschichte eintauchen möchte: Bei der Stadt sind Besichtigungen mit einem Gästeführer buchbar.