Von unserer Redakteurin
Anja Krezer
Seinem Kollegen ist es auf der Autobahn passiert: Herzstillstand. „Er hat es nicht überlebt.“ Heinrich Wesemann selbst schon. Es ist einigen glücklichen Umständen zu verdanken, dass der 58-jährige Fahrer eines Abschleppwagens auf einem Parkplatz in Weinsberg einen Herzinfarkt überstand. Großen Anteil daran hat die „Region der Lebensretter“.
Das App-basierte Alarmierungssystem schickte vier Retter zu Wesemann. Jede Minute zählte. Da stehen sie, die Lebensretter, und rahmen Heinrich Wesemann ein: Dr. Ingo Frers und die Feuerwehrleute Simon Butzelaar, Patrick Bräuning und Nick Munz.
Keine Erinnerung
Die Vier können zurückblicken auf die Zeit kurz nach 11 Uhr am 17. Dezember 2024 in Weinsberg. Wesemann kann es nicht. Er weiß nicht, wie es war, als die Männer auf den Parkplatz „Grasiger Hag“ eilten, wo er neben dem Abschleppwagen lag. „Ich habe keinerlei Erinnerung daran“, sagt der Familienvater. Frers, der seinerzeit außer in Eberstadt noch in Weinsberg praktizierte, war als erster da – nur zwei Minuten und 28 Sekunden, nachdem die App auf seinem Handy Alarm geschlagen hatte. Gerade einmal 300 Meter trennen Parkplatz und Praxis.
800 Registrierte
Seit 2021 ist in der Integrierten Leitstelle Heilbronn das Smartphonebasierte Ersthelfer-Alarmierungssystem „Region der Lebensretter“ (RdL) für Notfälle mit Herz-Kreislaufstillstand in Betrieb. „Mittlerweile sind 800 Menschen registriert“, sagt Dr. Tatjana Hilker, Initiatorin des vollautomatisierten Softwaresystems für Stadt- und Landkreis. Als Lebensretter kommt in Betracht, wer in erweiterten Reanimationsmaßnahmen ausgebildet ist: Polizisten, Ärzte, Sanitäter, Krankenpfleger, Feuerwehrleute...
Schnell, schneller, am schnellsten: Darum geht es in der „Region der Lebensretter“. Schneller sein als der Rettungsdienst, der im Schnitt nach sieben bis neun Minuten eintrifft. Im ländlichen Raum dauert es oft länger, wie es in der Pressemitteilung der Heilbronner RdL heißt. Hilker erklärt: „Das Gehirn kann drei bis fünf Minuten ohne Sauerstoff sein. Danach kommt es zu irreparablen Schäden bis hin zum Tod.“ Jede Minute ohne Hilfe sinken die Überlebenschancen um zehn Prozent. Kann schnell ein Ersthelfer da sein, der sich mit Lungen-Wiederbelebung auskennt, steigt die Überlebenswahrscheinlichkeit ohne Folgeschäden um bis zu 85 Prozent. So wie bei Wesemann.
Ehrenamtlich
Längst arbeitet er wieder bei seinem Arbeitgeber in Neckarsulm-Dahenfeld. „Ich bin froh, dass es Menschen gibt, die das ehrenamtlich machen. Es war super, dass es bei mir so gelaufen ist.“ Sein Berufskollege hatte einen Infarkt auf der Autobahn. Er schaffte es nicht. „Die Zeitspanne war zu groß. Er war erst 24.“