Das kleine Glück des Gärtners

Arbeit im Beet hebt die Stimmung, hält bis ins Alter fit, stärkt Herz und Kreislauf

Wer im Garten arbeitet, hält sich bis ins hohe Alter körperlich und geistig fit. Schon eine Stunde genügt, um Stress abzubauen. Foto: dpa

Gärten sind wie gute, alte Freunde. Sie können trösten, beglücken, versöhnen, begeistern und tun deshalb dem Menschen gut. Wer im Garten arbeitet und viel Zeit im Grünen verbringt, der stärkt Körper, Geist und Seele. Was Hobbygärtner schon immer gewusst haben, wird jetzt auch von der Wissenschaft bestätigt. Jüngere Studien belegen nämlich: Wer fit bleiben will, sollte zu Harke, Schere und Rechen greifen, frei nach dem Motto: „Gartenarbeit ist die beste Therapie - und es gibt Tomaten.“

Hormonausschüttung
Wer an der Scholle werkelt, jätet, sät und pflanzt, der erlebt es immer wieder, das kleine Glück. Etwa dann, wenn die Rosen ihre ersten Blüten zeigen, der erste eigene Salat geerntet werden kann oder duftende Kräuter aus dem eigenen Beet saisonale Gerichte verfeinern. Oder wenn man nach getaner Arbeit mit schmerzendem Kreuz kurz innehält und zufrieden das Ergebnis betrachtet. Verantwortlich für diese Wohlfühleffekte sind verschiedene Hormone, die verstärkt im Körper ausgeschüttet werden. Etwa Dopamin, das „Belohnungshormon“, das auch in Schokolade enthalten ist. Oder Serotonin. Beide sorgen für gute Stimmung, reduzieren negative Gedanken und tragen zu besserem Schlaf bei. Vervollständigt wird die Ausschüttung durch das „Liebeshormon“ Oxytocin, das uns die Verbundenheit mit der Natur stärker spüren lässt.

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Evolution
Über die Evolution haben Menschen eine enge Beziehung zur ihrer grünen Umwelt entwickelt. Diese Affinität wird als Biophilie bezeichnet. Der US-Biologe Edward O. Wilson fand in den 80er Jahren heraus, dass die Liebe zur Natur starke Auswirkungen auf unser Wohlbefinden hat. So belegte er, dass Patienten nach einer Operation schneller gesundeten, wenn sie statt auf Beton ins Grüne blickten

Eine Stunde genügt
Doch zurück zum Werkeln im Grünen. Dieses Tun hebt das Selbstbewusstsein (beim Gärtnern hat der Mensch die Möglichkeit aktiv und kreativ zu sein und seine Umwelt nach seinen Wünschen zu gestalten) und es trägt in hohem Maße zur Entspannung bei. Wer sich auf seine Pflanzen konzentriert, ist voll im Hier und Jetzt. In der Folge sinkt der Spiegel des Stresshormons Cortisol zügig. Laut einer Studie der Universitäten Westminster und Essex genügt dafür schon eine Stunde Gartenarbeit. Denn dabei entwickelt man neue Ideen und positive Gedanken, welche die Nervenzellen dazu anregen, sich stärker miteinander zu vernetzen. Und man sollte sich ruhig die Hände schmutzig machen.

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Gesunder Schmutz
Zum erholsamen erdenden Gartenerlebnis, dem sogenannten „Grounding-Effekt“, trägt nämlich auch ein winziges Bakterium bei, das in der Erde steckt: das Mykobakterium Vaccae. Kommt man mit diesem in Berührung, erhöht sich die Stressresistenz und die Entspannung steigt.

Immunsystem stärken
Wie dieses Bakterium im Einzelnen wirkt, ist noch nicht erforscht. Fest steht aber, dass es das Immunsystem reguliert und Erkrankungen verhindern kann, die durch Stress ausgelöst werden. Oder wie es ein Freund einmal so schön formulierte: „Bevor ich jetzt noch etwas Blödes zu meiner Frau sage, geh ich lieber das Unkraut beleidigen. Schließlich soll man mit Pflanzen ja reden.“

Überhaupt sind die vielfältigen Eindrücke des Gartens ein Fest für die Sinne. Wer achtsam also ohne Hast - gärtnert, nimmt die Natur bewusst wahr und sorgt so laut der Forschung für beeindruckende Umbauten im Gehirn: Das Angstzentrum schrumpft. Dafür wachsen Areale, die für das Gedächtnis, das Mitgefühl und Kreativität zuständig sind.

Mentale Stärkung
Eine Langzeitstudie der Universität in Edinburgh belegt zudem: Gerade bei älteren Menschen verbessert Gartenarbeit die Gehirnfunktion - und sie hält körperlich fit. Sie beugt allerlei Beschwerden vor, bringt den Kreislauf in Schwung, trainiert das Gleichgewicht. Knochen- und Muskeln profitieren genauso wie das Herz-Kreislauf-System. 

Weil die positive Wirkung, besonders auf die mentale Gesundheit, mittlerweile wissenschaftlich nachgewiesen ist, wird die Arbeit im Grünen auch immer öfter therapeutisch genutzt etwa in der Rehabilitation von Schlaganfallpatienten, bei Menschen mit Demenz und zur Behandlung von Depressionen. Laut einer Studie der Uni Kopenhagen erzielt das therapeutische Gärtnern genauso gute Resultate wie eine kognitive Verhaltenstherapie. In Großbritannien, dem Land der Hobbygärtner schlechthin, ist man sogar schon einen Schritt weiter: Dort gibt es Gartenarbeit auf Rezept. Wenn der Doktor „Green Social Prescribing“ verordnet, heißt es für Patienten „ab ins Beet“.