Langsam fährt der Reinigungsarm in die Öffnung des Betonmischers. Mit Hochdruck schießt das Wasser gegen die Innenseite der Fahrmischertrommel und entfernt hartnäckige Betonreste. Die Vorteile: Es ist keine manuelle Reinigung nötig, die Kapazität des Mischlastwagens ist nicht durch überflüssige Betonreste eingeschränkt – und auch am nächsten Tag ist durch die rasche Reinigung wieder sauberes Arbeiten möglich. Beim Metzger um die Ecke, auf der Baustelle, in der Kosmetik- oder in der Auto-Branche: In vielen Industrie-Bereichen, wo es zu Verschmutzungen kommt, sind die Reinigungsanlagen der Walter Gerätebau GmbH im Einsatz. Betriebe in mehr als 60 Ländern profitieren anhand von über 1200 installierten Anlagen von den technischen Innovationen aus Sachsenheim-Ochsenbach. Ob es um die Reinigung von Lebensmittel-Abfüllanlagen, das Säubern von Maschinen oder Behältern geht – die Walter-Individuallösungen sorgen stets für die notwendige Hygiene.
Vor 50 Jahren begann alles mit dem ersten universellen Hochdruckreiniger. Warum es bei Walter, im Gegensatz zu anderen Unternehmen problemlos mit dem Generationenwechsel in der Führung klappt, weshalb Firmengründer Erich Ingelfinger die Übergabe der Leitung an seine Tochter Julia und seinen Sohn Marc Ingelfinger für wertvoller als einen Sechser im Lotto erachtet und warum sich die Entwicklung individueller Reinigungslösungen manchmal anfühlt wie ein Beitrag aus der „Sendung mit der Maus“, berichten die drei im Interview.
Zunächst ist da die Verschmutzung. Dann kommen Ihre Geräte zum Einsatz – und alles ist wieder gereinigt. Ist dieser Weg zum Ziel der Sachverhalt, der Sie in Ihrem täglichen Schaffen fasziniert und motiviert?
Marc Ingelfinger: Ja. Es geht zunächst darum, das Problem zu analysieren – und dann eine eigenständige, technische Lösung zu entwickeln.
Erich Ingelfinger: Allerdings darf man dabei das Geschäftliche nicht vergessen – es ist immer eine Gratwanderung: Egal, wie beeindruckend die technische Lösung ist: Sie muss auch finanzierbar sein.
Julia Ingelfinger
Branchenübergreifend sind Sie mit Ihrem Unternehmen breit aufgestellt. Da erlebt man sicher auch Überraschungen...
Marc Ingelfinger: Allerdings. Es ist ein bisschen wie bei der „Sendung mit der Maus“. Man kommt in Betriebe, die für eine Verschmutzung eine Lösung suchen. Da lernt man Abläufe kennen, mit denen man bis dahin nicht vertraut war und erlebt auch selbst manchen Aha-Moment. Beispielsweise haben wir uns in einigen Firmen schon mit unseren Lackhaftungsprüfungsgeräten einen Namen gemacht. Und dann kommt die Frage auf, ob wir für die Reinigung eines speziellen Geräts ebenfalls die passende Lösung entwickeln können. Da optimieren wir diese Arbeitsabläufe mit unserem Know-how weiter. Und über das Anbieten unserer BFM-Verbindungen haben wir uns als zuverlässiger Partner erwiesen und so Folge-Aufträge für entsprechende Reinigungssysteme in Konzernen erhalten.
Julia Ingelfinger: Überraschende Sachverhalte erfährt man beispielsweise im Zusammenhang mit der Lebensmittelbranche. Etwa, dass eingetrocknete Babynahrung wesentlich hartnäckiger ist als eingetrockneter Beton. Aber dafür entwickeln wir ebenfalls die passenden Reinigungslösungen.
Wirken sich gesellschaftliche Trends und Moden auf Ihr Geschäft aus?
Julia Ingelfinger: Auf jeden Fall. In der veganen Küche kommen stetig neue Produkte auf den Markt. Da gibt es Zusammensetzungen von Stärke und Eiweißen, die man vor wenigen Jahren noch nicht gekannt hat. Das erzeugt in der Reinigung neue Anforderungen an die Geräte, weil die bisherigen Vorgehensweisen nicht mehr die erforderliche Hygiene bewirken. Und da sind wiederum wir gefordert, entsprechende Lösungen zu entwickeln.
Marc Ingelfinger: Oder man nehme beispielsweise neue Abläufe, die die Corona-Zeit mit sich gebracht hat: Während der Pandemie waren die Menschen auf dem Bau in Kurzarbeit. Neue Reinigungssysteme für die Beton-Industrie waren demnach wenig gefragt. Dafür waren die Menschen mehr daheim und haben gegrillt. Um diese Nachfrage am Lebensmittelmarkt zu befriedigen, mussten die Firmen entsprechend produzieren. Und das haben wir wiederum an den Bestellungen unserer Reinigungssysteme in der Lebensmittelbranche bemerkt.


Wie verteilen sich Ihre Umsätze auf die unterschiedlichen Geschäftssparten?
Julia Ingelfinger: Unser Hauptumsatz entfällt zu 40 Prozent auf Reinigungssysteme in der Betonindustrie. In der Lebensmittelindustrie generieren wir 30 Prozent unseres Umsatzes. Weitere 20 Prozent stammen aus Anwendungen in der Pharma- und Chemieindustrie. Einen internationalen Umsatzanteil von zehn Prozent erzielen wir mit unseren Lackhaftungsprüfgeräten für die Automobilindustrie. Branchenübergreifend verkaufen wir erfolgreich die BFM-Verbindungen.
Haben Sie sich bereits als Kind für Technik interessiert?
Marc Ingelfinger: Ja, ich habe schon als kleiner Junge viel ausprobiert, geschraubt und montiert. Vor allem am Fahrrad. Da habe ich eine größere Gabel eingebaut oder einen Seitenwagen montiert. Ich habe mir auch Fahrräder selbst gebaut. Die Begeisterung fürs private Herumbasteln, gerade am Fahrrad, ist mir bis heute geblieben.
Hatten Sie beide schon immer vor, ins Familienunternehmen einzusteigen?
Marc Ingelfinger: Meine Schwester und ich kennen die Firma natürlich, in den Ferien haben wir hier gearbeitet. Wie Julia habe ich ebenfalls in Berlin studiert und habe im Rahmen von Tätigkeiten in vielen Firmen, auch Großkonzernen, Erfahrungen gesammelt. Dabei habe ich erkannt, dass man sich dort weit weniger stark einbringen kann als man es gerne möchte und als es für das Unternehmen zielführend wäre. Ursprünglich war es gar nicht das Ziel, in die Familienfirma einzusteigen. Im Jahr 2000 habe ich neue Herausforderungen gesucht – und mein Vater hat gefragt, ob wir es in der Firma zusammen probieren möchten.
Julia Ingelfinger: Für mich bot sich ein Einstieg an, da ich Job und Privates so gut miteinander verbinden konnte: Ich konnte arbeiten, mein Vater hat auf die Kinder aufgepasst.
Marc Ingelfinger
Fiel es Ihnen als Seniorchef schwer, sich nach Jahrzehnten aus dem Geschäft zurückzuziehen und der jungen Generation das Feld zu überlassen?
Erich Ingelfinger: Nein, überhaupt nicht. Ich sehe ja: Die beiden sind am Puls der Zeit und daher den aktuellen Marktherausforderungen besser gewachsen als ich.
Marc Ingelfinger: Wobei man klar sagen muss, dass unser Vater technisch immer vorne mit dabei war. Es ist aber dennoch schön, ihn weiter im Hintergrund dabei zu wissen.
Julia Ingelfinger: Ich bin glücklich, wie es zwischen uns dreien generationenübergreifend harmoniert.
Erich Ingelfinger: Das ist mehr wert als ein Sechser im Lotto.
Wie gelingt es Ihnen, bei Familientreffen Berufliches und Privates zu trennen?
Julia Ingelfinger: Wir trennen das gar nicht so strikt. In Gesprächen kann durchaus beides Thema sein. Geschäftliches und Privates gehen bei uns problemlos Hand in Hand.


Wo sehen Sie die Stärken und Schwächen der beiden anderen?
Julia Ingelfinger: Mein Bruder ist super darin, technische Herausforderungen zu erfassen und rasch Lösungen zu entwickeln. Diese Schnelligkeit geht aber manchmal zulasten der Genauigkeit.
Erich Ingelfinger: Gerade diese Geschwindigkeit ist aber entscheidend. Wenn man zu lange herumdoktert, hat man verloren. Praxis ist wichtiger als Perfektion.
Julia Ingelfinger: Unser Vater verfügt über eine unglaubliche Lebenserfahrung und kann Mitarbeiter super führen. Er ist sehr diszipliniert, aber manchmal etwas ungeduldig.
Marc Ingelfinger: Meine Schwester kann sich toll in andere Menschen hineinversetzen. Sie hat ein Gespür dafür, wie sie aus Individuen ein Team kreiert, das genau über die Flexibilität verfügt, die wir am Markt benötigen. Ein Team, das mit seinen Erfahrungen und Fähigkeiten sowohl die Anforderungen des Fleischers um die Ecke als auch die des Qualitätschefs von BMW erfüllt. Auf Werte wie Respekt, familiäres Miteinander, Dynamik, Offenheit und Authentizität legen Sie viel Wert.
Was bedeutet das konkret im beruflichen Alltag?
Julia Ingelfinger: Unser Vater hat uns immer vertraut und die Gelegenheit gegeben, uns auch im Betrieb auszuprobieren. Das geben wir an unser Team weiter. Die Kollegen sollen ihr Wissen ohne Scheu einbringen.
Marc Ingelfinger: Als ich in den Betrieb eingestiegen bin, habe ich Mitarbeiter mit 20 Jahren Firmenerfahrung angetroffen. Warum soll ich denen Dinge vorschreiben, von denen sie wesentlich mehr Ahnung haben als ich? Die Mitarbeiter entscheiden in ihrem Arbeitsbereich selbst. Wie mein Vater, sind auch meine Schwester und ich absolut keine Fans von Kontrolle. Wir vertrauen unseren Mitarbeitern. Wer den Tag mit Kontrolle verbringt, dem fehlt die Zeit für die Innovation.
Welche Rolle spielt bei Ihnen das Thema Nachhaltigkeit?
Marc Ingelfinger: Wir sind uns der Ressourcenverantwortung sehr bewusst. Unsere Reinigungssysteme arbeiten mit sehr hohem Druck und benötigen daher wenig Wasser.
Erich Ingelfinger
Bekommen Sie auch den Fachkräftemangel zu spüren?
Marc Ingelfinger: Ja – und zwar in zweifacher Hinsicht: Einerseits ist es so, dass sich immer weniger Menschen die Hände schmutzig machen möchten und Firmen es schwer haben, Reinigungspersonal zu finden. Darüber hinaus werden die Zeitfenster für Reinigungsvorgänge immer kürzer.
Julia Ingelfinger: Klar ist: Während der Reinigung kann nichts produziert werden. Und dann sind wir gefordert, Systeme zu entwickeln, die effizient arbeiten und darüber hinaus möglichst wenig Personal erfordern.
Marc Ingelfinger: Andererseits sind aber auch wir natürlich auf kreative Köpfe in unserem Unternehmen angewiesen. Um voranzukommen, brauchen wir gut ausgebildete und mutige Mitarbeiter, keine Ja-Sager. Gerade, was SEO-Marketing, technische Redaktion und Servicetechniker angeht, suchen wir dringend neue Kollegen.
Ist das Thema, gutes Personal zu finden, die größte Herausforderung in den nächsten Jahren?
Marc Ingelfinger: Ja. Das Thema KI – Künstliche Intelligenz – ist zwar spannend und kommt bei uns am Rande auch schon zum Einsatz. In unserem Kerngeschäft ist allerdings die menschliche Wahrnehmung nach wie vor entscheidend und noch nicht zu ersetzen.
Julia Ingelfinger: Hierbei ist es für uns, aber auch für die Wirtschaft allgemein, zentral, dass politische Prozesse verschlankt und Migranten besser am Arbeitsmarkt integriert werden. Bei vielen ist der Einsatzwille da, die Bürokratie-Hürden halten aber auf. Das schadet allen Beteiligten. Wir haben zum Beispiel einen Auszubildenden aus Marokko und eine Mitarbeiterin aus Indonesien, die sich beide bei uns gut eingelebt haben. Das hat super funktioniert.
Marc Ingelfinger: Wichtig für unsere Wirtschaft ist in Zukunft, dass die Regierungen bereit sind, international zusammenzuarbeiten und mit pro-europäischer Einstellung die Kräfte zu bündeln, anstatt sich national abzuschotten. Daniel Hagmann, Redakteur
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Kontakt
Walter Gerätebau GmbH
Neue Heimat 16
74343 Sachsenheim-Ochsenbach
Telefon: 07046 980-0
E-Mail: info@walter-cleaningsystems.de
www.walter-cleaningsystems.de
Die Geschäftsführer-Familie Ingelfinger
In diesem Jahr feiert die Walter Gerätebau GmbH 50-jähriges Bestehen. Erich Ingelfinger hat als Grundlage die Werkstatt seines Schwiegervaters und Firmen-Namensgebers Gotthilf Walter in Zaberfeld übernommen und den ersten universellen Hochdruckreiniger mit Benzin-Antrieb auf den Markt gebracht. Im Anschluss machte sich die Walter Gerätebau GmbH mit innovativen Reinigungslösungen, etwa in der Lebensmittelbranche, einen Namen. Vor allem was die automatisierte Reinigungstechnik von Betonmischern angeht, ist die Firma, die seit 1983 in Sachsenheim-Ochsenbach ansässig ist, Weltmarktführer. Die Entwicklung der Produkte erfolgt komplett am Firmensitz im Landkreis Ludwigsburg. Viele der notwendigen Bauteile bezieht die Walter Gerätebau GmbH von langjährigen Partnern aus der Region. Die Firma unterhält jeweils eine Niederlassung in der Schweiz und in den USA. Sie beschäftigt mehr als 70 Mitarbeiter.
Sowohl Marc Ingelfinger als auch Julia Ingelfinger haben in Berlin studiert: der Sohn Maschinenbau, die Tochter Wirtschaftswissenschaften. Nach Erfahrungen in anderen Firmen sind sie in den Jahren 2000 (Marc Ingelfinger) und 2005 (Julia Ingelfinger) ins Unternehmen ihres Vaters eingestiegen. Im Jahr 2020 übernahmen sie die Geschäftsführung der Walter Gerätebau GmbH, Erich Ingelfinger ist noch beratend im Hintergrund tätig.
Die Geschwister teilen sich die Geschäftsführung: Der 53-jährige Diplom-Ingenieur Marc Ingelfinger ist vor allem für die Bereiche Technik, Verkauf und Entwicklung zuständig, Diplom-Kauffrau Julia Ingelfinger, 46 Jahre alt, betreut die Bereiche Verwaltung, Personal und Finanzen. Marc Ingelfinger lebt in Besigheim, Julia Ingelfinger und der heute 79-jährige Erich Ingelfinger in Bönnigheim. hag