Ein unscheinbares Haus in der Brackenheimer Friedhofstraße: Hier entstehen in detailverliebter Handarbeit einzigartige Schmuckstücke mit Charakter. Verantwortlich dafür ist Anja Muth, staatlich geprüfte Designerin und Goldschmiedemeisterin. Mit ihrer Arbeit hat sich die 48-jährige, dreifache Mutter in der Region und weit darüber hinaus einen Namen gemacht. Was ist das Geheimnis ihres Erfolgs?
Frau Muth, wann hat Sie die Leidenschaft für kreatives Schmuckdesign gepackt?
Anja Muth: Nach meinem Abitur standen mir viele Berufswege offen, aber ziemlich schnell wurde mir klar, dass ich auch sehen möchte, was ich tagsüber geleistet habe. Zudem wollte ich unbedingt mit Menschen arbeiten. Und es war mir wichtig, mein eigener Chef zu sein. Da ich schon immer viel gebastelt und gewerkelt habe, lag es schließlich auf der Hand, diese kreative Ader professionell zu nutzen. Also habe ich 1996 mit der Ausbildung für Schmuck- und Gerätedesign begonnen, die Goldschmiedin gleich noch hinten angehängt und danach bei verschiedenen kleineren Designern und einem Juwelier in München gearbeitet. Nach meiner Meisterprüfung habe ich mich dann selbstständig gemacht und bin seit 2007 hier in Brackenheim zu Hause.
Was schätzen Sie besonders an Ihrer Arbeit?
Muth: Dinge zu entwerfen, ist eine Herzensangelegenheit von mir. Ich mache in meiner kleinen Werkstatt ausschließlich Einzelanfertigungen, Unikate, deren Herstellung oftmals recht aufwendig ist. Menschen kommen zu mir und möchten, dass ich ihre alten Stücke, die meistens mit persönlichen Erinnerungen verbunden sind, in die Neuzeit transferiere. Dabei ist es wichtig, den Menschen ganz genau zuzuhören, intensive Gespräche gehören bei mir dazu. Schließlich soll dem Kunden das Ergebnis nicht nur gefallen, sondern das Stück soll Emotionen transportieren.
Was war das schönste Kompliment, das Ihnen je gemacht wurde für Ihre Arbeit?
Muth: Eine Kundin sagte einmal: „Man sieht, dass hier mit dem Herzen gearbeitet wird“ – das fand ich sehr schön. Meine Kunden kommen ja aus dem Stadt- und Landkreis Heilbronn, aber auch aus Hamburg, München, Speyer, Mannheim oder Stuttgart. Da ich dreimal pro Jahr auf Hochzeitsmessen bin, ergeben sich immer wieder neue Kontakte. Trauringe mache ich sehr viele und arbeite in Absprache mit den Kunden gerne mal ein kleines Geheimnis ein. Das kann zum Beispiel ein Stück Lava oder Sand aus dem Urlaub sein oder auch ein Oberflächenmuster. So haben die Eheleute ein einmaliges Schmuckstück am Finger.
Neben Trauringen bieten Sie aber noch einiges mehr an.
Muth: Mein Motto lautet „Lohnt sich nicht, gibt es nicht“. Sprich: Ich mache auch Reparaturen, die andere bereits abgelehnt haben. Denn auch mit einem sagen wir mal eher preisgünstigen Schmuckstück verbinden die Menschen oft schöne Erlebnisse, die es zu erhalten gilt. Darüber hinaus graviere ich von Hand, bringe Ketten, Anhänger, Ohrschmuck, Manschettenknöpfe und viele weitere Dinge zu neuem Glanz. Ob Umarbeitung oder Neuschöpfung, bei mir gibt es definitiv nichts von der Stange.


Wie hat Ihre Schmuckmanufaktur in Brackenheim geöffnet?
Muth: Öffnungszeiten im eigentlichen Sinne gibt es bei mir nicht, ich arbeite mit individuellen Terminvereinbarungen, gerne auch abends oder am Wochenende. Meine Schmuckmanufaktur ist ja ein Werkstattbetrieb mit Ausstellungsfläche – und die ist drei Mal im Jahr offiziell geöffnet. Immer im Frühling, im Sommer und zu Weihnachten, so können Besucher einen Blick hinter die Kulissen werfen und aus nächster Nähe sehen, wie ich arbeite und was ich entwerfe. Die Resonanz darauf ist sehr gut.
Stichwort Nachhaltigkeit: Ein weiteres Thema, das Ihnen am Herzen liegt, richtig?
Muth: Alten Schmuck neu aufzuarbeiten ist ja an sich schon nachhaltig, da keine oder nur sehr wenig zusätzliche Materialien verwendet werden müssen. Ich achte stets darauf, dass Steine nach Möglichkeit aus Fair Trade Handel stammen. Zudem sind mir alle Händler, mit denen ich zusammenarbeite, persönlich bekannt. Durch das Lieferkettengesetz ist Kinderarbeit ausgeschlossen, Verpackungen beziehe ich nicht aus fernen Ländern, sondern von einer Firma aus Deutschland. Wo immer es geht, möchte ich ökologisch korrekt und umweltschonend handeln. Die Sensibilität, was dieses Thema angeht, ist übrigens auch bei den Kunden stark gestiegen. Es kommt schon vor, dass ich gefragt werde, wo die ganzen Materialien herkommen.
Und wenn Sie mal nicht arbeiten, wie vertreiben Sie sich dann Ihre Zeit?
Muth: Ich bin in der glücklichen Lage, dass mir meine Arbeit großen Spaß macht und mich voll ausfüllt. Wenn ich dann aber doch mal nicht in der Werkstatt stehe, praktiziere ich gerne Yoga und Pilates oder fahre Snowboard im Winter. Darüber hinaus bin ich Vorsitzende des Waldkindergartens in Stockheim, da gibt es immer einiges an Organisatorischem zu stemmen. Und meine Familie ist mir natürlich auch extrem wichtig. Alexander Rülke, Redakteur