Die Bewohner stehen bei Sylvia Rothfuß absolut im Vordergrund. Mindestens einmal am Tag gesellt sich die Leiterin der Senioreneinrichtung Haus Edelberg in Lauffen deswegen zu ihnen in den Wohnbereich, um sich mit den Leuten zu unterhalten. „Ich vermisse die Arbeit am Bett immer noch, den direkten Kontakt“, gibt die 56-Jährige zu. Doch sie liebt es auch, ihre Einrichtung voran zu bringen und für ihre Mitarbeiter da zu sein. Dabei war diese Position gar nicht ihr ursprünglicher Berufswunsch.
Werdegang
Dass Sylvia Rothfuß mal im sozialen Bereich arbeiten wird, stand für sie schon fest, als sie in Gemmrigheim aufgewachsen ist. Krankenschwester war das eigentliche Ziel. „Ich wollte auf keinen Fall ins Pflegeheim, weil ich nicht mit dem Tod umgehen konnte“, erinnert sie sich. Doch dann kommt alles anders. Während ihres ersten Praktikums wird sie mit 18 schwanger – die beruflichen Ambitionen legt Sylvia Rothfuß erstmal auf Eis. Erst als die mittlerweile drei Kinder soweit sind, beginnt die Neckarwestheimerin eine Ausbildung zur examinierten Altenpflegerin in Besigheim. Da ist sie 36. „Jetzt wollte ich auf jeden Fall ins Pflegeheim, ich wollte Menschen bis zum Tod begleiten, da sieht man, was Lebenserfahrung ausmacht.“
Sylvia Rothfuẞ
Ihr Examen schließt sie mit der Note 1,2 ab. Sie arbeitet zunächst auf einer Wachkoma-Beatmungsstation und bildet sich weiter fort. Wundmanager, außerklinische Beatmung und Pflegetherapeut für chronische Wunden sind die ersten, die fachliche Pflege reizt sie immer noch. Mit diesem Spezialwissen gibt sie als freie Dozentin zehn Jahre lang Kurse an der Altenpflegeschule in Heilbronn.
Bandscheibenvorfall
Doch ihr Rücken streikt. 2010 erleidet Sylvia Rothfuß den ersten Bandscheibenvorfall, wurde inzwischen drei Mal operiert. Schon in der ersten Reha heißt es, sie kann nicht zurück ans Bett. Ihre Antwort? Eine einjährige Ausbildung zum Fachwirt für Gesundheit- und Sozialwesen, Pflegedienstleitung (PDL), der Schein zur Einrichtungsleitung und Qualitätsmanagementbeauftragte.

Nur ein halbes Jahr hält sie es in einem ambulanten Intensivpflegedienst aus. „Ambulant ist nichts für mich, ich bin ein absoluter Teamplayer, brauche Leute um mich herum.“ Stattdessen baut sie 2014 ein neues Pflegeheim in Stuttgart auf, bis sie Dezember 2017 nach Lauffen wechselt, erst als PDL, seit Mai 2019 als Leiterin des Hauses. „Die Fahrtzeit war mir einfach irgendwann zu viel, außerdem bin ich ein Mensch, der immer neue Projekte braucht, ich hab Hummeln im Hintern“, erzählt sie lachend. Besonders interessant daran: An derselben Stelle stand früher das Krankenhaus, in dem Sylvia Rothfuß geboren wurde.
Es gibt viel zu tun: Ein neues Pflegeprogramm wird aufgebaut, zahlreiche Umbaumaßnahmen sind notwendig, als der Gesetzgeber 2018 festlegt, dass es nur noch Einzelzimmer geben darf. „Wir haben damals auch 36 Betten verloren. Um das abzufangen, hat sich das Unternehmen entschieden, verschiedene Zimmerkategorien anzubieten.“ Was gut funktioniert.
Steckenpferd
Die Ausbildung ist ein wichtiges Steckenpferd. Zwei Praxisanleiter sind nur für die ab Herbst 18 Azubis da. „Die Schüler stehen bei mir unter persönlichem Schutz, sie dürfen nicht verheizt werden, sind immer nur on Top im Dienstplan“, betont Sylvia Rothfuß. Sie sollen lernen, sich ausprobieren und bekommen Unterstützung. Das Ziel sei es, die eigenen Fachkräfte auszubilden und ihnen danach die Möglichkeit zur Fortbildung zu geben.
Es geht also immer vorwärts, immer ändert sich etwas und genau deswegen arbeitet Sylvia Rothfuß, die ihre Freizeit gern mit den fünf Enkeln oder mit ihrem Mann unterwegs im Camper verbringt, so gerne in der Pflege. Stefanie Pfäffle