Stimmungsschwankungen des VfB Stuttgart beim 3:3 gegen Heidenheim
VfB Stuttgart gibt gegen den 1. FC Heidenheim ein 2:0 aus der Hand, rettet aber beim 3:3 in allerletzter Sekunde doch noch einen Punkt. Über die Gründe für den Einbruch ab Minute 60 rätseln hinterher alle Beteiligten.

Von wegen Feiertagsruhe. Erst blieb beim 3:3 des VfB Stuttgart gegen den 1. FC Heidenheim am Sonntag alles still aufgrund von Fan-Protesten. Dann kam Stiller, Vorname Angelo, mit sehenswerter Vorlage und schmuckem Tor zur 2:0-Führung für den VfB. Als es kurz vor Schluss am stillsten war, es nach einer stillen VfB-Osternacht aussah, weil FCH-Stürmer Tim Kleindienst binnen Sekunden kurz vor Schluss eine Stuttgarter 2:1-Führung in einen 2:3-Rückstand verwandelte, da sorgte Deniz Undav für den lauten Schlussakkord und das 3:3.
Der Neu-Nationalspieler sah beim Torjubel aber nicht wirklich glücklich aus in Minute 98. Die Hand am Ohr signalisierte das hier: "Ich hatte das Gefühl, dass die Fans nach dem 2:3 aufgehört haben, Stimmung zu machen."
Leistungsabfall des VfB Stuttgart im Spiel gegen 1. FC Heidenheim: "Ich war selbst geschockt, wie wir performt haben"
Das Württemberg-Duell hinterließ alle daran Beteiligten wie der interne Machtkampf um die VfB-AG und Präsident Claus Vogt in den vergangenen Wochen sämtliche Außenstehende: ziemlich ratlos, verwirrt und mit jedem als gefühlter Verlierer. Heidenheims Trainer Frank Schmidt erklärte mit Blick aufs 3:3-Schwaben-Spektakel auch, warum: "Keiner ist so richtig glücklich. Der VfB nicht, weil er die Dominanz nicht in drei Punkte umgemünzt hat. Und wir nicht, weil wir das Spiel gedreht haben und ein paar Sekunden vor Schluss eben noch geführt haben."
Ein Punkt, der keinen so richtig glücklich machte: "Ich habe mich innerlich gefreut. Nach außen konnte ich es auch nicht zeigen", gestand VfB-Trainer Sebastian Hoeneß mit Blick auf 73 Prozent Ballbesitz, Dominanz-Fußball und satte 20 Torschüsse. Der Stuttgarter Leistungsabfall nach einer Stunde war am Sonntag so einzigartig wie unerklärbar. Deniz Undav zuckte mit den Schultern: "Wir sind gar nicht so", sagte der Neu-Nationalspieler. Arrogant habe man auf einmal gespielt. "Defensiv hat keiner mehr was gemacht. Ich war selbst geschockt, wie wir performt haben", sagte Undav.
Tore von Guirassy und Stiller beim Spiel VfB Stuttgart gegen 1. FC Heidenheim

Nach den zwei fein herauskombinierten Toren von Serhou Guirassy (41. Minute) und Angelo Stiller (53.) zur hochverdienten 2:0-Führung zog Alexander Nübels Eigentor-Patzer zum 1:2 (62.) der Stuttgarter Kombinationsmaschine den Stecker. Einmal mehr wirkte der eingewechselte Silas nicht nur beim vergebenen 3:1 (74.) sehr, sehr unglücklich. VfB-Sportdirektor Fabian Wohlgemuth kritisierte: "Konzentration, Präzision haben gefehlt."
Die brachte Heidenheims Tim Kleindienst beim 2:2 und 2:3 (84./85.) mit. Ob das nun zwei verlorene Punkte gewesen seien oder ein gewonnener, wurde Wohlgemuth gefragt. Er lächelte nur und sagte: "Es war ein verdienter Punkt." Für seinen Trainer ließen sich die VfB-Profis zu früh von der Stimmung der 60 000 im Stadion beeinflussen. Jeder dachte, jetzt kommt noch das dritte, das vierte VfB-Tor von alleine. Hoeneß sagte: "Partystimmung ist okay, nur wir dürfen uns nicht freuen." Ist auch Proteststimmung wie zu Beginn okay? "Ich glaube nicht, dass man in irgendeiner Form gesehen hat, dass die Spieler das bewegt", sagte Sebastian Hoeneß.
VfB Stuttgart hat es in der Hand – BVB steht am Samstag unter Druck
Stimmungsvoll wird es am Samstag (18.30 Uhr/Sky) in Dortmund. Statt mit sechs Punkten Vorsprung geht es nun mit deren vier zum Tabellenvierten. "Wir haben alles in der Hand, Dortmund steht unter Druck", sagt Fabian Wohlgemuth übers Duell der beiden Königsklassen-Kandidaten: "Ich sehe uns nie als eine Mannschaft, die etwas zu verlieren hat." Stimmt ja auch. Ein Europa-Startplatz ist sieben Spieltage vor Schluss bei 21 (!) Punkten Vorsprung auf Rang sieben quasi gewonnen. Für Hoeneß ist das BVB-Spiel eine "Riesenchance" mit Blick auf die mögliche Champions-League-Qualifikation. "Es ist schon so, dass wir dort eine richtig gute tabellarische Situation kreieren können."
Da Kapitän Waldemar Anton am Sonntag in der Nachspielzeit unnötigerweise seine fünfte Verwarnung kassierte und gesperrt fehlt, muss Sebastian Hoeneß gleich drei Innenverteidiger (die verletzten Dan-Axel Zagadou und Anthony Rouault, sowie Waldemar Anton) ersetzen. Vor einem Jahr übrigens, am 28. Spieltag, gelang dem Keller-VfB gegen den Fast-Meister-BVB in Unterzahl nach einem 0:2 und 2:3 noch ein Nachspielzeit-3:3 im Abstiegskampf. Es wurde zum Erweckungserlebnis. Ob das rückblickend irgendwann auch fürs 3:3 gegen Heidenheim gilt?