Euphorie beim VfB Stuttgart: Bodenhaftung statt Europapokal-Träumereien
Es ist jetzt ein richtiger Höhenflug des VfB Stuttgart. Und der soll nicht in einer schmerzhaften Bruchlandung enden. Sebastian Hoeneß ist einst in Hoffenheim gescheitert, als Trainer des VfB Stuttgart macht er es jetzt richtig, meint unser Autor.

Man musste Sebastian Hoeneß nur ins Gesicht schauen, um zu erkennen, dass der Trainer des VfB Stuttgart diese Frage lieber nicht gehört hätte. Es war die Frage nach dem Europapokal. Hoeneß lächelte etwas gequält, schnaufte und sagte dann: "Wie viele Spiele haben wir jetzt gespielt?" Sieben. Sieben von 34. Aber als Hoeneß am Samstag in der Pressekonferenz saß, war der VfB Bundesliga-Tabellenführer. Serhou Guirassy sorgte mit einem Hattrick für den 3:1-Heimsieg gegen den VfL Wolfsburg.
Braucht es neue Ziele? Ist es zu dürftig, weiter nur den möglichst schnellen Klassenerhalt anzupeilen? Hoeneß findet: nein. Und damit hat der Trainer völlig recht.
Seine Sicht der Dinge lautet: "Wir haben jetzt 18 Punkte geholt. 18 Punkte für eine sorgenfreie Saison." Man müsse weiter "versuchen, den Lauf mitzunehmen, Punkte zu sammeln". Aber man sollte bloß nicht über eine mögliche Europapokal-Qualifikation reden. "Der Moment ist jetzt einfach noch zu früh." Außerdem: In solchen Fragen, "da lauert die Gefahr". Den Fokus zu verlieren, die Konzentration, die Bodenhaftung.
Sebastian Hoeneß hat viel gelernt aus seiner Zeit bei der TSG Hoffenheim. Das ist klar zu erkennen, wenn man schaut, wie er beim VfB agiert. Im Januar 2022 stand die TSG in der Bundesliga auf Platz drei. Die Medien-Frage war: "Ist Hoffenheim schon reif für die Champions League?" Mitte Mai 2022 wurde Hoeneß bei der TSG rausgeworfen - wegen Erfolglosigkeit. Es war in der Tabelle der deutschen Eliteklasse zu steil abwärts gegangen.
Auch in Stuttgart kann es eine längere Misserfolgsphase geben: blöde Verletzungen, Pech, Schiedsrichter-Fehlentscheidungen, was auch immer, schon könnte der Erfolgslauf entscheidend abknicken. Hoeneß versucht, die Balance zu bewahren und den famosen Ist-Zustand mit realistischer Vorsicht in Einklang zu bringen. "Für den Moment, glaube ich, sind wir da sehr klar - und wir müssen es auch bleiben, wenn wir weiter so unterwegs sein wollen."
Es ist jetzt ein richtiger Höhenflug des VfB Stuttgart. Und der soll nicht in einer schmerzhaften Bruchlandung enden. Die Erfolge der vergangenen Wochen sind ein Traum für alle VfB-Fans. Aber für den Club und seinen Trainer wächst damit auch die Fallhöhe.