Schmerzhafter Abend für Frauen der Sport-Union
Neckarsulm ist beim 23:35 in Bietigheim erwartungsgemäß chancenlos. Besonders bitter ist jedoch der verletzungsbedingte Ausfall von Munia Smits. Trainer Mart Aalderink sieht Rückhalt der Spielerinnen für neues Abwehrsystem.

Es hätte bei den Gastgeberinnen wirklich schon sehr viel schief und bei den Gästen fast noch mehr nahezu perfekt laufen müssen, damit die Sport-Union Neckarsulm beim nationalen Alles-Gewinner SG BBM Bietigheim zu einem zählbaren Erfolg hätte kommen können. Weil jedoch am Mittwochabend weder das eine, noch das andere eintraf, behielten die Bietigheimerinnen von Trainer Markus Gaugisch die beiden Punkte durch einen 35:23 (17:11)-Erfolg in der Stadt an der Enz.
Und obwohl im Nachholspiel des dritten Bundesliga-Spieltages für die Sport-Union nichts Zählbares heraussprang, so blieb doch festzuhalten, dass im Schatten des Viaduktes aus Neckarsulmer Sicht wenigstens einige kleine Erfolge vermeldet werden konnten. Allerdings auch ein gehöriger Rückschlag: Denn das sportliche Wiedersehen mit ihrer älteren Schwester Xenia war nach nicht einmal einer Viertelstunde für Munia Smits schon wieder beendet.
Spiel für Munia Smits vorzeitig beendet
Smits und Amber Verbraeken stießen so unglücklich zusammen, dass die Belgierin unter Schmerzensschreien liegen blieb und sich das rechte Knie hielt. Schnell war ihre Schwester bei ihr, um zu trösten und beruhigen, doch mindestens ebenso schnell war klar, dass das Spiel für die Neckarsulmerin vorzeitig beendet sein würde. "Es gibt noch keine genaue Diagnose, aber es sah nicht gut aus; das Knie hat sich nach hinten durchgedrückt" , sagte Neckarsulms Interimstrainer Mart Aalderink kurz nach dem Spiel. Ein früher Schock, war Smits doch bis zu ihrer Verletzung mit drei Toren das belebendste Element im Angriff der Sport-Union gewesen. Dennoch stand es zu diesem Zeitpunkt bereits 4:11.
Das lag vor allem daran, dass sich die Gastgeberinnen im Derby von ihren beiden jüngsten Champions-League-Niederlagen nicht beeinflussen ließen. Auch die stattliche "Blaue Wand"-Delegation, die zwei Fan-Blöcke in der Sporthalle am Viadukt fast zur Gänze in dunkelblau getaucht hatte, konnte daran nichts ändern.
Viele technische Fehler im Angriffsspiel
Die neuen Spielideen von Mart Aalderink waren im Angriff ebenso wie in der Abwehr erkennbar, doch griffen sie aufgrund vieler technischer Fehler zu selten, um wirklich Profit daraus schlagen zu können. "Das gehört aber dazu, wenn man es noch nicht so oft gespielt hat", ordnete Aalderink ein. Im Angriff hinterlief und kreuzte sein Team viel. Sharon Nooitmeer, die am Kreis gegen Xenia Smits und Kaba Gassama einen unangenehmen Abend verlebte, zog sich oft heraus, die Außen waren im Spielaufbau - zu Beginn aber nicht im Abschluss - mehr eingebunden als zuletzt.
Doch viele abgebrochene Spielzüge und ein halbes Dutzend Fehlpässe machten deutlich, dass sich eine neue Handball-Idee nicht innerhalb von einer Woche lernen und umsetzen lässt. Die Absprachen der Gäste waren ein ums andere Mal ausbaufähig.
In der 6:0-Abwehr, die Aalderink als "aggressiv und wie ein Chamäleon" beschrieb, "das sich immer an das anpasst, was der Gegner spielen möchte", wirkte das Kollektiv deutlich agiler und verteidigte geschlossen weiter vorne als in den Vorwochen. Situativ rückte eine Spielerin heraus, um ihre ballführende Gegenspielerin aggressiv unter Druck zu setzen. Das funktionierte selbst gegen das Champions-League-Team zeitweise recht gut.
Torhüterin mausert sich zur besten Neckarsulmer Spielerin
Allein: Weil die Sport-Union gerade zu Beginn im Angriff zu selten zu klaren Abschlüssen kam, boten sich für das Gaugisch-Team Räume im Tempo-Gegenstoß, die es meist gnadenlos auszunutzen wusste. Erst nach rund 25 Minuten bekam auch Neckarsulms Torhüterin Sarah Wachter einige Bälle zu fassen, mauserte sich danach aber im Verlauf der zweiten Hälfte einmal mehr zur besten Neckarsulmer Spielerin.
Doch die Tore für die Gastgeberinnen fielen mitunter zu einfach, als dass die Sport-Union den Tabellenführer ernsthaft hätte herausfordern können. 7:14 (20.), 11:17 (30.), 14:24 (40.), 18:32 (50.) − der Bietigheimer Angriff musste auch nach dem Seitenwechsel nicht allzu lange suchen, bis er eine Lücke in der Neckarsulmer Hintermannschaft aufgetan hatte.
Mart Aalderink ließ sich jedoch nicht beirren, gab bis zum Schluss Anweisungen und zeichnete eifrig Spielzüge auf seine Taktiktafel. "Es war das erwartet schwere Spiel; besonders, weil wir unsere neue Abwehr getestet haben. Aber ich habe schon kurz mit einigen Spielerinnen gesprochen und sie haben Vertrauen in das System", sagte Aalderink. In den zehn verbleibenden Tagen bis zum Heimspiel gegen Halle-Neustadt wird er seine Taktiktafel daher wohl noch des Öfteren hervorholen.
Sport-Union Neckarsulm: Wachter (10 Paraden); Salamakha (3 Paraden), Polácková − Verbraeken (4), Gorshenina (1), Nooitmeer (3), Kücükyildiz (1), Smits (3) Johannsen (4); Lütke (3), Bruggeman, Moser (2), Mann (2).
Erfolgreichste Werferinnen SG BBM Bietigheim: Julia Maidhof (9/3), Jenny Behrend (7).
Schiedsrichter: Hanspeter Brodbeck/Simon Reich.
Siebenmeter: SG BBM Bietigheim: 3/3; Sport-Union Neckarsulm: 0/1.
Zeitstrafen: 2/4.
Zuschauer: 623.
Nationaltrainer Markus Gaugisch geehrt
Markus Gaugisch, derzeit noch in einer Doppelfunktion als Bietigheim-Coach und Frauen-Bundestrainer tätig, wurde am Dienstagabend im Stuttgarter Porsche-Museum vom Landessportverband (LSV) als Baden-Württembergs Trainer des Jahres 2022 ausgezeichnet. Der 48-jährige Gymnasiallehrer ist der erste Handballer, der die Auszeichnung erhalten hat.