Morgant muss in Neckarsulm gehen
Die Neckarsulmer Sport-Union trennt sich mit sofortiger Wirkung vom Cheftrainer der Bundesliga-Handballerinnen. Maike Daniels übernimmt das Amt interimsweise und feiert bereits am Samstag ihr Debüt.

Der Abschied war kurz und trotzdem schmerzhaft. Nachdem der Neckarsulmer Vorsitzende Rolf Härdtner der Mannschaft die Trennung von Pascal Morgant verkündet hatte, herrschte Totenstille. Der Trainer fasste sich kurz, wünschte dem Team für die Zukunft alles Gute - und ging. Nach 569 Tagen endet damit die Amtszeit des 44-Jährigen. Co-Trainerin Maike Daniels übernimmt das Team interimsweise - voraussichtlich bis Saisonende.
"Natürlich bin ich enttäuscht. Ich habe uns auf einem sehr guten, einem richtigen Weg gesehen", sagte Pascal Morgant am Dienstagnachmittag, wenige Minuten nach seinem Abschied.
Rolf Härdtner hat sich die Entscheidung nicht leicht gemacht
"Der Schritt ist mir extrem schwer gefallen. Ich habe noch nie einen Trainer entlassen müssen. Aber ich musste meine persönlichen Gefühle hinter das Wohl des Vereins stellen", sagte Härdtner. Offiziell wurden "unterschiedliche Vorstellungen über die sportliche Zukunft der Handballabteilung" als Trennungsgrund genannt. Ausgangspunkt war jedenfalls die Vorstandsentscheidung, den am Saisonende auslaufenden Vertrag mit dem früheren Kreisläufer nicht zu verlängern. Am Dienstagvormittag einigten sich die Parteien darauf, dass der Trainer mit sofortiger Wirkung freigestellt wird, der Kontrakt aber bis zum Saisonende weiterläuft.
Rückblick: Anfang Dezember sah die Handballwelt in Neckarsulm noch anders aus. "Mir ist mündlich ein Angebot für die nächsten zwei Jahre unterbreitet worden", sagt Morgant. Härdtner bestätigte gegenüber der Heilbronner Stimme entsprechende Absichtserklärungen. Stellt sich also die Frage, was genau in den vergangenen sechs Wochen zur 180-Grad-Wende in der Trainerfrage geführt hat?
Sportliche Situation war für die Trennung vom Trainer nicht ausschlaggebend

Die sportliche Situation mit nur sechs Pluspunkten nach elf Spielen war nach Aussage aller Beteiligten nicht ausschlaggebend. Auch nicht, dass drei der vier Bundesligaspiele seit der WM-Pause verloren und der Einzug ins Final Four des DHB-Pokals verpasst wurde. "Die sechs Punkte waren mir auch zu wenig. Da war mehr drin und da habe ich auch nicht alles richtig gemacht", räumt Morgant ein.
Offenbar gab es aber einzelne Spielerinnen, die mit ihrer Situation unzufrieden waren und ihren Unmut gegenüber dem Vorstand äußerten. Und die Zusammenarbeit zwischen Morgant und seiner Co-Trainerin Maike Daniels funktionierte anscheinend auch nicht reibungslos. "Es gab Spielerinnen, die nicht zufrieden waren und es gab Unstimmigkeiten im Trainerteam", sagt Morgant. Daniels wollte sich hierzu nicht äußern. Zudem stand der Vorwurf im Raum, der Trainer erreiche die Mannschaft nicht mehr und bevorzuge seine Lieblingsspielerinnen. "Das sehe ich anders", macht Morgant deutlich.
Kein Abschied im Bösen
Die unterschiedlichen Standpunkte seien zur Sprache gebracht worden, mit dem Ergebnis, "dass mein Standpunkt offenbar als weniger plausibel erachtet wurde", wie Morgant erklärt. Der scheidende Trainer findet die Vorgehensweise alles in allem "merkwürdig", betont aber, nicht "im Bösen zu gehen". Nach einer Erholungspause plant er im Sommer bei einem neuen Verein wieder einzusteigen. "Ich bin von Beruf Handballtrainer. Ich werde jetzt durchschnaufen und dann geht die Jobsuche los."
Die neue Chef-Interimstrainerin in Neckarsulm feiert bereits am Samstag (19 Uhr) im Bundesliga-Derby bei Frisch Auf Göppingen ihr Debüt. "Ich bin von der Entwicklung heute auch überrollt worden, freue mich aber über den Vertrauensbeweis des Vereins. Ich gehe die Aufgabe mit Respekt und Demut an." Daniels betonte ebenso wie Rolf Härdtner, dass dies nur eine Übergangslösung sei. Wie und wann es nach ihr weitergeht, ist derzeit noch völlig offen.
Wenig Zeit für die neue Cheftrainerin
Pascal Morgant hatte seine Aufgabe in Neckarsulm mit einem Drei-Jahres-Konzept angetreten. Im ersten Jahr den Klassenerhalt schaffen, im zweiten Jahr in der Bundesliga etablieren, im dritten Jahr angreifen. Ziel eins wurde erreicht mit einem Kader, den weitgehend noch Emir Hadzimuhamedovic zusammengestellt hatte. "Das hatte ich nicht gesteuert", sagt Morgant. Vor dieser Saison sah das anders aus. Ein Mittelfeldplatz war die Zielvorgabe. Aktuell befindet sich die Sport-Union aber wieder im Abstiegskampf. Da stellt sich natürlich die Frage, wie die Interimstrainerin Maike Daniels das Ruder herumreißen will. "Wir müssen natürlich einen Plan entwickeln, wie wir die restliche Saison positiv gestalten können", sagt die 34-Jährige. Es geht aber auch darum, einen Teil ihrer bisherigen Aufgaben als Jugendkoordinatorin und Trainerin der Württembergliga-Frauen zu verteilen. "Auch mein Tag hat nur 24 Stunden und meine Woche nur sieben Tage. Das muss ich alles in den nächsten Tagen mit meinen Trainerkollegen besprechen."