Sport-Union möchte bei Fans und Vorstand für einen niedrigeren Blutdruck sorgen
Ohne Luftschlösser zu bauen ist die Sport-Union sportlich und ideell um den nächsten Schritt zu einem Verein mit Konzept und Perspektive bemüht. Neue Gesichter sollen auf die Grundlagen der Vorsaison aufbauen.

Fast ein wenig beiläufig, in einem kurzen Nebensatz, erhielt Thomas Zeitz am Freitagabend eine Jobgarantie. "Auch in der nächsten Saison und darüber hinaus" wolle der Verein mit dem 50-jährigen Chef-Trainer der Sport-Union Neckarsulm zusammenarbeiten, sagt Vorstandsmitglied Bernd Dollmann.
Da passte es ins Bild, dass die zentrale Botschaft bei der Saisoneröffnung der Bundesliga-Handballerinnen vor Sponsoren und Pressevertretern im Neckarsulmer Hauptsitz von Partner Bechtle unter dem Motto "Kontinuität (schaffen)" stand. Der im Vorjahr eingeschlagene Weg soll weitergegangen werden.
Weniger Harakiri, mehr geordnetes Wachstum
"Wir haben unsere Lehren aus den Saisons vor zwei Jahren gezogen. Damals haben wir auf kurzfristigen Erfolg gepokert. Das hat nicht funktioniert und wir haben festgestellt, dass langsames Wachstum für uns besser ist", sagt Dollmann.
Das sportliche Grundgerüst dafür sei in der vergangenen Saison gebaut worden, ist Thomas Zeitz überzeugt. Zudem passe das zur Hälfte umgebaute Team charakterlich deutlich besser zusammen als jenes zum Start der vergangenen Runde. "Und natürlich wollen wir in diesem Jahr sportlich besser abschneiden, wir wollen mehr gewinnen und so in einer ruhigeren Atmosphäre arbeiten", betont Zeitz. "Was aber über allem steht, ist das Ziel, dass im nächsten Jahr von unseren 16 Spielerinnen vielleicht zwölf oder 13 bei uns bleiben."
Nachwuchsarbeit wird auf neue Beine gestellt
Bedeutet: Man will in Neckarsulm für etwas stehen und eine Identität aufbauen. Auch deswegen sind mit Co-Trainer und Nachwuchskoordinator Gernot Drossel und Torhüterinnen-Trainerin Branka Zec neue Gesichter hinzugestoßen, die frei von Scheuklappen neue Ideen einfließen lassen sollen. Manche davon werden zeitnah spürbar sein, andere eher im Hintergrund ablaufen.
Mit Drossel kehrt zudem die Hoffnung zurück, in fünf bis zehn Jahren nicht nur als Anlaufstelle für vielversprechende Talente aus der Region attraktiv zu sein, sondern mittelfristig auch selbst Spielerinnen aus dem Nachwuchs in das Bundesliga-Team integrieren zu können.

Munia Smits führt Mannschaft 2024/2025 an
Bis es soweit ist, müssen allerdings andere für einen Aufschwung sorgen. Dazu zählen die neuen führenden Köpfe der Mannschaft. In einer geheimen Wahl sind im zurückliegenden Trainingslager in Fritzlar Munia Smits als neue Spielführerin und Rabea Pollakowski als ihre Stellvertreterin gewählt worden. Gemeinsam mit Sinah Hagen und Lena Ivancok bilden sie den Mannschaftsrat.
"Es ist schon verrückt, dass man nach zwei Jahren schon am längsten im Verein ist", sagt Smits, die gemeinsam mit Annefleur Bruggeman seit 2022 zum Team gehört. "Ich freue mich, dass ich das Vertrauen der Mädels und der Trainer bekommen habe."
Neuzugänge haben Motivation früh aufgesogen
Die 24-Jährige hat im Vergleich zu ihren beiden vorangegangenen Saisonvorbereitungen festgestellt, dass die Überzeugung in der Mannschaft in diesem Jahr eine andere ist: "Wir haben trotz der sportlich schwierigen Situation acht Mädels davon überzeugt zu bleiben und diese Überzeugung haben die acht neuen direkt aufgenommen", sagt Smits.
"Und jede Spielerin, die gekommen ist, kannte schon jemand anderen; sei es durch die Probetrainings oder eine gemeinsame sportliche Vergangenheit." Das sei ein großer Vorteil und mache das Miteinander einfacher.
Sprache und Miteinander sollen kein Hindernis werden
"In meinem ersten Jahr waren wir noch mehr Neue mit vielen verschiedenen Mentalitäten. Damals war nicht zuletzt auch die Sprache ein kleines Hindernis." Daran soll es 2024/2025 nicht scheitern. Alle seien gewillt, an einem Strang zu ziehen.
Gelingt das, dürfte auch Bernd Dollmanns Wunsch in Erfüllung gehen: "Ich wünsche mir weniger blutdruckgefährdende Spiele", sagt das Vorstandsmitglied mit einem Augenzwinkern.
Vorzeitiger Ausrüsterwechsel nach Unstimmigkeiten
Dunkelblau mit weißen Ärmeln und einem dünnen weißen Brustring, auf dem das Mannschaftsmotto "Mit dem Herz in der Hand" prangt: Auch die neuen Trikots der Sport-Union Neckarsulm wurden im Rahmen der Mannschaftspräsentation vorgestellt.
Ausrüster ist in diesem Jahr wieder der Pfullinger Sportartikelhersteller Erima, obwohl der seit 2021 laufende Vertrag mit dem spanischen Ausrüster Joma noch eine Gültigkeit bis 2025 besessen hätte.

Lieferfristen sorgen bei Sport-Union für Frust
"Wir waren mit Joma aber nicht zufrieden", sagt Vorstandsmitglied Bernd Dollmann, "deswegen haben wir uns auf eine vorzeitige Vertragsauflösung geeinigt". Vor allem verzögerte und versäumte Lieferfristen hatten für Unzufriedenheit bei der Sport-Union gesorgt.
Daher sprang vor wenigen Wochen Erima als Ausrüster für die Bundesliga-Mannschaft ein, nachdem das Unternehmen das Team bereits von 2016 bis 2021 eingekleidet hatte. Das Engagement läuft zunächst nur für eine Spielzeit, Bernd Dollmann kündigte jedoch weitere Gespräche an.