Handball-EM 2024: Nordmazedoniens Ex-Abwehr-Ass Ace Jonovski im Interview
Ace Jonovski, früherer nordmazedonischer Nationalspieler, spricht vor dem Aufeinandertreffen der Südosteuropäer mit dem DHB-Team im Interview über verrückte Fans, fehlende Kilos und die deutsche Abwehr.

Während seiner aktiven Zeit war Ace Jonovksi ein gefürchteter Abwehrspieler. Gemeinsam mit dem aktuellen Nationaltrainer Nordmazedoniens, Kiril Lazarov, prägte der 43-Jährige eine goldene Ära für den kleinen Balkanstaat mit zahlreichen Teilnahmen an internationalen Turnieren. Nun trifft Nordmazedonien auf die DHB-Auswahl, die im Auftaktspiel der Handball-EM 2024 gegen die Schweiz einen Kantersieg feierte.
Herr Jonovski, Sie waren bis vor vier Monaten noch Co-Trainer der nordmazedonischen Nationalmannschaft. Warum haben Sie kurz vor der EM aufgehört?
Ace Jonovski: Das hatte in erster Linie berufliche Gründe. Ich arbeite verstärkt als Sportlehrer an Schulen, da kann ich nicht mehr so oft für Lehrgänge mit der Nationalmannschaft nach Nordmazedonien reisen. Der Entscheidung ist mir sehr schwer gefallen, weil ich seit 25 Jahren immer Teil unserer Nationalmannschaften war.
Wie haben Sie das EM-Auftaktspiel Ihrer Nationalmannschaft gegen Frankreich verfolgt?
Jonovksi: Zum ersten Mal war ich einfach als Zuschauer im Stadion, zusammen mit meiner Familie, mitten unter den mazedonischen Fans. Die Leute nehmen teilweise Kredite auf, um unsere Mannschaft vor Ort zu unterstützen. Das ist verrückt.
Welchen Stellenwert hat Handball in Ihrer Heimat?
Jonovksi: Handball ist mit Abstand die Sportart Nummer eins. Die Hallen sind immer voll. Alle Kinder wollen Handballer werden. Die EM-Spiele werden alle live gezeigt.
Wie hat Ihnen die Zuschauerrolle in Düsseldorf gefallen?
Jonovski: Das war nicht einfach, es herrschten viel zu viele Emotionen. Da sitzt keiner, jedes Tor, jede gute Aktion wird gefeiert.
Am Anfang lief es ja sehr gut, doch nach einer Viertelstunde folgte ein Bruch im Spiel und Frankreich zog davon. Woran lag das?
Jonovski: Wir haben eine junge Mannschaft, die technisch und taktisch schon sehr gut ist, eine große Zukunft vor sich hat. Was uns noch etwas fehlt, ist die Kraft, einfach ein paar Kilos mehr an Muskelmasse. Und natürlich die Routine. Die französischen Spieler sind alle bei Topclubs in Europa unter Vertrag, unsere Jungs spielen zum größten Teil in der Heimat.
Ist ein ähnlicher Spielverlauf auch am Sonntag in Berlin gegen Deutschland zu erwarten?
Jonovski: Unser Team ist jetzt ein verletzter Löwe und daher besonders gefährlich. Ich kenne unsere Mentalität, die Mannschaft wird jetzt noch mehr Gas geben. Deutschland ist aber der klare Favorit und ein sehr starker Gegner.
Wo liegen die Stärken der DHB-Auswahl?
Jonovski: Die Abwehr hat mich überrascht. Ich war ja selbst Abwehrspezialist, daher freue ich mich immer, wenn defensiv so gut zusammengearbeitet wird, so clever agiert wird, wie gegen die Schweiz.
Und offensiv?
Jonovski: Mit Juri Knorr hat Deutschland endlich wieder einen richtig guten Spielmacher. Der hat in den vergangenen Jahren gefehlt. Alfred Gislason hat eine sehr gute, sehr komplette Mannschaft zusammengestellt. Ich denke, dass Deutschland das Halbfinale erreicht. Ab da ist alles möglich.
Um dahin zu kommen, wäre ein Sieg gegen Mazedonien aber beinahe Pflicht.
Jonovksi: Natürlich (lacht). Mazedonien wird aber nicht mit gehisster weißer Fahne in dieses Spiel gehen und in Berlin werden sicher noch viel mehr Fans die Mannschaft unterstützen als in Düsseldorf.
Fahren Sie selbst nach Berlin?
Jonovksi: Ich überlege noch, ich habe Tickets, aber ich muss Montag arbeiten. Mein Herz ist auf jeden Fall dabei.
Zur Person
Der Zwei-Meter-Hüne Ace Jonovski spielte für Clubs in der Türkei, der Schweiz, Dänemark, Bosnien-Herzegowina und Spanien. Die letzte Station seiner 17-jährigen Profikarriere war bis 2017 Bundesligist Bergischer HC. Für Mazedonien bestritt der langjährige Abwehrchef der Auswahl 62 Länderspiele. Der 43-Jährige lebt mit seiner Frau Anita und den drei Töchtern in Remscheid.