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Deutsche Fußball-Nationalmannschaft entdeckt sich neu – Hoffnung für die EM 2024

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Kämpfen, zocken, abklatschen: Die beiden jüngsten Siege geben der deutschen Nationalmannschaft das Gefühl, dass die EM gut wird. Auch die TV-Quote stimmt beim Sieg gegen die Niederlande.

Das Gute: Die Idee von Bundestrainer Julian Nagelsmann funktioniert. Das Beste: Es macht auch noch Spaß − sowohl den Spielern um Toni Kroos (Mitte) als auch den Zuschauern im Stadion beziehungsweise vor dem TV-Geräten.
Foto: dpa
Das Gute: Die Idee von Bundestrainer Julian Nagelsmann funktioniert. Das Beste: Es macht auch noch Spaß − sowohl den Spielern um Toni Kroos (Mitte) als auch den Zuschauern im Stadion beziehungsweise vor dem TV-Geräten. Foto: dpa  Foto: Tom Weller

Blicke in ihre Kabine ließen die Spieler der deutschen Nationalmannschaft am Dienstagabend in der Frankfurter Fußball-Arena nicht zu. Aber von der Mixed-Zone konnten die Reporter nach dem 2:1 (1:1)-Sieg gegen die Niederlande Blicke in die Herzen der Spieler werfen: Vor dem Ausgang fielen sich immer wieder Spieler und Betreuer in die Arme, klatschten sich freudestrahlend ab, klopften sich auf die Schultern und wünschten sich alles Gute für die kommenden Wochen.

Dieser Bereich, wo es auf der einen Seite zu den Journalisten und auf der anderen Seite zu den Fans geht, war in den vergangenen Jahren immer wieder der Vorhof zur Hölle. Da wie dort mussten immer wieder rätselhafte Rückschläge und Niederlagen erklärt werden. Die beiden Siege binnen vier Tagen gegen Frankreich und die Niederlande, die beiden letzten Testspiele vor der Nominierung des Kaders für die Europameisterschaft, geben allen ein völlig neues Gefühl: berechtigte Hoffnung - dass besser Zeiten begonnen haben. Dass die Heim-EM gut wird.

Julian Nagelsmann blickt auf zehn Tage bei der Nationalmannschaft zurück, die Spaß gemacht haben

"Das tut gut! Es sind im Betreuerteam einige dabei, die seit sechs, sieben Jahren nur auf die Mütze kriegen - Spieler natürlich auch", sagte Bundestrainer Julian Nagelsmann bei der Pressekonferenz, bevor sich seine Spieler zu ihren Vereinen und Familien aufmachten. Man stehe nach Niederlagen in der Kabine und sehe, wie alle denken: "Jetzt geht die Scheiße wieder los!" Deshalb freute sich Julian Nagelsmann nach dem gelungenen Abend und den zehn Tagen bei der Nationalmannschaft, "die von A bis Z sehr viel Spaß gemacht haben", für das ganze Team, wie er betonte. Was mehr sagt als all das Offensichtliche.


50 000 Zuschauer feiern die deutsche Nationalelf

Die fast 50 000 Zuschauer im ausverkauften Stadion feierten die Nationalelf mit La Ola und sangen "Oh, wie ist das schön!". Die TV-Quote stimmt wieder - 10,81 Millionen Menschen (Marktanteil 41 Prozent) sahen den frühen Rückstand durch das Tor von Joey Veerman (4. Minute), die flotte Antwort per Traumtor von Maximilian Mittelstädt (11.) und den Siegtreffer von Niclas Füllkrug per Schulter (85.). "Die Leute haben Lust auf Fußball", sagte der eingewechselte Dortmunder Mittelstürmer und schob nach: "Aber halt auf erfolgreichen."

Es ist kein Fehler, den Gefühlen von Julian Nagelsmann zu vertrauen

Während die Niederländer bei den Auswechslungen gemächlich vom Platz trotteten, glaubten, ein für sie akzeptables Remis über die Zeit zu bringen, machten die erstmals in Pink und Lila spielenden Deutschen bis zum Schluss Tempo. "Ich hatte das Gefühl", erzählte Julian Nagelsmann, "dass wir gewinnen wollten." Dieses Gefühl habe er beim 0:2 im Herbst gegen Österreich nicht gehabt. "Der Spirit hat sich ganz anders angefühlt als im September."

Die Botschaft hinter der Nachricht: Es ist kein Fehler, den Gefühlen von Julian Nagelsmann zu vertrauen. Alle seine (jüngsten) Entscheidungen funktionieren. Mit seiner Versuchsanordnung - gegen die Niederlande begann dieselbe Elf wie gegen Frankreich - hat der Bundestrainer der Urschleim des Fußballs wiederentdeckt. Seine Spieler kämpfen, zocken und klatschen sich ab. Sie haben Spaß. Das befreit. Auch das Team hinter dem Team. Julian Nagelsmann versicherte: "Wir verfallen jetzt nicht in eine Hysterie und sehen alles positiv."

Hoffnung, Glaube, Geist - spirituelle Tage für die Nationalspieler

Auch dem wie Füllkrug eingewechselten Thomas Müller ging es nach den Tagen bei der Nationalelf ums Grundsätzliche: "Wir sind froh und glücklich, bleiben aber demütig. Wir hatten eigentlich immer das Potenzial zu einer tollen Fußballnation. Mit den beiden Siegen haben wir die Hoffnung darauf ein Stück weit genährt." Hoffnung, Glaube, Geist - es waren womöglich spirituelle Tage für die Nationalspieler, mit Sicherheit inspirierende. "Die positive Stimmung wollen wir mitnehmen ins Turnier", sagte Niclas Füllkrug. "Der Esprit ist sehr gut in der Mannschaft. Wir haben eine sehr klare Rollenverteilung bekommen."

Der gesperrt fehlende Leroy Sané hat einen reservierten EM-Platz

Der Bundestrainer machte in Einzelgesprächen klar, dass für das Turnier vom 14. Juni bis 14. Juli mehr als seine Wunschelf steht. Und dass es maximal noch "ein, zwei Veränderungen plus Verletzte" geben könnte. Allein der gesperrt fehlende Leroy Sané hat einen reservierten EM-Platz zugesprochen bekommen, so Julian Nagelsmann. Aber: "Er muss sich eingliedern in diese funktionierende Gruppe." Dass die funktioniert, war in Lyon sowie in Frankfurt auf dem Rasen zu sehen - und im einstigen Vorhof zur Hölle.

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