Warum der Neckar-Cup das Preisgeld kräftig erhöhen will und muss
Das Tennis-Turnier am Trappensee steigt in die höchste Challenger-Kategorie auf. So wächst der Gesamtetat für den Heilbronner Neckar-Cup 2023 um mehr als zehn Prozent auf satte 440.000 Euro.

Corona? Ukraine-Krieg? Rezession? Es sind außergewöhnliche Zeiten – in denen der Heilbronner Neckar-Cup seine außergewöhnliche Entwicklung einfach fortsetzt. „Wir gehen definitiv hoch“, sagte Metehan Cebeci am Mittwoch. Was der Turnierdirektor des Challengers am Trappensee meint: Erneut wird das Preisgeld aufgestockt. „Es war schon immer mein Ziel, ein 125er-Turnier zu veranstalten. Dank unserer Sponsoren können wir das jetzt in Angriff nehmen.“ Im Mai 2022 ging es beim Neckar-Cup für den Turniersieger um 100 Weltranglistenpunkte und insgesamt 90 280 Euro Preisgeld. Von 14. bis 20. Mai 2023 sind es 125 Punkte und 145 000 Euro. Ein satter Preissprung in Krisenzeiten.
Der Neckar-Cup ist ein außergewöhnliches Produkt. Das schon viele außergewöhnliche Turnier-Sieger hervorgebracht hat, unter anderem Alexander Zverev im Jahr 2015 – als es noch um 42 500 Euro Preisgeld gegangen war. Zum außergewöhnlichen Gesamtpaket gehört für die Unterstützer des Sandplatzturniers das alljährliche Sponsorenevent. Das am Mittwochabend auf Stengs Landgut am Rotenberg zwischen Lauffen und Nordheim stattfand. „Wir haben die schöne Situation“, sagte Neckar-Cup-Organisator Tom Bucher an die mehr als 100 Gäste gewandt, „dass wir bei unserem Sponsorenevent Jahr für Jahr mehr Leute werden.“ Wachstum, der das Wachstum erklärt.
Die ATP verändert mal wieder die Rahmenbedingungen
Das Wachstum des Preisgeldes hat die Spielerorganisation ATP beschleunigt. Alle Jahre wieder wird der Turnierkalender reformiert, verändern sich die Rahmenbedingungen. Um auch 2023 ein Turnier der Kategorie 100 zu sein (dieses Jahr gibt es davon weltweit nur 14), muss der Veranstalter das Preisgeld von 90 280 Euro auf 118 000 Euro erhöhen – spart dabei aber 7642 Euro Lizenzgebühren. Eigentlich wollte Metehan Cebeci das weltweit erste 110er-Turnier veranstalten. „Aber das wurde nicht angenommen und deshalb für 2023 gestrichen“, sagte der 53-Jährige. Um im Wettbewerb wettbewerbsfähig zu bleiben, geht es in die nächste, die oberste Kategorie – in der übrigens auch die 2014 letztmals ausgetragenen Heilbronn Open zu Hause waren.
Die Rechnung ist formell einfach. Und doch kompliziert. Das Preisgeld erhöht sich um 54 720 Euro, zugleich verringert sich die Lizenzgebühr um 6292 Euro. Macht unter dem Strich mehr als 48 000 Euro Mehrbelastung. „Wir waren mit unserem Gesamtetat zuletzt fast bei 400 000 Euro“, sagte Tom Bucher, der Mann der Zahlen. „Jetzt müssen wir also nochmal um etwa zehn Prozent zulegen.“ Die Macher sind sich einig, dass sie diesen Schritt gehen müssen. Denn auch das wie gehabt parallel zum Neckar-Cup stattfindende ATP-Turnier in Rom wird 2023 größer werden.
Die große Konkurrenz in Rom verlängert auf zwölf Tage
„Rom wird nun länger, zwölf statt acht Tage dauern und statt mit einem 64er- mit einem 96er-Feld gespielt“, sagte Metehan Cebeci. Das bedeutet zum einen, dass es für die Profis in Rom in der ersten Runde mehr Geld zu verdienen gibt als in Heilbronn für den Turniersieg. Zum anderen werden weniger Spieler aus den Top 100 nach Heilbronn kommen – zumal das 125er-Challenger in Bordeaux ebenfalls parallel läuft. Da Cebeci das Fenster direkt vor den French Open in Paris behalten will („Der Termin bleibt definitiv“) ist klar: „Wir müssen hochgehen.“
Mitgliederwachstum Metehan Cebeci hat kein Problem damit, dass sich die Kosten erhöhen: „Weil die Erhöhung der Preisgelder den Spielern zugutekommt.“ Darum geht es schließlich: Talenten den Sprung auf die ATP-Tour zu erleichtern. Mit Weltranglistenpunkten. Mit Geld. Tennis ist auch in Krisenzeiten ein Wachstumsmarkt. Beispiel Deutscher Tennis Bund: Wie der DTB mitteilt, ist er 2022 um 4,5 Prozent beziehungsweise um rund 62 000 Mitglieder gewachsen – so einen Anstieg habe es zuletzt vor mehr als 30 Jahren gegeben.

Die Turnierlandschaft wächst zuletzt von 148 auf 181 Events
Beispiel Challenger-Turniere: 2021 gab es weltweit 148 Turniere, 2022 sind es 181. Bei völlig unterschiedlichen Rahmenbedingungen, so Cebeci: „Ich weiß, dass die finanzielle Förderung, sei es vonseiten des Staates oder des Tennisverbandes, viel, viel höher ist als bei uns – man sieht die Turniere als eine Form des Tourismus. Bei uns ist die Unterstützung von diesen Seiten leider ein Witz.“ Mine und Metehan Cebeci sowie Tom Bucher machen trotzdem munter weiter mit ihrer außergewöhnlichen Arbeit.