Der letzte Aufschlag: Neckarsulms Abschiedsvorstellung in der 3. Tischtennis-Liga
Das wird ein tränenreicher Abend. Die Neckarsulmer Tischtennis-Männer bestreiten nach 45 höherklassigen Jahren am Samstag ihr finales Drittligaspiel.

So wie alles für Julian Mohr begann, so wird es am Samstagabend auch enden. Mit vielen Tränen. „Ich bin bei so sentimentalen Dingen eh sehr nah am Wasser gebaut“, sagt Neckarsulms Tischtennis-Abteilungsleiter und Nummer vier vor der Abschiedsveranstaltung der Drittligamänner an diesem Samstag (17.30 Uhr) gegen die TSG Kaiserslautern in der Neckarsulmer Ballei.
Der letzte hochklassige Neckarsulmer Tischtennis-Abend soll genossen werden
Tischtennis in Neckarsulm ist seit Jahrzehnten Familiensache, hauptsächlich geprägt von den Familien Harst und Werz. Die Kinder, deren Partner, die Enkel waren stets Säulen einer Abteilung, in der es allein schon deshalb eben familiär zugehen muss. Ansonsten hätte es nicht ohne Unterbrechung 45 Jahre höherklassiges Tischtennis gegeben. Für die Männer der Sport-Union Neckarsulm endet diese Zeit nun am Samstag aus finanziellen Gründen, weil der Hauptverein weniger zuschießt, die 3. Liga nicht mehr zu finanzieren ist. „Wer das jetzt nicht genießt, sondern mit Trauer oder Wut herangeht, ist falsch hier“, sagt Julian Mohr, für den sich damit am Samstag nach rund zehn Jahren ein Kreis schließt. So emotional und traurig wie alles begann, so wird es nun für ihn persönlich enden.
Tischtennis in Neckarsulm: In der Nacht vor dem Debüt starb der Opa von Julian Mohr
Im Herbst 2015 sollte sich der größte Tischtennis-Wunsch von Gerhard Werz, einem der Neckarsulmer Macher, erfüllen. Jahrelang sprach der Opa zum Enkel Julian Mohr: „Es ist mein größter Traum, dich als Spieler im Neckarsulmer Trikot zu sehen. Das will ich noch erleben.“ Weil Julian Mohr aber als eins der größten deutschen Talente aufs Tischtennis-Internat in Frankfurt ging, musste er als Schüler für einen hessischen Verein spielen. „In der Nacht vor meinem Debüt in Neckarsulm ist Opa dann gestorben“, erinnert sich Julian Mohr, an das 5:5 gegen Grenzau II im Oktober 2015, „das ich in meinem Leben nie vergessen werde, weil ich eine sehr enge Bindung zu meinem Opa hatte, auch über das Tischtennis hinaus.“
Am Samstag wird erneut der Abschiedsschmerz alles andere überlagern. „Taschentücher liegen parat“, sagt der 30-jährige Julian Mohr: „Ich habe zur Not auch noch ein großes Handtuch dabei.“ Das ist eigentlich für den Schweiß gedacht, der auch fließen wird. Am letzten Drittliga-Spieltag geht es für Neckarsulm (24:10) gegen die TSG Kaiserslautern (25:9) im direkten Duell um Rang zwei, so Drittliga-Meister Windsbach nicht gegen Bietigheim (25:9) patzt. Rang zwei ist wertlos, der Ansporn trotzdem groß. „Wenn wir Zweiter werden, ist es eine sehr gute Saison gewesen“, sagt Mohr. Auch wenn Platz zwei im Endklassement nichts an der der Zukunft ändert.
Rauf, runter, rauf, runter: Neckarsulmer Tischtennis-Herren mehrfach am Zweitliga-Aufstieg gescheitert
Rang zwei würde aber passen, zum ewigen Drittliga-Zweiten Sport-Union, der so oft knapp am Zweitligaaufstieg gescheitert ist. Es wäre der dritte zweite Platz nacheinander. Im Vorjahr fehlte nur ein einziger Satz in der Relegation für den Sprung in die 2. Bundesliga, 2018 gelang der ersehnte Aufstieg, 2019 ging es wieder runter, 2020 wieder rauf. Seit dem Abstieg 2022 misslang die Zweitliga-Rückkehr immer wieder. Und nun kommt am Samstag ein Abschied für immer? „Ich hoffe, Julian baut in ein paar Jahren alles wieder so auf, wie es zuletzt war“, sagt Mitspieler Aleksa Gacev mit Blick auf die Zukunft. „Kurzfristig ist das nicht möglich, aber vielleicht mittel- bis langfristig“, sagt der Abteilungsleiter. Für Julian Mohr braucht es eine Basis aus eigenen Talenten. Doch diese sind aktuell nicht in Sicht. „Es muss nur ein Jugendspieler kommen, der das Niveau für die dritte, vierte Liga besitzt“, sagt Julian Mohr.
Ein Eigengewächs aus dem bekannten Neckarsulmer Genpool vielleicht, damit Tischtennis in Neckarsulm auch weiter Familiensache bleibt? „Meine Schwester hat ja schon zwei Kids. Es ist mein Job als Patenonkel, das Tischtennistalent der Kinder zu fördern“, sagt Julian Mohr und lacht.

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