Neckarsulmer Tischtennis-Männer ziehen sich aus 3. Liga zurück – "Verein lässt uns ausbluten"
Der Tischtennis-Spitzensport bei den Männern der Sport-Union Neckarsulm hat nach 45 höherklassigen Jahren ohne Unterbrechung keine Zukunft mehr. Das sind die Gründe.

Julian Mohr brauchte erstmal ein Bier. Nach einem 6:0-Heimsieg gegen den TTC Hohenstein-Ernstthal II sollte es eigentlich eins aus spritziger Freude sein, stattdessen hält sich der Drittligaspieler an einem Frustbier fest. Vor wenigen Tagen wurde die Abmeldung der ersten Mannschaft der Sport-Union Neckarsulm aus der 3. Liga beschlossen, die Spieler über das Aus informiert. Es besiegelt das Ende der am längsten ununterbrochen zweit-/drittklassig spielenden Männermannschaft der Region. „45 Jahre mit Strahlkraft für unsere Sportart“, sagt Julian Mohr als Spieler/Abteilungsleiter und schluckt schwer: „Wo hat es das sonst gegeben? Jetzt lässt uns der Verein einfach so ausbluten.“
Tischtennis-Männer der Sport-Union Neckarsulm ziehen zurück: Fehlendes Geld, Tränen fließen
Der jährliche Zuschuss des Hauptvereins an die Tischtennis-Abteilung wird von 40.000 Euro auf 10.000 Euro gekürzt. „Spitzensport in Neckarsulm gibt es nur noch dann, wenn ich mich als Abteilung selbst finanziere, meinen eigenen Etat erwirtschafte“, sagt Rolf Härdtner als Vorstandsvorsitzender der Sport-Union Neckarsulm. Das ist eigentlich schon länger die Devise, doch nun wird die alljährliche Androhung auch knallhart umgesetzt, weil das so eingesparte Geld für die allgemeinen Kosten des Vereins gebraucht werden.
Rund 2,4 Millionen Euro beträgt der Etat des Gesamtvereins. „Da sind die 30.000 Euro doch nur etwas mehr als ein Prozent“, hadert Trainer Alexander Mohr. Das erste Spitzensportopfer der Sparzwang-Union Neckarsulm ist nun das Tischtennis-Drittligamännerteam. Tischtennis in Neckarsulm, das ist Familiensache mit Tradition. Werz, Harst, Mohr. „Bei mir sind zuletzt viele Tränen geflossen“, sagt Julian Mohr, dem 29-Jährigen sei allerdings schon beim Blick auf die bei der letzten Jahreshauptversammlung veröffentlichten Zahlen klar gewesen, „was uns da droht“.
In welcher Liga geht es für die Tischtennis-Männer der Sport-Union Neckarsulm weiter?
Die fehlenden Gelder für eine schlagkräftige Mannschaft um Spitzenspieler Florian Bluhm lassen sich für die Tischtennis-Abteilung nicht aufbringen. So ist für den aktuellen Tabellendritten der 3. Liga Süd, der zum dritten Mal nacheinander den angepeilten Zweitligaaufstieg verpasst, am 12. April mit einem Heimspiel gegen Kaiserslautern Schluss. Weiter geht es ab dem Herbst dann drei oder vier Ligen tiefer, wahrscheinlich in der Verbandsoberliga oder Verbandsliga. Dann ohne Florian Bluhm, Julian Mohr, Aleksa Gacev und Ronit Bhanja, die auf Vereinssuche sind.
Rolf Härdtner sieht es als wenig zukunftsträchtig an – so wie bisher – Spieler aus Indien oder Serbien einfliegen zu lassen. „Ich finde es toll, wie bei den Frauen Eigengewächse glänzen“, sagt er. Eigengewächse, die es bei den Männern jedoch seit Ewigkeiten nicht mehr gibt. Das Neckarsulmer Drittliga-Frauenteam hat eine Gegenwart und Zukunft, wird die Fahne des höherklassigen Tischtennissports damit hochhalten. „Dort sind die Kosten nicht so hoch“, sagt Julian Mohr. Seine drei Teamkollegen sind wie viele andere Drittligaspieler Profis, leben neben Preisgeldern und Trainertätigkeiten vom Vereinssalär.
Was sich der Vereinspatron gewünscht hätte
Vereinspatron Rolf Härdtner hätte sich mehr Kampfesmut gewünscht: „Mich hat überrascht, dass sie nicht das Gespräch mit mir gesucht haben, sondern kaltlächelnd die Abmeldung beschlossen haben. Julian Mohr entgegnet: „Was hätten wir gewonnen, wenn wir auf die Barrikaden gegangen wären?“ Härdtner formuliert es so: „Wenn der Wille da gewesen wäre, noch etwas zu versuchen, dann hätten sie meine Unterstützung bekommen.“ Zum Beispiel mit einer abteilungsinternen Umlage. Bei 400 Mitgliedern hätte sich so ein fünfstelliger Betrag einsammeln lassen. „Vielleicht wird aber auch abteilungsintern die Wichtigkeit der ersten Mannschaft überschätzt“, mutmaßt Rolf Härdtner. Das Zuschauer-Interesse bei punktuellen Events war mit mitunter 700, 800 Zuschauern vorhanden, es verlieren sich aber eben auch mal wie am Samstag nur 50 Zuschauer in der Ballei.

Stimme.de