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"Opa" Kai geht mit Knalleffekt: Kai Herrmanns perfekter Abschied vom TV Flein

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Jetzt ist endgültig Schluss: Mit 38 Jahren und einem Siegtor in der Schlusssekunde verabschiedet sich Kai Herrmann in den ebenso oft angekündigten wie verschobenen Handball-Ruhestand.

Alle Fleiner stürzen sich nach dem Siegtreffer in der Schlusssekunde auf den am Boden liegenden Kai Herrmann. "Das kannst du dir nicht ausmalen", sagte der 38-Jährige nach seinem letzten Spiel.
Alle Fleiner stürzen sich nach dem Siegtreffer in der Schlusssekunde auf den am Boden liegenden Kai Herrmann. "Das kannst du dir nicht ausmalen", sagte der 38-Jährige nach seinem letzten Spiel.  Foto: Seidel, Ralf

Ein Filmregisseur hätte sich ob dieses Endes den Kitschvorwurf gefallen lassen müssen. Doch im Sport darf es ruhig maximal gefühlsduselig zugehen. "So etwas habe ich noch nie erlebt. Und ich bin echt lange genug dabei", sagte Kai Herrmann am Sonntagabend in der Sandberghalle. In den letzten Minuten seiner aktiven Handballkarriere erlebte der Kapitän des TV Flein noch ein letztes Mal die komplette Klaviatur dieses Sports - samt Happy End.

In der 57. Minute kassierte der 38-Jährige im finalen Oberliga-Heimspiel der Saison 2024/2025 in doppelter Überzahl eine unnötige Zeitstrafe. Kaum war der Rechtsaußen zurück auf dem Feld spielte er einen katastrophalen Fehlpass, den die SG Lauterstein zum 33:33-Ausgleich nutzte. Fünf Sekunden blieben den Fleinern noch nach einer Auszeit vom Anwurf weg zum Siegtreffer.

Spielmacher Sven Kroll heckt Masterplan aus

"Ich habe die Jungs gefragt: ‚Was spielen wir?"", erzählte Trainer "Rudes" Wagner hinterher. Für eine solche Situation existierte kein ausbaldowerter Spielzug. Spielmacher Sven Kroll hatte aber einen Masterplan parat: Die beiden Außenspieler sollten losrennen, in der Mitte kreuzen und Kroll würde ein Anspiel versuchen.

Sven Kroll (links) hatte die Idee für den letzten Spielzug.
Sven Kroll (links) hatte die Idee für den letzten Spielzug.  Foto: Seidel, Ralf

"Ich hatte keine Ahnung, ob ich den Ball bekommen würde. Ich bin losgerannt und habe mich dann instinktiv umgedreht. Da kam der Ball schon auf mich zu", sagte Herrmann. "Für mich gab es nur eine Option - und das war Kai. Das habe ich ihm aber absichtlich vorher nicht gesagt", grinste Kroll hinterher.

"Opa" wird begraben - steht aber wieder auf

Es kam, wie es kommen musste. Herrmann fing die Kugel und setzte sie eine Sekunde vor der Schlusssirene per Aufsetzer zum 34:33 (15:14)-Siegtreffer unter die Latte. Danach begruben seine Mitspieler ihren "Opa" unter einem Menschenberg - aus dem die Nummer 20 nach einer kleinen Ewigkeit wieder unbeschadet hervorkam.

"Ich dachte zuerst, der Wurf geht an die Latte. Dann hätte ich nicht aufhören können. Was wäre das für ein Ende gewesen? Doch er ging rein. Das kannst du dir nicht ausmalen", war Herrmann auch Minuten später noch immer fassungslos.


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Handball in Flein ist wie Familie

Seit 20 Jahren ist der Linkshänder eine Institution in der Region. Beim TSB Horkheim startete er kaum volljährig seine aktive Karriere, über die Sport-Union Neckarsulm kam Herrmann vor zehn Jahren zum TV Flein. Nach drei Kreuzbandrissen schien das Ende der Spieler-Laufbahn mehr als absehbar. "Er bekam seinen Spitznamen Opa schon als er mit 27 Jahren bei uns anfing. Acht Mal hat er in der Zeit angekündigt, dass die nächste Saison seine letzte ist", erzählte Mitspieler Marius Braun bei der offiziellen Verabschiedung.

Kai Herrmann im Jahr 2008 im Trikot des TSB Horkheim.
Kai Herrmann im Jahr 2008 im Trikot des TSB Horkheim.  Foto: Veigel, Andreas

"Ich hätte nie gedacht, dass ich noch so lange spielen würde. Handball hier in Flein ist aber etwas ganz besonderes. Das ist nicht einfach ein Verein mit meinen Mitspielern und Freunden, das ist viel enger, wie Familie", sagt der Familienvater Herrmann.

Sandberghalle wird aufgewertet: Trikots hängen unter der Hallendecke

Daher wird er dem TV Flein auch nicht verloren gehen. Schon allein weil sein Trikot künftig die Hallendecke zieren und seine Rückennummer 20 nicht mehr vergeben wird. Ebenso wie das von Eigengewächs Marco Schilpp, der in seinem letzten Spiel für seinen Heimatverein noch einmal fünf Tore vom Kreis erzielte und zum Spieler des Tages gekürt wurde.

Neben Kai Herrmann (links) hört auch Trainer "Rudes" Wagner auf.
Neben Kai Herrmann (links) hört auch Trainer "Rudes" Wagner auf.  Foto: Seidel, Ralf

Mit gerade einmal 30 Jahren hätte er doch noch locker acht Jahre dranhängen können, oder? "Nicht jeder kann so lange spielen wie Kai." Und ohne diesen perfekten Abschluss, hätte der womöglich noch eine Saison drangehängt. "Deswegen musste der letzte Spielzug sitzen. Sonst hätte der zur Vorbereitung wieder hier gestanden", gestand Kroll die wahren Beweggründe hinter seinem Masterplan.


TV Flein: Schniering, Brösch - Ohr, Razmilic, Ziegler (8/3), Herrmann (4), Reichert, Track, Schilpp (5), Stahl (5), Wahl (2), Kachelmuß (1), Ströbel (1), Kroll (8).

Erfolgreichster Werfer SG Lauterstein: Luca Helfrich (7).

Schiedsrichter: Dennis Langer/Frank Zocholl.

Siebenmeter: TV Flein: 3/3; SG Lauterstein: 5/5.

Zeitstrafen: 6/6.

Zuschauer: 350.

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