Schwedische Zwillinge der Heilbronner Falken: "Geraten auch mal aneinander"
Die schwedischen Zwillinge Pontus und Linus Wernerson Libäck blicken im Interview auf die am Sonntag beginnenden Playoffs der Heilbronner Falken. Dabei geht es auch um blindes Verständnis.

Bester Laune setzen sich Linus und Pontus Wernerson Libäck nach dem Donnerstagstraining auf das Sofa im Vorraum der Mannschaftskabine. Die schwedischen Zwillinge haben mit zusammen 179 Scorerpunkten für mächtig Furore bei den Heilbronner Falken gesorgt. Im Interview vor dem Start in die Playoffs mit der Heilbronner Stimme sprechen die 32-Jährigen über das Geheimnis für ihr blindes Verständnis, ihre "berühmte" Heimatstadt und warum ihr Bruder wohl kein Profi bei den Falken wird.
Starten wir mal mit einer ganz einfachen Frage: Pontus, Linus − wer ist eigentlich der große Bruder und hat das Sagen?
Linus Wernerson Libäck: Ich bin der Ältere. Genau eine Minute. Wir wurden per Kaiserschnitt auf die Welt geholt.
Pontus Wernerson Libäck: Eigentlich war das aber anders vorgesehen. Bei einer normalen Geburt wäre ich zuerst da gewesen. Insofern ist Frage alles andere als einfach zu beantworten.
Linus: Offiziell bin ich es.
Pontus: Die Teamkollegen würden ganz sicher auf mich tippen.
Linus: Bestimmt. Pontus ist der forschere Typ.
Auf dem Eis scheinen Sie sich blind zu verstehen. Wissen Sie immer, wo der Zwillingsbruder gerade ist?
Linus: Die meiste Zeit − ja. Das hat natürlich damit zu tun, dass wir schon lange zusammenspielen. Entscheidend ist aber, dass wir uns während des Spiels ständig besprechen.
Pontus: Da geht es in der Regel darum, wie wir offensiv Torchancen kreieren wollen. In der Defensive haben wir ja feste Rollen.
Wie zu hören ist, fliegen zwischen Ihnen aber auch gerne mal die Fetzen. Stimmt das?
Linus: Wir haben hohe Ansprüche, besonders an uns selbst. Daher kann es schon mal passieren, dass wir aneinandergeraten. Meistens bleiben wir aber auf einem anständigen Level.
Pontus: Die Teamkollegen finden es lustig, wenn wir uns anschnauzen. Manchmal kriegt es aber auch Oula ab (Center Oula Uski, Anm. d.Red.).
Übernimmt er die Rolle des gelassenen finnischen Riesen zwischen den verrückten Zwillingen?
Linus: Das trifft es ganz gut. Er ist der große Junge vor dem Tor, stark am Puck, der die Schüsse abfälscht. Wir sind eher die flinken Skater.
Könnten Sie sich vorstellen, mal nicht gemeinsam in einer Mannschaft zu spielen?
Pontus: Wir haben das durchaus schon überlegt, aber es gibt auch Sicherheit, wenn der eigene Bruder ebenfalls im Team ist. Wir machen uns gegenseitig besser und damit auch die Teams, für die wir spielen.
Überraschenderweise wohnen Sie aber nicht zusammen. Warum?
Linus: Anfangs haben wir zusammen in Frankenbach gewohnt, dann haben wir gegenüberliegende Wohnungen in Heilbronn bezogen. Dort habe ich aber auf irgendetwas allergisch reagiert, so dass ich wieder zurück nach Frankenbach bin.
Pontus: Wir sind ja im Alltag schon so viel zusammen, dass es auch ganz gut ist, etwas Freiraum zu haben. Wir sind ja keine 20 mehr.
Warum haben Sie vor vier Jahren entschieden, ins Ausland zu wechseln?
Linus: Wir hingen so ein bisschen fest in der dritten schwedischen Liga. Daher wollten wir was Neues ausprobieren und bekamen die Chance, in Kitzbühel zu spielen.
Sie blieben aber nicht einmal eine Saison.
Linus: Es war dennoch eine gute Erfahrung. Uns fehlte das Selbstvertrauen, dort die Führungsrolle als Importspieler auszufüllen.
Pontus: Zudem war es mitten in der Corona-Zeit. Alles war geschlossen, es waren keine Zuschauer zugelassen. Wir haben in der Zeit aber sehr viel gelernt.
Und daher haben Sie 2022 einen neuen Anlauf in Duisburg gewagt?
Pontus: Ja, so viele Gelegenheiten im Ausland zu spielen, gibt es nicht. Nach Corona hatten wir auch die Chance, die neue Kultur wirklich kennenzulernen.
Sie sind in dem 12 000-Einwohnerstädtchen Söderhamn an der schwedischen Ostküste aufgewachsen. Ist das eine Eishockey-Hochburg?
Pontus: Nein, Bandy* ist dort der populärste Sport. In der Region spielen mehrere Teams in der höchsten Liga. Wir haben natürlich auch gespielt.
Linus: Dass wir beim Eishockey gelandet sind, lag eher an der Familie. Unser Vater und unser Onkel waren schon Eishockeyspieler.
Wussten Sie, dass Söderhamn in Deutschland sehr bekannt ist?
Pontus: Wegen des Ikea-Sofas? (lacht). Ja, das habe ich mitbekommen. Polstermöbel werden wohl immer nach schwedischen Städten benannt. Dabei haben wir nicht mal einen Ikea in Söderhamn.
Ihre Eltern sowie Tante und Onkel waren letzte Woche zu Besuch. Wie hat es ihnen gefallen?
Linus: Sehr gut. Wir waren hier im Steakhouse essen und mittags im Galeria-Restaurant. Einen Tag sind wir nach Heidelberg gefahren, weil sie mal sehen wollten, wo unsere Königin Silvia aufgewachsen ist. Und dann haben sie sich noch das Spiel gegen Stuttgart angeschaut. Es waren drei tolle Tage zusammen.
Sie haben noch einen jüngeren Bruder namens Rasmus. Würden Sie gerne alle drei mal zusammenspielen?
Linus: Das wäre toll. Er spielt aber mehr für den Spaß und ist nicht gerade ein Trainingsweltmeister.
Pontus: Er spielt schlau, hat ein super Spielverständnis. Er geht aber auch sehr gerne Bier trinken.
Wie oft schlüpfen Sie in die Rolle des jeweils anderen?
Pontus: Als wir in Östersund gespielt haben, ließen wir uns mal dieselbe Frisur schneiden. Ich habe mich in der Kabine dann auf Linus" Platz gesetzt, seine Klamotten angezogen. Eigentlich wollten wir unsere Teamkollegen foppen, doch die meisten haben es gecheckt. Dafür ist der Trainer darauf reingefallen, hat mich in sein Büro geholt, um übers Powerplay zu sprechen. Selbst als der echte Linus mit dazu kam, hat er uns weiter mit den falschen Namen angesprochen. Irgendwann konnten wir nicht mehr und haben ihn aufgeklärt.
Dank der unterschiedlichen Frisuren lassen Sie sich aktuell ja ganz gut auseinanderhalten.
Pontus: Zumindest solange man uns zusammen sieht. Trifft man nur einen von uns, wird es deutlich schwieriger.
Am Sonntag starten die Playoffs. Was ist für die Falken möglich?
Linus: In den Playoffs ist immer alles möglich. Es ist ein anderes Spiel, jedes Team ist besser. Du musst mental bereit sein, brauchst aber auch ein bisschen Glück mit Verletzungen. Wir sind in jedem Fall absolut konkurrenzfähig. Der größte Spaß beginnt jetzt erst.
Sie haben erheblichen Anteil daran, dass eine regelrechte Aufbruchstimmung rund um die Falken entstanden ist. Wie nehmen Sie die Fans wahr?
Pontus: Die sind super. Wenn hier in der Eishalle von beiden Seiten gerufen wird, gibt das einen richtigen Energieschub. Wir lieben das. Die Fans sind unser sechster Mann.
Werden sie das auch in der kommenden Saison sein?
Pontus: Alles ist möglich. Wir wollen mit den Falken in die DEL2. Die Chance, dass wir hierbleiben, ist groß.
*Was ist Bandy?
Bandy wird auf einer fußballfeldgroßen Eisfläche mit elf gegen elf und einem Ball statt einem Puck gespielt.

Stimme.de