Marcel Busch: "Ich vermisse das Drumherum in der Kabine"
Neckarsulms neuer Trainer Marcel Busch über seinen Rollenwechsel vom Spieler zum Übungsleiter, Karriereziele und Tippgeber für den neuen Job.

Vom Kapitän auf dem Spielfeld zum Kapitän an der Seitenlinie: Als Trainer-Neuling verantwortet Marcel Busch seit wenigen Wochen den Oberligisten Neckarsulmer Sport-Union.
Am Sonntag beginnt die Punktspielsaison gegen den SV Oberachern (hier geht es zum Vorbericht). Im Interview spricht Busch über seine neue Aufgabe:
Herr Busch, hat der Trainer künftig das letzte Wort in Sachen Kabinenmusik?
Marcel Busch: Nein, die Musikauswahl überlasse ich komplett den Spielern. Die dürfen hören, was sie wollen. Aber klar ist: Das ist nicht meine Musik, die da läuft...
Denn Sie hören ja gerne auch mal Party- und Ballermann-Musik.
Busch: Wenn die Jungs mir jedoch freie Hand lassen, dann werde ich natürlich meine Musik auflegen.
Was ist die größte Herausforderung als Trainer?
Busch: Man stellt es sich als Spieler immer einfacher vor, was ein Trainer so alles macht. Es ist viel komplexer, man versucht jedem Spieler gerecht zu werden. Es gibt unwahrscheinlich viele Grauzonen. Stehe ich es dem Spieler zu, beruflich bedingt im Training zu fehlen? Lasse ich ihn in Urlaub fahren oder ziehe ich daraus Konsequenzen für die Runde? Über solche Sachen macht man sich als Spieler keinen Kopf.
Wie viele Gedanken macht man sich, wenn man vom Mitspieler zum Trainer wird?
Busch: Schon viele. Du hast ja ein freundschaftliches Verhältnis zu den Teamkollegen. Jetzt muss man mitunter unbequeme Entscheidungen treffen. Ich will mir das freundschaftliche Verhältnis zu den Jungs nicht ganz nehmen lassen, auch wenn ich jetzt der Chef bin. Gefühlt ist das kein Problem. Wenn man zu den älteren Spielern gehört, dann ist man ja auch nicht mehr ständig mit den Teamkollegen auf der Piste. Das macht es ein bisschen leichter.
Hilft auch der relativ große personelle Umbruch im Neckarsulmer Kader?
Busch: Der Umbruch war aus vielen Gründen notwendig. Wir konnten in der Rückrunde kaum trainieren, weil immer wieder Spieler gefehlt haben. Wir haben jetzt mehr Spieler, um da wieder Zug reinzukriegen.
Und bei den Neuen ist der Trainer Herr Busch oder Buschi?
Busch: Neuzugang Amin Yazji hat mich lustigerweise lange gesiezt. Das darf er natürlich. Aber ich finde es nicht gut, wenn manche zu mir "Buschi" sagen und die anderen siezen mich. Trainer oder Marcel sagen jetzt die meisten. Langjährigen Mitspielern wie Marc Schneckenberger kann ich das "Buschi" ja nicht verbieten (lacht).
Du oder Sie, macht das einen großen Unterschied?
Busch: Ich befürchte da keinen Autoritätsverlust. Ich versuche eh auf Augenhöhe zu kommunizieren. Aber trotzdem ist klar, dass ich die Entscheidungen treffe. Das geht schon, wenn man das auf offene, ehrliche und transparente Art macht.

Wie sehr fehlt dem Trainer Marcel Busch das Dasein als Spieler?
Busch: Im Moment eigentlich gar nicht. Nur beim Testspiel gegen Walldorf habe ich gedacht: Boah, da hätte ich jetzt Bock mitzukicken. Da hat es schon gekribbelt. Eher vermisse ich das ganze Drumherum in der Kabine mit den Kollegen. Wenn ich spielen will, dann habe ich ja die Freiheit, mich zumindest im Training aufzustellen.
Ist die Spielerkarriere beendet?
Busch: Eigentlich ja. Eigentlich, weil ich noch einen Spielerpass habe und theoretisch im Notfall spielen könnte, falls uns mal vier Verteidiger gleichzeitig ausfallen. In meinem Alter müsste ich jetzt in der Vorbereitung die Grundlagen legen und noch mehr trainieren als die anderen. Das haut nicht hin. Ich würde sicherlich nicht mehr die Leistung bringen wie im vergangenen Jahr.
Soll Neckarsulm der Startpunkt für eine Trainerkarriere sein, die wie als Spieler auch in den Profifußball führt?
Busch: Sag niemals nie. Aber das ist aktuell überhaupt kein Ziel. Erst einmal mache ich den B-Schein, aber langfristig könnte ich mir schon vorstellen, auch irgendwo im Nachwuchsbereich eines Bundesligisten zu arbeiten.
Wie wird denn der Neckarsulmer Fußball der Marke Busch aussehen?
Busch: Es gibt nicht die eine Spielidee, die wir immer durchziehen werden, weil wir beispielsweise gegen Freiberg anders spielen müssen als gegen Spielberg. Wichtig ist mir eine defensive Kompaktheit, dass wir als Team gegen den Ball arbeiten, aber mit dem Ball auch Fußball spielen.
Lautet das Credo eines ehemaligen Abwehrspielers: Die Null muss stehen?
Busch: Überhaupt nicht. In der Vorbereitung haben wir mehr Wert auf das Spiel mit Ball gelegt, weil wir da in der Rückrunde zuletzt so unsere Probleme hatten.

Welche Rolle spielt denn diese schlechte Rückrunde?
Busch: So schlecht unsere Rückrunde war, das Gute daran ist, dass wir wieder demütiger an die Sache herangehen. Wir sind als Aufsteiger im ersten Oberliga-Jahr Dritter geworden, dann waren wir in der Hinrunde zuletzt sogar Erster. Da haben einige im Umfeld gedacht, das geht hier immer so weiter. Dabei haben wir über unserem eigentlichen Niveau gespielt. Unsere Rückrunde war so ein bisschen wie die deutsche Nationalmannschaft bei der WM: Wir sind ja so gut, das klappt dann ja von alleine.
Wo holt man sich als Trainerneuling Tipps? Telefoniert man alle ehemaligen Trainer ab?
Busch: Natürlich hört man sich um. Ich habe mit meinem ehemaligem Pfullendorfer Mitspieler Marcel Rapp gesprochen, der jetzt die Hoffenheimer U19 trainiert. Mein Schwager Alexander Ende ist in Gladbach Co-Trainer der U23. In der Sommerpause ist mir in München zufällig mein Ex-Trainer Marco Kurz über den Weg gelaufen. Er hat mir geraten: Finde deinen eigenen Weg. Das versuche ich jetzt.
Sie sind schon lange im Fußballgeschäft. Was hat sich verändert im Verhältnis Trainer zu Spieler?
Busch: Früher haben Trainer eher durch Angst regiert. Das funktioniert auch heute noch − aber nie langfristig. Du musst die Spieler heute anders mitnehmen. Ich mochte es als Spieler schon immer, wenn ich auch das Gefühl hatte, dass meine Meinung wichtig ist.
Was ist das NSU-Ziel für die Saison?
Busch: Wenn wir relativ schnell gesichert sind, dann bin ich zufrieden. Ob das am Ende Rang zwölf oder sieben ist, das ist dann erst einmal nicht so wichtig. Die Liga wird so ausgeglichen und eng zusammen sein, dass man da keine konkrete Platzierung als Ziel ausgibt.
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