Safety first: Southgates England riskiert gegen Dänemark einfach nichts
Im von den Fans stimmungsvoll umrahmten Frankfurter Duell spielt Titel-Mitfavorit England gegen Dänemark nur 1:1. Harry Kane trifft früh, dann wird das englische Spiel allerdings behäbig.

Ein Höllenloch hat sich nicht aufgetan. Hier nicht und dort nicht. Das britische Boulevardblatt "Sun" hatte das Frankfurter Bahnhofsviertel in seiner Vorab-Berichterstattung als "den gefährlichsten Slum Deutschlands" bezeichnet, "randvoll mit 5000 schlurfenden Junkies und 300 Dealern". Übertitelt war die Geschichte mit der Zeile: "Uefa schickt Three-Lions-Fans ins Höllenloch".
So schlimm war es nun wirklich nicht. Und das Stadion steht weit außerhalb, drumherum ist der Stadtwald. Kein Slum, kein Höllenloch. Aber höllisch wenig englischer Offensivfußball. Eine Schande angesichts des enormen Potenzials im EM-Kader. "Wir stehen ganz vorne in der Tabelle. Wir müssen etwas Positives mitnehmen", sagte Kyle Walker.
Dänemark gegen England bei der EM 2024: Kane kommt mit ein bisschen Glück an den Ball
Harry Kane schoss England in der 18. Minute in Führung. Ein Abstaubertor aus fünf Metern. Auf der linken dänischen Abwehrseite hatte Victor Kristiansen gepennt. Kyle Walker nutzte das und bereitete den Treffer zum 1:0 vor. Kane kam mit ein bisschen Glück an den Ball und hatte dann keine Mühe, erfolgreich zu vollenden.
Aus 28 Metern Distanz sorgte Morten Hjulmand in der 34. Minute fürs 1:1, völlig verdient, denn die Engländer spielten viel zu passiv. Hjulmand zog einfach mal ab. Und der Ball ging an den Innenpfosten und dann ins Tor.
"England on fire!" hatten die Fans von der Insel immer wieder gesungen. Aber das stimmte dann gar nicht mehr. Bräsig waren die Engländer auf dem Platz geworden, ohne Dynamik nach vorne. Die Dänen blieben dran, machten weiter Druck. Das englische Team wirkte in dieser Phase ziemlich hilflos.
Englands Trainer Southgate wird nach dem Spiel wieder in der Kritik stehen
In der 56. Minute fiel beinahe das 2:1 für die "Three Lions". Phil Foden traf aus 20 Metern den Pfosten. In der 85. Minute schoss Pierre-Emile Höjbjerg knapp rechts an Jordan Pickfords Tor vorbei. Das 1:1-Unentschieden ging in Ordnung.
Der englische Trainer wird nach diesem EM-Spiel wieder einmal in der Kritik stehen. Gareth Southgate hatte nach dem mühevollen 1:0-Sieg gegen Serbien auf Änderungen verzichtet. Er schickte seine Mannschaft ohne Wechsel im 4-2-3-1-System aufs Feld. Southgate setzt bei den großen Turnieren vorrangig auf defensive Stabilität, statt mit seinem riesigen Pool an Offensiv-Assen Vollgas zu geben. Das missfällt namhaften Experten.
Kein Tempo, kein Risiko, kein Glanz – England nur Unentschieden gegen Dänemark
Auch von den Fans im Stadion gab es Pfiffe. Die Safety-first-Strategie stößt auf Unverständnis. Kein Tempo, kein Risiko, kein Glanz. Immer wieder Querpässe statt Tiefenläufe. Bei den Dänen war der torgefährliche Spielgestalter Christian Eriksen der herausragende Mann beim letztlich enttäuschenden Auftakt-1:1 gegen Slowenien gewesen. Er schoss das Tor, er führte Regie. Drei Jahre nach seinem Herzstillstand bei der EM 2021 widersprach seine Leistung allen Kritikern, die ihn vor der EM auf dem absteigenden Ast gewöhnt hatten. Im Duell mit England war er unauffälliger.
Es war ein sehr stimmungsvolles Fußballerlebnis in der Frankfurter Arena. Die Fanmassen auf beiden Seiten sorgten mit ihren Unterstützungsgesängen für Gänsehautmomente. Revanchegedanken spielten am Donnerstag auch eine Rolle. Bei der Europameisterschaft 2021 hatte England im Halbfinale durch ein 2:1 nach Verlängerung den dänischen Erfolgslauf beendet.
Die Fans der Teams hatten den Tag über in der Frankfurter Innenstadt für Partystimmung gesorgt. In Rot die Dänen, in Weiß die Engländer. Höllenlöcher? Nicht zu sehen.