Wehmut und Hoffnung bei den Schaustellern und Marktbeschickern
Der erneute Ausfall des Heilbronner Volksfestes trifft die Branche hart. Die Schausteller setzen nun auf Weihnachtsmärkte.

In normalen Zeiten hätten viele fleißige Hände dieser Tage auf der Heilbronner Theresienwiese aufgebaut, eingerichtet und dekoriert. Das große Festzelt wäre mit Girlanden geschmückt und bereit für den großen Ansturm. Wilde Maus und Thunder Road warteten auf wagemutige Fahrer und an den Losbuden und Schießständen wären die Regale prall gefüllt, mit Plüschtieren, Spielzeug und Plastikrosen.
Teststation statt Festzelt
Ab 17 Uhr hätte sich am Freitag, 9. Juli, der Volksfestplatz schnell mit Gästen in Dirndl und Lederhosen gefüllt, ehe der Heilbronner Oberbürgermeister Harry Mergel um 18 Uhr das erste Fass Volksfestbier ansticht. Doch es sind keine normalen Zeiten, schon gar nicht Volksfestzeiten. Auf der Theresienwiese ist derzeit eine Corona-Impfstation eingerichtet, während die Fahrgeschäfte, Losbuden und Festzelte eingemottet sind und die Branche um ihr Zukunft fürchtet. "Es ist nicht schön", fasst Karl Maier die Situation der Schausteller und Marktbeschicker zusammen.
Normalerweise stünde der Festwirt in diesen Tagen zusammen mit seiner Frau Daniela gut gelaunt im 3000 Mann fassenden Festzelt und wäre in seinem Element. Das Bier würde in Strömen fließen und die knusprigen Göckele gingen weg wie warme Semmel. "Wir hatten das Heilbronner Volksfest schon komplett durchgeplant und alle Schausteller verpflichtet, aber letztendlich war es richtig, diese Entscheidung so zu treffen, auch wenn es schwerfällt", macht Karl Maier klar, der seit 1998 in zweiter Generation Generalpächter des Heilbronner Volksfestes ist. 1955 hatte sein Vater Karl, genannt Göckelesmaier, das große Festzelt auf der Heilbronner Theresienwiese erstmals organisiert.
Die Verträge laufen weiter
"Im vergangenen Jahr war die Absage noch schlimmer", erinnert sich Maier an seine Gefühle im Sommer 2020. Er hofft nun, dass wenigstens die Weihnachtsmärkte stattfinden. "Darauf setzen auch viele Schausteller, die sich derzeit so gut es geht über Wasser halten", betont Maier. Eine Entscheidung darüber muss spätestens im Oktober fallen. Trotz der schwierigen Lage will er sich die Motivation fürs kommende Jahr nicht nehmen lassen. "Die Verträge für das Fest in Heilbronn laufen weiter, das motiviert uns, im nächsten Jahr wieder durchzustarten", sagt Karl Maier.
15 Monate im Lockdown
Die Motivation hat auch Hannelore Schröter-Wagner noch nicht verloren, auch wenn es manchmal schwer fällt. "Die Schausteller und Marktkaufleute fühlen sich zur Zeit nicht besonders gut. Die hat es hart getroffen", betont die 72-Jährige.
Seit 15 Monaten ist die Branche praktisch lahmgelegt, Erholungsphasen wie in der Gastronomie und im Einzelhandel gab es für die Schausteller nicht. "Ich gehe davon aus, dass es viele in der Branche erwischen wird, ähnlich wie in der Gastronomie", fürchtet die Ehrenpräsidentin des Landesverbands der Schausteller und Marktkaufleute Baden-Württembergs. Wie Karl Maier setzt auch die Heilbronnerin darauf, dass Weihnachtsmarkt und Winterdorf in gewohntem Rahmen stattfinden können, genauso wie der Pferdemarkt im kommenden Februar. "Diese Feste sind nicht nur für uns wichtig, sondern sie verbinden auch Tradition mit der Zukunft", ist die Gastronomin überzeugt.
Von den Städten und Kommunen fordert sie "mehr Mut, jetzt auch wieder kleinere und größere Veranstaltungen zuzulassen".
Und sie erinnert an die Pläne der Stadt Heilbronn, anstelle des Volksfestes kleinere Aktionen und Märkte in der Innenstadt zuzulassen. "Warum machen wir nicht einen kleineren Krämermarkt in der Stadt?", schlägt Schröter-Wagner vor. "Das sind doch die Dinge, die den Menschen wirklich fehlen", ist die Heilbronnerin überzeugt.