Die anderen Spiele: Olympia unter Pandemie-Bedingungen
Angesichts der Corona-Pandemie finden die Olympischen Spiele (23. Juli bis 8. August) in Tokio unter strengen Regeln statt, wie sie die Sportwelt bisher noch nicht gekannt hat. Wer sich nicht daran hält, muss harte Strafen fürchten.
Sogar Kaiser Naruhito sorgt sich. Er teilt die Bedenken vieler seiner japanischen Untertanen vor einer Ausbreitung des Coronavirus während Olympia. Die Spiele als Superspreader-Event? Noch bis zum 11. Juli befindet sich die Millionen-Metropole in einem Notstand light. Nach etwa zwei Monaten sind die strengeren Notstands-Regeln zwar aufgehoben worden, seither verzeichnet die Hauptstadt jedoch wieder zunehmende Neuinfektionen. Die Verantwortlichen und auch Thomas Bach, der Präsident des Internationalen Olympischen Komitees (IOC), beteuern zwar seit Wochen, dass alles „sicher ablaufen werde“, ein geplanter Besuch des 67-Jährigen aus Tauberbischofsheim ist dennoch verschoben worden. Am 8. Juli gaben die Olympia-Verantwortlichen bekannt, dass die Spiele endgültig ohne Zuschauer ablaufen werden.
Misstrauensantrag abgeschmettert
IOC-Vizepräsident John Coates ist bereits da. Eine seiner schwierigsten Missionen mit den Olympia-Machern bis zur Eröffnungsfeier am 23. Juli ist es, die breite Masse noch für die Spiele zu begeistern. Die ursprüngliche Vorfreude ist nach der Verschiebung um ein Jahr durch Corona und den massiven Mehrkosten dramatisch gesunken. Ein Misstrauensantrag der japanischen Oppositionsparteien gegen das Kabinett von Regierungschef Yoshihide Suga ist allerdings abgeschmettert worden.

Bisher sind noch bis zu 10.000 einheimische Zuschauer bei allen Wettkämpfen oder maximal die Hälfte der Plätze in den Arenen erlaubt. Eine kurzfristige Änderung ist jedoch nicht ausgeschlossen. Geisterspiele sind „eine von unseren Optionen“, sagt die Olympia-Organisationschefin Seiko Hashimoto und spricht davon, flexibel bleiben zu müssen. Wie schon beim Fackellauf, der zahlreiche Gebiete ausspart oder zumindest von den öffentlichen Straßen verbannt worden ist. Einzig in kleinen Inselgebieten ist dies anders.
Wer die Regeln bricht, wird hart bestraft
Ausländische Fans dürfen ohnehin nicht einreisen. Die ersten Athletinnen und Athleten hingegen sind schon vor Ort. Für sie und alle noch folgenden Gäste gilt, sich zwingend so zu verhalten, wie es im Corona-Regelwerk, dem sogenannten Playbook, strikt vorgeschrieben ist. Die dritte und finale Version umfasst satte 70 Seiten und sieht bei Verstößen Geldbußen, Disqualifikationen, einen Ausschluss bis zur Ausweisung aus Japan vor. Zur effizienten Kontrolle ist eigens eine Disziplinarkommission eingerichtet worden.
Während Medienschaffende in Tokio keine Metro oder andere öffentliche Verkehrsmittel nutzen dürfen und sich einzig in einem eng gesteckten (und überwachten) Korridor zwischen ihren zuvor Corona-zertifizierten Hotels, den Wettkampfstätten und dem Medienzentrum bewegen dürfen – und dies in einem sogenannten Activity Plan minutiös für den Fall einer Rückverfolgung angeben müssen – haben auch die Athleten, Trainer und Betreuer zahlreiche Auflagen zu erfüllen. So werden sie, unabhängig von einer vollständigen Impfung täglich auf das Virus getestet, müssen in der Öffentlichkeit überall Maske tragen und dürfen sich nur in zugewiesenen Fahrzeugen bewegen. Auch Essen ist für alle nur an bestimmten Orten mit Anti-Corona-Maßnahmen oder in den Unterkünften möglich.

40.000 Impfdosen als Beschleuniger
Für die Olympia-Mitarbeiter wird derzeit das Impfprogramm beschleunigt. Der US-Riese Pfizer hat mit Japans Regierung eine Verdoppelung der Impfdosen auf nun 40.000 vereinbart. Thomas Bach wirbt unter den Beteiligten weiterhin tapfer für eine noch höhere Impfbereitschaft. Seinen Angaben zufolge seien derzeit 84 Prozent der Mitglieder in den ausländischen Delegationen gegen Corona geimpft. „Das zeigt den tiefen Respekt vor den japanischen Gastgebern“, meint Bach.
Die Olympischen Spiele verschlingen Milliarden Euro – und sollen durchgezogen werden. Auch, weil es für die Japaner wichtig ist, ihr Gesicht zu wahren. Der Spaßfaktor wird jedoch wie der Gedanke eines Festes für die Sportwelt weitgehend auf der Strecke bleiben.Am 8. Juli gaben die Olympia-Organisatoren endgültig den Ausschluss aller Zuschauer von den Wettbewerben in Japans Hauptstadt bekannt.