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Brauchen wir noch den Muttertag? Pro & Contra

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Jahr für Jahr steht er am zweiten Sonntag im Mai im Kalender: der Muttertag. Für kleine Kinder, die Tage zuvor für Mama gemalt und gebastelt haben, eine nette Sache. Doch den allerbesten Ruf scheint er nicht zu haben. Längst wird dieser Ehrentag von der Blumen- und Geschenkeindustrie instrumentalisiert. Brauchen wir noch den Muttertag?

von Sarah Arweiler und Alexander Klug
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Blumen sind ein beliebtes Geschenk zu Muttertag.
Blumen sind ein beliebtes Geschenk zu Muttertag.  Foto: Patrick Pleul (dpa-Zentralbild)

Pro von Alexander Klug

Abgesehen davon, dass der Muttertag auf die Frauenbewegung in Großbritannien und den USA im späten 19. Jahrhundert zurückgeht: Warum soll es ein Problem sein, an dem Tag namens „Muttertag“ speziell an die Mütter zu denken? Vielleicht erinnert sich ja der eine oder andere just an diesem Tag daran, dass er sich schon lange nicht mehr bei seiner Mutter gemeldet hat und nimmt das Telefon zur Hand. Ältere Kinder kochen vielleicht etwas zusammen für ihre Mutter, ein jüngeres Kind schreibt eine Karte, mit dem Kleinsten malt Papa ein Bild für Mama. Es wird doch niemand zu etwas gezwungen, weder im kommerziellen noch im ideologischen Sinn: Kein Blumenstrauß oder Geschenk muss gekauft, kein Restaurantbesuch (ja, früher gab es so etwas noch) erzwungen, keine feministische Errungenschaft diskreditiert werden. Wer sich, aus welchem Grund auch immer, nicht für seine Mutter oder all das, was sie im Laufe der Jahre so alles für ihr Kind getan hat, interessiert, kommt ja vielleicht an diesem Tag auf die Idee. Und wenn nicht, passiert ihm auch nichts.

Sicher, die Kommerzialisierung ist nicht zu übersehen. Aber deswegen der netten Idee den Garaus zu machen, halte ich für überzogen. Am Ende kommt noch jemand auf die Idee, das Muttertags-Pendant an Christi Himmelfahrt in Zweifel zu ziehen – nur, weil ihn wahrscheinlich Brauereiunternehmern bei Berlin ins Leben gerufen haben: den Vatertag. Das wäre ja noch schöner.

Contra von Sarah Arweiler

Mal ehrlich: Wer seine Mama liebt und sich ihr dankbar zeigt, braucht der dafür wirklich einen offiziellen Tag im Kalender? Oder anders gesagt: An 364 Tagen im Jahr wird es als selbstverständlich hingenommen, dass Mama nie eine Bitte ausschlägt und jederzeit bereit ist, zu unterstützen und zu helfen. Und plötzlich am Muttertag kommt man morgens mit einem Strauß Blumen von der Tankstelle um die Ecke – bei jenen darf doch die Ernsthaftigkeit dieser Geste bezweifelt werden. Wer die liebevolle Fürsorge seiner Mutter als Geschenk wertschätzt und ihr Tag für Tag Gleiches zurückgibt, der braucht diesen Tag so dringend wie den Tag des Butterbrotes am 25. September. Die Kommerzialisierung kurz vor Muttertag ist kaum noch zu ertragen. Von sämtlichen Blumen- und Kitschläden winken Herzchen und Bärchen, die uns daran erinnern: Bald ist Muttertag. Hast du schon das passende Geschenk? Am Muttertag wird angeblich weltweit mehr Geld für Schnittblumen ausgegeben als am Valentinstag.

Betrachtet man den geschichtlichen Hintergrund des Muttertags, also jene Zeit, in der sich die Mütter ganz und gar für Kinder und Familie abrackerten und das als ihre persönliche Erfüllung sahen (eigene Bedürfnisse - Fehlanzeige), da will der Muttertag doch auch nicht mehr so recht in unsere Zeit passen. Der Alltag moderner Familien, in denen sich Mütter und Väter gleichermaßen für die Fürsorge ihrer Kinder verantwortlich fühlen, ist mit diesem altbackenen Rollenbild kaum noch vergleichbar. Soziologen fordern schon länger einen Elterntag statt dem Muttertag. Das wäre heute zutreffender. Übrigens: Die Nazis verstanden es bestens, den Muttertag zu glorifizieren und besonders kinderreiche Mütter zu feiern – ein weiterer Grund, diesen Tag aus dem Kalender zu streichen.

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Kommentare

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Rainer Haseneder am 03.05.2021 21:06 Uhr

Ich empfinde den Muttertag als eine Zäsur und einen Anlass zum Innehalten.
Mütter geben gerne und dauernd, auch das Leben.
Wir Männer geben letzteres Nicht. Es ist wie ein extra Geburtstags“tag“.
Frau Arweiler:
Die Nazis haben übrigens auch die lateinische Schrift eingeführt.
Ja, in der damaligen Zeit wurde Kinderreichtum anders bewertet als heute, das war so, und die Zeiten ändern sich.
Warum soll das jetzt das Begehen des Muttertages belasten ?
Den Vatertag, so wie wir ihn Deutschland begehen, fand ich schon immer dämlich; den kann man ruhig aufhören zu begehen.
Ich brauche keinen Vatertag, um Alkohol zu konsumieren.
Ich hätte zur Güte einen Alternativvorschlag, damit es was zu debattieren gibt:
Lieber den Weltfrauentag abschaffen.
Wer ist dafür ?
Leider kann ich den Muttertag nicht mehr feiern,
aber ich muss den Frauentag ertragen.
Ich gäbe einiges, wenn es andersrum sein dürfte.
Jetzt mal im Ernst:
Ist diese Muttertagsdebatte jetzt ein vorgezogenes Sommerloch ?
Mit freundlichen Grüßen
Rainer Haseneder

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