Vier Bürgermeisterinnen aus der Region berichten
Frauen sind an den Rathausspitzen in Baden-Württemberg noch immer eine Seltenheit. Das zeigt sich auch in Heilbronn und Hohenlohe, wo es 68 Bürgermeister und vier Bürgermeisterinnen gibt. Wir haben sie gefragt, warum das so ist.
Die Region aus Heilbronn, Landkreis Heilbronn und Hohenlohekreis zählt 68 Gemeinden. Doch nur vier Frauen stehen an der Spitze des Rathauses in ihrer Gemeinde. Wir haben vier Bürgermeisterinnen aus der Region gefragt, warum das so ist.
Heike Schokatz, seit 2007 Bürgermeisterin in Gundelsheim
Im Studium saß Heike Schokatz noch mit hunderten Frauen im Hörsaal. Bürgermeisterin ist von 600 Studierenden jedoch nur sie geworden. "Ich habe mich auch schon gefragt, woran das liegt", sagt sie. Allzu fern liegen die Gründe laut Schokatz nicht: "Man arbeitet oft 60 Stunden in der Woche, an sieben Tagen. Das ist nicht wirklich familienfreundlich."

Vor 13 Jahren habe sie weder Familie noch Eigentum gehabt, als sie erstmals zur Bürgermeisterin von Gundelsheim gewählt wurde, erzählt die 47-Jährige. In anderen Bereichen sei es einfacher, Beruf und Familie unter einen Hut zu bringen. "Dazu kommt, dass man sich als Frau häufiger als ein Mann hinterfragt."
Im Wahlkampf sei ihr Geschlecht damals ein Thema gewesen. "Ich war 33 Jahre alt, ohne Partner. Trotzdem wurde ich gefragt: Was passiert, wenn Sie schwanger werden? Ich habe scherzhaft geantwortet: Dafür brauche ich erstmal einen Mann!" Inzwischen hätten sich die Zeiten jedoch geändert, weiß Schokatz, Bürgermeisterinnen kämen vermehrt schon im Alter zwischen 20 und 30 Jahren ins Amt. "Für die jungen Kolleginnen ist das erfreulich."
Sie selbst macht auch Termine am Wochenende gern und versucht, ihre Familie einzubinden. "Andere Kollegen sagen, sie hätten gerne einen Tag frei in der Woche. Das kann ich auch verstehen."
Eine Frauenquote lehnt Heike Schokatz ab. "Wenn ein Mann die bessere Qualifikation vorzuweisen hat, dann entscheide ich mich für den Mann." Dennoch ermutigt sie Frauen, etwa bei einem Praktikum im Rathaus, sich für politische Ämter zu bewerben. "Die Frauen müssen sich einfach trauen und sich auf solche Positionen bewerben. Es scheitert viel zu oft daran, dass talentierte Frauen ihre Bewerbung nicht in den Ring werfen."
Sarina Pfründer, seit 2010 Bürgermeisterin in Sulzfeld

Warum gibt es so wenige Bürgermeisterinnen? Diese Frage wird Sarina Pfründer häufig gestellt, denn sie unterrichtet an den Verwaltungshochschulen in Kehl und Ludwigsburg. "Ich frage die Frauen dann einfach selbst, ob sie Bürgermeisterin werden wollen." Meist würden Frauen dann sehr zurückhaltend reagieren, berichtet die 40-Jährige. "Männer trauen es sich viel eher zu." Angesichts vieler Absolventinnen müsste die Zahl der Bürgermeisterinnen eigentlich höher sein, sagt Pfründer.
Die Gemmingerin wurde vor zehn Jahren als jüngste Bürgermeisterin des Landes in Sulzfeld gewählt. "Der wichtigste Aspekt ist die Vereinbarkeit von Familie und Beruf", weiß Pfründer aus Gesprächen. Durch die vielen Termine abends und am Wochenende sei das Bürgermeisteramt jedoch "nicht gerade familienfreundlich".
Einerseits habe sich die Erwartungshaltung der Bevölkerung inzwischen geändert. Auch Männer gingen nun öfter in Elternzeit, manche Termine könne ein Stellvertreter übernehmen. Andererseits sei man als Rathauschefin einer größeren Kommune nach wie vor permanent im Einsatz. "Ich muss mir ein Netzwerk bauen, das die Kinderbetreuung im Notfall übernimmt. Ich kann nicht wegen jedem Schnupfen daheim bleiben."
Eine "Vollzeitmama" sein, das käme für Sarina Pfründer nicht infrage. "Ich habe da großen Respekt davor, ich will das nicht abwerten." Ihr Amt und die Familie zu vereinen, sei jedoch keine leichte Aufgabe, erzählt sie: "Mein stressigster Tag ist der Freitag: Da komme ich nach Hause, fahre die Kinder in den Sport oder zur Jungschar, koche und mache den Haushalt." Das Bürgermeisterin-sein legt sie dabei nicht ab: "Ich habe das Handy immer dabei, wenn mir jemand etwas sagt."
Warum gibt es trotzdem so wenige Frauen an der Rathausspitze? "Ich denke, die größte Hemmschwelle sind die Frauen selbst", sagt Pfründer. "Jeder kann sich als Bürgermeister bewerben. Viele Frauen ergreifen die Chance aber nicht und stehen lieber zurück." Zwar gebe es gewisse Hürden, doch die Chancen seien durch die gute Ausbildung für Männer und Frauen gleich. Und: "Auch wir Frauen haben inzwischen Netzwerke aufgebaut", meint Pfründer.
Diana Kunz, seit 2020 Bürgermeisterin in Zaberfeld

Als Diana Kunz im Frühjahr zur Bürgermeisterin von Zaberfeld gewählt wurde, hat ihr Geschlecht keinerlei Rolle gespielt. "Ich möchte das nicht so hoch hängen", erzählt sie. "Ich bin gegen drei männliche Kollegen angetreten und nicht einer hat gesagt: Toll, dass du das als Frau geschafft hast. Es sollte ganz normal sein, dass eine Frau Bürgermeisterin ist."
Bisher sei die Bürgermeisterin "leider" noch keine Normalität, gibt Kunz zu. Gerade mal 8,2 Prozent der Gemeinden im Land werden von Frauen geleitet. "Irgendwo müssen die weiblichen Diplom-Verwaltungsfachwirtinnen ja verlorengehen."
Dennoch ist Kunz froh, dass es keine Frauenquote in Gemeinden gibt. "Sonst wäre ich ja eine Quotenfrau." Für die Bewerbung zur Bürgermeisterin gelte dasselbe wie für Führungskräfte: "Das muss jede Frau für sich selbst entscheiden. Man trifft Entscheidungen, die das Leben komplett auf den Kopf stellen."
Sie kann sich vorstellen, dass viele Frauen nicht gerne im Fokus stehen. "Man steht vom einen Tag auf den anderen komplett in der Öffentlichkeit. Mag sein, dass das nicht jede Frau möchte." Das Argument, dass keine Zeit mehr für die Familie bleibt, stimmt laut Kunz jedoch nicht. "Diese Freizeit muss man sich nehmen." Natürlich komme es vor, dass man auch mal zu Hause Unterlagen liest, erzählt die 48-Jährige.
Vorbehalte oder Anfeindungen hat sie bisher noch nicht erlebt. "Auch nicht von den männlichen Kollegen. Das ist ein tolles Verhältnis auf Augenhöhe." Das gelte auch für die Arbeit mit den 12 männlichen Gemeinderatsmitgliedern. "Ich hatte nie das Gefühl, dass ich nicht ernst genommen werde." Diana Kunz rät Frauen, sich die Verantwortung zuzutrauen. "Man muss sich der Aufgabe stellen und sich bewerben. Dann hat man die gleichen Chancen wie männliche Bewerber."
Sabine Rotermund, seit 2014 Bürgermeisterin in Schwaigern

Für das Amt als Bürgermeisterin in Schwaigern wollte Sabine Rotermund erst antreten, nachdem die Kinder groß waren. Seit 2014 ist sie Chefin im Rathaus von Schwaigern und hat diese Entscheidung nicht bereut. "Für mich ist es einer der abwechslungsreichsten Berufe, den ich mir vorstellen kann. Aber er erfordert ein hohes Maß an Arbeitsbelastung und Zeit, bringt eine hohe Verantwortung mit sich, mit sehr unregelmäßigen Arbeitszeiten."
Sie freue sich, wenn mehr junge Frauen sich dazu motivieren, als Bürgermeisterin zu kandidieren. Sie selbst möchte dafür ein Vorbild sein: "Es ist wichtig, junge Frauen zu motivieren und ein Vorbild und ein Wegbereiter zu sein. Das gilt auch für andere Führungspositionen." Ganz praktisch braucht es dafür aus Rotermunds Sicht gute Betreuungsangebote für Kinder und die Möglichkeit, in Teilzeit zu arbeiten. "Wenn sich Frauen auf unsere Stellen bewerben, sind die grundsätzlich teilbar. Wir ermöglichen unseren Mitarbeitern auch eine Rückkehr aus Teilzeit."
Natürlich sei man als Bürgermeisterin viel unterwegs. "Wenn man bürgernah sein möchte, ist das so." Außerdem stehe man immer in der Öffentlichkeit: "Wenn man in der Stadt unterwegs ist, ist man als Bürgermeisterin unterwegs." Auch im Wahlkampf sei sie gefragt worden, wie sie Amt und Familie vereinbaren will, erzählt Rotermund. Sie könne sich vorstellen, dass das mit Familie nicht einfach sei. "Aus meiner Sicht ist es deshalb unabdingbar, dass die Familie hinter einem steht.
Das Rathaus und der Gemeinderat seien eine "Männerdomäne", dessen müsse man sich bewusst sein. Rotermund ist jedoch überzeugt, dass Frauen "genauso qualifiziert sind wie Männer". "Wir bringen die gleichen Qualifikationen und Voraussetzungen mit und müssten uns das zutrauen, für solche Funktionen zur Verfügung zu stehen."