Stimme+
Wochenthema
Lesezeichen setzen Merken

Die Parteien und der Klimaschutz

   | 
Lesezeit  5 Min
Erfolgreich kopiert!

Am 26. September wird ein neuer Bundestag gewählt. In fast allen Wahlprogrammen taucht das Thema Klimaschutz prominent auf - wenn auch mit teils sehr unterschiedlichen Gewichtungen. Ein Überblick.

   | 
Lesezeit  5 Min
Foto: julia_arda/stock.adobe.com
Foto: julia_arda/stock.adobe.com  Foto: Foto: julia_arda/stock.adobe.com

Der Klimawandel: Fast keine Partei kommt in ihrem Wahlprogramm zur Bundestagswahl mehr an diesem Thema vorbei. Dennoch gibt es deutlich wahrnehmbare Unterschiede in der Gewichtung. Hier eine kurze Einordnung zu den jeweiligen Positionen der Parteien, ohne Anspruch auf Vollständigkeit.

 

CDU/CSU

„Aus irgendeinem Grund ist das Klimathema plötzlich zu einem weltweiten Thema geworden.“ Diesen Satz sagte Unions-Kanzlerkandidat Armin Laschet am Abend der Europawahl 2019. Er verfolgt ihn seitdem, suggeriert er doch zumindest eine gewisse Naivität gegenüber dem dominierenden Thema unserer Zeit. 

Im ausführlichen Programm der Union zur Bundestagswahl taucht der Klimaschutz an einigen Stellen auf, etwa unter der Überschrift „internationaler Klimaschutz zur Bewahrung der Schöpfung“. Punkt 3 widmet sich mit dem Aspekt „Neuer Wohlstand – mit nachhaltigem Wachstum zum klimaneutralen Industrieland“.  Auffällig dabei: Wirtschaft und Arbeitsplätze werden an erster Stelle genannt, erst im zweiten Satz fallen Schlüsselworte wie Nachhaltigkeit und Klimaschutz: 

„Wir werden unsere Wirtschaft wieder in Schwung bringen und für sichere und zukunftsfähige Arbeitsplätze sorgen. Dabei verbinden wir nachhaltiges Wachstum, Klimaschutz und soziale Sicherheit miteinander.“

Die CDU, so lässt sich das Programm an vielen Stellen lesen, will die Energiewende vor allem marktwirtschaftlich gestalten. Mit welchen konkreten Umsetzungsschritten das unterlegt sein soll, diese Frage beantwortet sie jedoch nicht. Ausbauziele für Erneuerbaren Energien mit konkreten Zahlen und Daten fehlen zum Beispiel. Sie steht auch weiter zum späten Ende der Kohle – das letzte Kraftwerk soll erst sieben Jahre vor Erreichen der Klimaneutralität im Jahr 2045 abgeschaltet werden.  

„Unkonkret“, „Stillstand“, „Weiter-so-Politik“, lauten entsprechend einige der Kritiken. Auch aus den eigenen Reihen, von der Klimaunion, gibt es Gegenwind. Die Klimaneutralität müsse deutlich vor dem von der Union angepeilten Jahr 2045 kommen, heißt es beispielsweise von Wiebke Winter, Vorstandsmitglied der CDU und Mitgründerin der Klima-Union. Die Klima-Union formuliert sogar: 

„Leider sind die Klimaziele des Wahlprogramms weder Paris-konform, noch erfüllen sie den Auftrag des Bundesverfassungsgerichts.“ 

Im Kurzprogramm der Union, den „Kernpunkten“, taucht das Thema Klimaschutz gar nicht als gesonderter Punkt auf.


SPD

Das Umweltressort wird in der aktuellen Bundesregierung von SPD-Ministerin Svenja Schulze geleitet. Diese hatte lange Zeit einen schweren Stand innerhalb der Koalition. Mit schöner Regelmäßigkeit wurden Vorhaben von Schulze kassiert – etwa als es Ende 2019 um ein Tempolimit ging. CSU-Verkehrsminister Andy Scheuer tat das als „Verbotspolitik“ ab und setzte sich mit seiner Ablehnung durch.

Mehr konkrete Maßnahmen zum Klimaschutz sollen es in der nächsten Legislaturperiode werden, das sieht zumindest das SPD-Wahlprogramm vor. „Alle reden über Klimaschutz, wir legen los“, heißt es bei den Sozialdemokraten. Tatsächlich nennt die Partei eine Reihe konkreter Wegmarken wie den Ausbau Erneuerbarer Energien auf einen Anteil von 65 Prozent bis 2030, mehr Geld für den öffentlichen Nahverkehr und günstigere Bahntickets. Auch „klare Regeln“ will sie einführen – wie das Verbot klimaschädlicher Ölheizungen ab 2026 und eine verpflichtende Energieberatung für Gebäudebesitzer. Jährlich soll es eine Überprüfung der Zwischenziele geben – und ein Nachsteuern bei Bedarf. 

Die SPD dürfe nicht grüner werden, als die Grünen es sind, hatte der einstige SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel einmal gesagt. 

Doch genau das geschehe in Sachen Klimaneutralität, lautet eine Kritik. Die Sichtweise der Grünen ist eine andere: „Beim Klimaschutz reichen schöne Absichtserklärungen nicht. Gerade da müssen wir klar sagen, was wir tun wollen und bis wann wir es tun wollen“, sagte beispielsweise der Bundesgeschäftsführer Michael Kellner als Reaktion auf die SPD-Pläne. 


AfD

Der Slogan der AfD zur Bundestagswahl: „Deutschland, aber normal“. Auf ihrer Homepage spricht die Partei von einer „nicht bewiesenen Hypothese eines allein menschengemachten Klimawandels“. Diese werde genutzt, um die Industrie planwirtschaftlich umzubauen, gewachsene Kultur- und Naturlandschaften rücksichtslos zu zerstören und Freiheiten zu beschneiden. Eine Haltung, mit der sie innerhalb des Spektrums der im Bundestag vertretenen Parteien allein dasteht. Von ihr kommen passend dazu Forderungen wie „den ländlichen Raum und Wald vor Windrädern bewahren“ oder „die CO2-Steuer abschaffen“.


FDP

Auch die FDP bekennt sich „ausdrücklich zu dem Ziel aus dem Pariser Abkommen, die Erderwärmung auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen“, wie es in ihrem Programm mit der Überschrift „Nie gab es mehr zu tun“ heißt. Das Ziel erreichen will sie mit einer marktzentrierten Klimaschutzpolitik, die im Wesentlichen zwei Komponenten hat: Einen EU-Emissionshandel, der „schnellstmöglich auf alle Sektoren und geographisch“ ausgeweitet werden soll. Außerdem mit neuen Technologien und Innovationen, die dazu führen sollen, „Energie bezahlbar umwandeln und gleichzeitig das Klima schützen zu können“. 

Klimaschutz durch neue Technologie und Emissionshandel also. Was FDP-Chef Christian Lindner mit Blick auf die Klimapläne der EU-Kommission kategorisch ablehnt, ist ein Verbot von Verbrennungsmotoren. Die Bundesregierung dürfe dem nicht zustimmen, so der Parteichef. „Das Ziel der Klimaneutralität des Verkehrs muss mit der Offenheit für alle Technologien erreicht werden."  


Linke 

Klimagerechtigkeit: Das Wort kommt prominent im Slogan der Partei für die Bundestagswahl vor, dieser lautet: "Zeit zu handeln! Für soziale Sicherheit, Frieden und Klimagerechtigkeit".

Im Wahlprogramm heißt es: "Die ökologische Krise ist die große Überlebensfrage des 21. Jahrhunderts. Gleichzeitig ist sie eine Klassenfrage."

Klima und Gerechtigkeit - diese Themen sind für die Partei eng verknüpft. Die Linke will eine „sozial gerechte Klimawende“ und das schnellere Ende der Nutzung fossiler Energieträger. Dafür plant sie große Investitionsprogramme, massive Verschuldung und weitreichende staatliche Eingriffe. Ein großer Unterschied zu den anderen Parteien: Die Linke lehnt höhere CO2-Preise für Verkehr und Gebäude ab. Das sei klimapolitisch unwirksam und unsozial, sagte der Klimaexperte der Linksfraktion, Lorenz Gösta Beutin, der "taz". Viele Vorstellungen ähneln den Ideen der Fridays-for-Future-Bewegung, zum Beispiel die der Klimaneutralität bis 2035. Den Kohleausstieg wollen die Linken auf 2030 vorziehen, bis 2035 wollen sie 100 Prozent Ökostrom erreichen.

Es sei das "radikalste Programm gegen die Erderhitzung" urteilen Beobachter. Die Linke "fische im Lager der Grünen", befand etwa der "Spiegel". 


Grüne 

Bereits im März haben die Grünen den Entwurf ihres Wahlprogramms für die Bundestagswahl vorgestellt und im Juni verabschiedet. Klar an erster Stelle stehen darin die Themen Klimaschutz und Begrenzung der Erderwärmung. 

„Es ist Zeit für eine Klimaschutzregierung“ ist eine der Kernaussagen. Das Thema zieht sich in einer Reihe von Politikfeldern durch das Programm, die Partei ist dabei meist ambitionierter als Mitbewerber und unterlegt es mit konkreten Maßnahmen. So soll Deutschland in 20 Jahren klimaneutral sein, 2034 sollen 100 Prozent erneuerbare Energien erreicht werden, 2030 soll der Kohleausstieg vollendet sein. In vier Jahren soll es 1,5 Millionen Solardächer mehr geben.  

Erreichen will die Partei das mit einer Mischung aus verschiedenen Maßnahmen: Verbote, Investitionen, Förderprogramme und dem CO2-Preis. Konkret sollen jährlich 50 Milliarden Euro in die „sozial-ökologische Transformation und sichere Arbeitsplätze“ investiert werden, es soll eine eine Mobilitätsgarantie für den ländlichen Raum und mehr Radwege geben. 

Die Kritik des politischen Gegners am Grünen-Klimaschutzprogramm: Es werde Vieles teurer, „der kleine Mann“ könne sich eine solche Politik nicht leisten. Das richtet sich vor allem gegen die Pläne zur CO2-Preis-Erhöhung. Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock hatte gegenüber der „Bild“-Zeitung von einem Plus von 16 Cent mehr pro Liter Benzin gesprochen und sich damit einem Dauerbeschuss von Union und SPD ausgesetzt. 

Auch die Grüne Jugend monierte, in den aktuellen Debatten über das Ende von Verbrennungsmotoren, Braunkohleverstromung oder Kurzstreckenflügen fehle es an Konzepten, die sicherstellten, „dass der Wandel nicht auf dem Rücken der Lohnabhängigen ausgetragen wird“. Eine weitere Einordnung vonseiten des Grünen-Europaabgeordneten Rasmus Andresen: Das Programm vertrete zwar die Interessen von Menschen mit wenig Einkommen, aber dieses „Gerechtigkeitsprogramm“  müsse verständlicher kommuniziert werden.

 

Hier geht es zu den vollständigen Wahlprogrammen der Parteien zur Bundestagswahl.

Kommentar hinzufügen

Kommentare

Neueste zuerst | Älteste zuerst | Beste Bewertung
Keine Kommentare gefunden
  Nach oben