Deutschland jubelt: Erinnerungen an die EM-Triumphe 72, 80 und 96
Wie war das, als die deutsche Fußball-Nationalmannschaft 1996, 1980 und 1972 Europameister wurde? Ein persönlicher Rückblick.
Es ist ganz schön lange her. Die Bundestrainer hießen Helmut Schön, Jupp Derwall und Berti Vogts, als die deutschen Fußballer 1972, 1980 und 1996 die EM-Endspiele gewannen. Demnächst, 25 Jahre nach dem letzten Triumph, versucht es Joachim Löw, den vierten EM-Titel der DFB-Geschichte zu erobern.
1996

Da ist der Oli. Der Bierhoff. Natürlich. Die Erinnerung ist sehr lebendig, und bei YouTube kann man das Geschehen jederzeit aufleben lassen. Oliver Bierhoffs Golden Goal im Finale der Fußball-Europameisterschaft 1996, das deutsche 2:1 gegen den Außenseiter Tschechien, die Entscheidung, der Jubel, die Ekstase. Hach!
Der Fußballfan Ö. hat damals allerdings zurückhaltend gefeiert. Er war in jenem Juni des Jahres 1996 in England im Urlaub. Dort also, wo die EM-Endrunde stattfand, wo Deutschland den dritten kontinentalen Titel nach 1972 und 1980 holte.
Jaja, es war großartig, dass die DFB-Auswahl das Endspiel im Londoner Wembley-Stadion durch Oliver Bierhoffs Golden Goal in der 95. Minute gewonnen hatte. Aber in dem Pub, in dem das Finale übertragen wurde, waren verdammt viele betrunkene Engländer drin. Und den EM-Gastgeber England hatte die deutsche Elf im Halbfinale im Elfmeterschießen aus dem Turnier geworfen. Also: stille Freude, kein Triumphgehabe.
Bierhoff war im Finale erst in der 69. Minute eingewechselt worden. Da stand es 0:1, die Tschechen lagen vorne. Aber in der 73. Minute sorgte der Mittelstürmer Bierhoff fürs 1:1. Und dann: das allererste Golden Goal, sowas gab es vorher noch nicht, dass ein Finale, das in die Verlängerung geht, durchs erste Tor unmittelbar entschieden wird. Schluss, Aus. Oli unsterblich. Eine segensreiche Tat für die Fußballnation des heutigen DFB-Direktors mit Nationalmannschafts-Zuständigkeit.
1980

Noch eine Finaljubelerinnerung, deutlich verblasster, der Fußballfan Ö. war damals erst zwölf Jahre alt. Und noch eine Mittelstürmererfolgsgeschichtenerinnerung. Beim deutschen 2:1-Endspielsieg gegen Belgien war es Horst Hrubesch, der mit zwei Toren zum Matchwinner wurde. In der 88. Minute fiel das Siegtor. Auch dieses Kopfballmonster-Ding, ein typisches Hrubesch-Tor, lässt sich ohne Probleme bei YouTube ausfindig machen.
Am 22. Juni 1980 fand das Finale von Rom statt. Und auf den Fernsehbildern von damals erkennt man schnell, wie sehr sich der Fußball seitdem doch gewandelt hat. Aber immer noch gilt: Das Runde muss ins Eckige. Und Horst Hrubesch hat das mit einer Wucht getan, die ihn unvergesslich macht.
Der Bub Ö. aber, das muss eingestanden werden, hat damals weniger für den Stürmer des Hamburger SV geschwärmt, das ist eher Bewunderung aus heutiger Fußballreporter-Sicht. Anno 1980 war für den jungen Fan des VfB Stuttgart wichtig, dass die Helden der Brustring-Truppe, also Hansi Müller und Karlheinz Förster, am besten auch noch Bernd Förster gefälligst Stammplätze in der deutschen Nationalmannschaft haben mussten. Bundestrainer Jupp Derwall stand da gewaltig unter Druck - ob er es jemals gemerkt hat, der "Häuptling Silberlocke"?
1972

Als am 18. Juni 1972 das EM-Finale in Brüssel stattfand, war Ö. viereinhalb Jahre alt. Das Interesse für den Fußball war zu diesem Zeitpunkt bei null. Aber schwuppdiwupp, es geht ja ganz schnell, das Geschehen von damals zu rekapitulieren, denn im Gegensatz zur paneuropäisch ausgetragenen Europameisterschafts-Endrunde des Jahres 2021 mit ihrem aufgeblähten Teilnehmerfeld wurde die Endrunde 1972 von nur vier Mannschaften ausgespielt.
Am 14. Juni ging es los, am 18. war nach dem Finale zwischen Deutschland und der Sowjetunion schon alles vorbei. Torschützenkönig wurde der deutsche Bomber Gerd Müller, dem es als einzigem Spieler in der Endrunde gelang, mehr als ein Tor zu schießen. Müller schaffte es vier Mal. Zwei Tore beim 3:0 im Endspiel, zwei Tore im Halbfinale gegen Belgien.
Einen Empfang in der Heimat gab es nicht. Günter Netzer, so kann man es nachlesen, war am Finalabend bereits wieder in seiner Disco „Lovers Lane" in Mönchengladbach. Die Prämie pro Kopf betrug 10.000 Mark, die selbstverständlich noch versteuert werden mussten.
2021 wäre ein vierter deutscher EM-Titelgewinn ein Ereignis ganz anderer Dimension. Der Fußballfan Ö. glaubt nicht dran, dass es so kommen wird. Aber er würde sich freuen, o ja.