Als Mitglied der Baugenossenschaft kommt man zur eigenen Immobilie
Sie gelten als die demokratischste Unternehmensform: Die Genossenschaften. Mehrere Unternehmen bieten besondere Mietwohnungen an. Die Genossenschaften dämpfen die Mietpreise in der Region.
Mehrere Baugenossenschaften vermieten in der Region Hunderte Wohnungen. In gewisser Weise besitzen die Mieter die Immobilie, in der sie wohnen: Als Mitglied ihrer Genossenschaft sind sie Eigentümer des Unternehmens und entscheiden mit über die Ausrichtung ihrer Firmen. Sie stimmen über Jahresabschlüsse ab und wählen Mitglieder in den Aufsichtsrat. Genossenschaften gelten als urdemokratisch: Jedes Mitglied hat eine Stimme.
Die Mitglieder stehen für Genossenschaften im Fokus
"Genossenschaften bieten mehr als Wohnen", ist Anton Varga überzeugt. Der Geschäftsführer der Baugenossenschaft Familienheim Eppingen betont: "Sie sind eine starke Gemeinschaft, die Sicherheit und Heimat gibt, gerade in schwierigen Zeiten wie diesen." Beruhigend sei die Zusicherung, so Anton Varga, dass das Wohnen auch in bewegten Zeiten für die Genossenschaftsmitglieder sicher bleibe. "Bei uns muss kein Mieter fürchten, dass er wegen der Corona-Krise seine Wohnung verliert." Die Genossenschaftsidee sei heute so aktuell wie bei der Gründung im Jahr 1947: "Nicht die Rendite, sondern die Mitglieder stehen im Fokus", betont der Eppinger. "Wir sorgen für guten, sicheren Wohnraum zu bezahlbaren Mieten."
Oft gelten Baugenossenschaften als jene Firmen, die günstigen Wohnraum schaffen. Das stimmt nur zu einem Teil, da Baugenossenschaften unterm Strich wie jedes Unternehmen auch auf die Zahlen achten muss. Allerdings schielen Baugenossenschaften nicht auf hohe Dividenden für unbekannte Großaktionäre. Bei der Eppinger Baugenossenschaft liegt die durchschnittliche Miete je Quadratmeter bei 5,28 Euro, im jüngsten Neubau bei 9,50 Euro je Quadratmeter.
Baugenossenschaften machen nicht überall mit
Herausforderungen bleiben. Dazu gehört für Anton Varga, "Wohnraum im Einklang mit der sozialen Verantwortung zur Verfügung zu stellen". Wie wichtig hier die Kommunen sind, zeigt ein Beispiel aus Eppingen. Bewusst hat sich Anton Varga dagegen entschieden, mit dem Familienheim Eppingen an einer Ausschreibung der Stadt teilzunehmen.
Im Quartier "Zylinderhof III" sollen aus Sicht der Stadt 100 Wohneinheiten entstehen, attraktiver und bezahlbarer Wohnraum. Anton Varga hat nichts gegen die vorgeschriebene Sozialbauverpflichtung, wonach 25 Prozent der Geschossfläche dafür vorgesehen sein muss. Dort dürfen für 25 Jahre nur Personen mit Wohnberechtigungsschein wohnen. Anton Varga stört allerdings die Vorgabe, dass über all die Jahre die Stadt ein Belegungsrecht an diesen Wohnungen erhält. Der Vermieter habe nur das Recht, Vorschläge abzulehnen, "wenn der oder die Vorgeschlagene offensichtlich von der Personenstruktur das Sozialgefüge der Wohnungseigentümergemeinschaft stören würde oder nicht solvent ist". Das jedenfalls steht in der Ausschreibung der Stadt.
Städte und Gemeinden entscheiden übers Baurecht, wie teuer das Wohnen wird. Sind Tiefgaragen erforderlich, treibt das die Baukosten eines neuen Gebäudes in die Höhe. Die Gesamtinvestition entscheidet aber am Ende darüber, wie hoch die Miete ausfällt.
Die steigenden Baukosten sind eine Herausforderung
Die Gewo aus Heilbronn besitzt zahlreiche Immobilien in der Stadt und im Landkreis Heilbronn, die Baugenossenschaft Familienheim Mosbach ist im nördlichen Landkreis vertreten. Die Heimstättengemeinschaft Neckarsulm/Heilbronn mit Gebäuden in der Region weiß ebenfalls, wie wichtig die Kommunen als Partner sind. "Genossenschaften dämpfen die Mietpreise", sagt Sven Wöpe, der als geschäftsführender Vorstand das Unternehmen zusammen mit Stefanie Ballmann als zweites Vorstandsmitglied führt. Aus Sicht Wöpes sind die steigenden Bau- und Energiekosten die Herausforderungen, mit der die Heimstättengemeinschaft umgehen muss. "Wir können uns dem Markt nicht entziehen." Zurzeit liegt der durchschnittliche Mietpreis bei 6,14 Euro je Quadratmeter, in einem Neubau in Neckarsulm-Amorbach sind 8,25 Euro zu bezahlen.
Das Problem: Alles zu zahlen, das kommt aus Sicht der Genossen nicht infrage. Deshalb ist es für das Unternehmen mit Sitz in Neckarsulm wichtig, dass Städte und Gemeinden mit im Boot sind. Beispiel Neubau: Grundstücke kauft die Genossenschaft zurzeit nur von kommunaler Seite. "Wir können keine vernünftige Fläche auf dem freien Markt erhalten", sagt Sven Wöpe. Die Preise seien einfach zu hoch.
Der Obstbaum soll bleiben
Die Heimstättengemeinschaft Neckarsulm/Heilbronn investiert zurzeit in Neubauten in Heilbronn-Böckingen sowie in Neuenstadt-Cleversulzbach, außerdem wird der Bestand saniert. Gerade bei einem Objekt in Neckarsulm zeigt sich, wie sehr Genossenschaften die Mieter am Herzen liegen: Ein Interessent bat, während der Bauarbeiten den Obstbaum im Garten zu erhalten. Die Heimstättengemeinschaft gibt ihr Bestes. Vorstand Sven Wöpe betont: "Wenn man nur nach dem Geld schaut, würden wir viele Entscheidungen so nicht treffen."