Ehe, Familie, Freunde, Verein: Beziehungen viermal anders
Mutter und Tochter, Großeltern und Enkel, Sportfreunde und Geschwister: Wir stellen funktionierende Beziehungen von Hohenlohern vor, die erzählen, was sie zusammenhält.
Allein auf einer einsamen Insel? Tatsächlich hat Corona vielen gezeigt, dass das, wovon man in stressigen und lauten Momenten träumt, auf Dauer eine eher einsame und monotone Angelegenheit ist. Der Mensch ist ein soziales Wesen. Die meisten Menschen blühen auf in Gesellschaft, sehnen sich nach einer funktionierenden Partnerschaft, pflegen soziale Kontakte. Die einen mehr, die anderen weniger.
Und wir wissen auch: Die Menschen, mit denen wir uns umgeben, die machen uns zu dem Menschen, der wir sind. Klar ist auch: Nicht jede Beziehung funktioniert. Sonst gäbe es keine Scheidungen. Nicht jede Familie hat einen schönen Umgang. Sonst bräuchte es keine Therapeuten. Nicht jeder Verein funktioniert reibungslos. Und jeder kennt, abgesehen von der Kelly Family, mindestens noch eine Band, die nicht ihr Leben lang beisammen geblieben ist. Die Gründe für dysfunktionale Beziehungen sind mannigfaltig.
Selten trifft einen allein die Schuld, wenn Wege sich trennen. Das kann belastend sein. Umso lohnenswerter ist der Blick auf funktionierende Beziehungen. Um vier Varianten stellen wir hier vor: um Mutter-Tochter (es könnte ebenso gut Vater-Sohn sein), um Großeltern und Enkel, um Sportfreunde und um Geschwister. Sie alle erzählen, was ihre Beziehung so besonders macht.
Eine Mutter-Tochter-Beziehung aus Zweiflingen

Rosen schneiden, Plätzchen backen, kochen, Shoppen gehen oder einen Ausflug machen – all das sind Dinge, die Sabine Schönberger-Kyre (56) und ihre Mutter Erika Beier (82) sehr gern zusammen machen. Beide sind extrem froh darüber, sich so gut zu verstehen. „Sabine ist immer für mich da“, sagt Erika Beier. Wenn sie mal krank sei, was zum Glück nur selten vorkomme, dann kümmere sich ihre Tochter. „So, wie sie sich auch immer um mich gekümmert hat und immer für mich da war“, sagt die Tochter und erinnert an die Zeit, als ihre zwei Jungs klein waren und ihre Mutter sie sehr unterstützte. Das bekommt die Mutter und Oma heute mehrfach zurück: Wenn Sabine Schönberger-Kyre zu ihren Kindern und Enkeln fährt, dann packt sie ihre Mutter oft mit ins Auto.
Die Familie ist beiden sehr wichtig und oft das Thema der Gespräche. „Meine Enkel und Urenkel sind mein Ein und Alles“, sagt Erika Beier. Und ihre Tochter erklärt, warum die Beziehung zwischen den Frauen so eng ist, „obwohl wir so unterschiedlich sind. Aber wir gehen vielleicht gerade deswegen so liebevoll und respektvoll miteinander um“. Wenn sie die Mutter anruft, dann fragt sie meist zuerst: „Und? Alles o.k. bei Dir?“ Kommt sie zu ihrer Mutter, dann will die oft wissen: „Hast Du schon was gegessen?“ Alles miteinander besprechen zu können, das macht für sie die Beziehung aus. Klar gehe man sich mal auf die Nerven. Aber nie lange. Sie wissen viel zu gut, was sie aneinander haben, dass sie sich zu hundert Prozent aufeinander verlassen können. Und weil Mutter eben die besten Linsen kocht.
Eine Opa-Enkel-Beziehung aus Dörzbach

Sie wohnen nah zusammen im kleinen Dörzbacher Teilort Laibach. Das genießen die Enkel wie die Großeltern. Am liebsten kommen sie, um mit dem Opa zu schaffen, wie sie sagen, oder mit der Oma, einer gelernten Erzieherin, zu spielen. Zum Schaffen, berichtet Lasse, geht es meist raus, mit dem Bulldog. Aber auch in der Werkstatt sind die Jungs gern und oft. Im Winter, berichtet Opa Josef Heßlinger (71) hat er mit allen Enkeln – es gibt noch zwei weitere in Niedernhall – Vogelhäuser gebastelt. Und Lotta findet es auch prima, mit der Oma Weihnachtsplätzchen zu backen. Lasse (11), Emil (9) und Lotta (4) haben noch ein ganz besonderes Hobby, das sie mit dem Opa verbindet: Alle spielen sie diatonische Handharmonika.
Die meisten sind deutsche Honer. Lasse hat aber ein ganz besonders Modell, eine steirische Handharmonika. Lasse hat schon mit fünf Jahren angefangen zu spielen. Mit ihm hat Josef Heßlinger bereits beim internationalen Knöpfletreffen in Hagenau gespielt. „Der älteste Teilnehmer dort war 94, der jüngste war Lasse“, erinnert sich der stolze Opa. Es war ein lukrativer Nachmittag für Lasse: Er und sein Opa bekamen besonders viel Applaus und Lasse musste anschließend noch einzeln an den Tischen spielen und bekam ganz schön viel Trinkgeld.
Viel Zeit verbringen Heßlingers mit ihren Enkeln, oft auch mit allen fünf zusammen. Josef Hesslinger bedauert, dass er nicht mehr Zeit für seine Kinder hatte, als die klein waren. Doch als Ortsvorsteher und Hausmeister beim Landratsamt mit der Landwirtschaft im Nebenerwerb war immer was zu tun. Das holt er jetzt nach.
Sportfreunde aus Künzelsau
Zwei, dreimal die Woche sieht man Bernd Knoll (59) und Martin Frank (61) flotten Schrittes ihre Runde drehen. Seit 2016 mindestens gehen die beiden Sportsfreunde zusammen Walken. „Das hat sich so ergeben“, erinnern sie sich an die gemeinsame erfolglose Zeit in den 1980er Jahren in der Tennismannschaft. Sie haben auch Freizeit- und Ausdauersport gemacht. Und als Martin Frank mit dem Rad auf den walkenden Bernd Knoll traf, da haben die beiden Selbständigen beschlossen, dass sie auch zusammen Laufen gehen können. Acht Kilometer lang ist die Hausrunde, beginnt in Künzelsau und führt bis hoch ans Wehr bei Kocherstetten und zurück.
An guten Tagen („mit wenig Schwätzen“, Frank) sind die beiden in einer Stunde und 15 Minuten zurück. Sonntags werden auch neue Wege erkundet, das kann zweieinhalb Stunden dauern. Klar, dass unterwegs über Gott und die Welt, Fußball, Corona und die Liebe geredet wird. Es gibt kein Thema, das es nicht gibt. Zu Beginn der Pandemie hatten sie sich überlegt, wie damit umgehen, erinnert sich Martin Frank. „Wir waren aber schnell sicher, dass wir was falsch machen, wenn wir nicht raus gehen“, ergänzt Bernd Knoll.
Fixe Lauftage haben sie nicht, doch beide sind dank ihrer Berufe flexibel. „Wir wollen das beibehalten, so lange es geht“, sagt Martin Frank. „Das ist unser Ziel“, ergänzt Bernd Knoll. Und so sind es die Künzelsauer gewöhnt: „Wenn mal nur einer von uns läuft, werden wir gleich gefragt, was mit dem anderen ist“, erzählt Martin Frank lachend. Er wüsste es. Denn: „Eigentlich haben wir täglich Kontakt.“
Die Beziehung zwischen Geschwistern aus Bretzfeld

Als Birkert-Bande sind sie so etwas wie die Kelly-Family aus Hohenlohe: Benedikt (15), Antonin (17), Florentin (19), Constantin (20) und Emily (21) sind nicht nur Geschwister, sondern auch Bandmitglieder. Wie lange schon? Eigentlich immer, sagt Constantin. Denn schon als sie noch klein waren, hat die Mutter mit ihnen musiziert. Als Birkert-Bande treten sie seit drei Jahren auf. „Musik ist etwas, das uns verbindet“, erklärt Florentin.
Er hat gerade sein Freiwilliges Soziales Jahr absolviert und zieht zum Studium nun auch nach Stuttgart – in die WG, in der auch seine Schwester und weitere Musiker wohnen. Er wird wie Emily Musik auf Lehramt studieren. Constantin studiert auch in Stuttgart, allerdings Elektro- und Informationstechnik. Benedikt und Antonin gehen noch zur Schule. Seit sie nicht mehr alle daheim wohnen, sehen sich die Geschwister nicht mehr so oft, verstehen sich deshalb aber nicht weniger gut. Früher habe schon mal einer beim Proben schlechte Laune gehabt, erinnert sich Florentin. Jetzt nicht mehr.
Die Jungs, sagt Constantin, treffen sich jeden Abend online, spielen und quatschen. Das machen sie schon seit der Schulzeit so, auch mit ihren Freunden. Die Liebe zur Musik ist bei allen gleich. Sonst seien sie sehr verschieden: Benedikt der Freche, Antonin der Quatschmacher, Florentin der, der bei den Proben schaut, dass alle fokussiert bleiben, Emily die Vernünftige und Constantin der, der die Ideen auf den Weg bringt. Wo sie in zehn Jahren sein wollen? „Als Birkert-Bande, alle fünf zusammen, professionell, das wäre unser Traum.“