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Bad Wimpfen
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Wo einst Mönche beteten

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Wer ein Kloster nur mit Mönchen verbindet, ist heutzutage völlig falsch gewickelt: Mit Kreuzgang, idyllischem Garten, Schänke und zahlreichen Kursangeboten wie Yoga ist das Kloster in Bad Wimpfen längst nicht mehr nur ein Ausflugstipp für Gläubige.

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Klosterleiter Rüdi Peteroff hat bei der Arbeit im Kloster viele Menschen kennengelernt. "Es gibt die unterschiedlichsten Gründe, die die Menschen zu uns führen", berichtet er. Entsprechend vielfältig ist das aktuelle Angebot im Kloster Bad Wimpfen.
Fotos: Mario Berger
Klosterleiter Rüdi Peteroff hat bei der Arbeit im Kloster viele Menschen kennengelernt. "Es gibt die unterschiedlichsten Gründe, die die Menschen zu uns führen", berichtet er. Entsprechend vielfältig ist das aktuelle Angebot im Kloster Bad Wimpfen. Fotos: Mario Berger  Foto: Berger, Mario

"Es kommen ganz normale Leute, um sich zu erholen, um Ruhe und zu sich selbst zu finden", weiß Klosterleiter Rüdi Peteroff. Die Klosteranlage in Bad Wimpfen im Tal ist aber nicht nur Anlaufstelle für Stressgeplagte. Auch Geschäftsleute, die einmal in ein Leben im klösterlichem Rhythmus mit Gebet und geistlichen Impulsen eintauchen möchten, buchen sich hier ein.

Pilger schneien des Öfteren auf der Suche nach einer günstigen Übernachtungsmöglichkeit vorbei, denn das Kloster im Bad Wimpfener Tal liegt auf dem Jakobsweg. Den idyllischen Klostergarten mit Brunnen und Rosensträuchern nutzen Studenten, um sich auf Prüfungen vorzubereiten. Wieder andere buchen Yoga-Stunden oder das Ikonenschreiben - Kurse, die von Externen innerhalb der Klosteranlage angeboten werden. "Es gibt die unterschiedlichsten Gründe, die die Menschen zu uns führen", so Peteroff.

Besondere Atmosphäre

Das Kirchenfenster der Ritterstiftskirche zeigt 76 bunte Motive aus der Bibel.
Das Kirchenfenster der Ritterstiftskirche zeigt 76 bunte Motive aus der Bibel.  Foto: Berger, Mario

Mönche leben längst nicht mehr in der Anlage, doch die besondere Atmosphäre ist immer noch spürbar. 2008 haben die Malteser den geschichtsträchtigen Ort im Tal von Bad Wimpfen übernommen und regelmäßig weiterentwickelt. Heute schlürft man dort einen Kaffee, wo früher Pferde behuft wurden. Die sogenannte Klosterschänke wurde im November 2018 fertiggestellt.

Die Maßnahme wurde von örtlichen Handwerksbetrieben durchgeführt. Zu Nicht-Coronazeiten sei die Schänke sehr gut besucht gewesen: "Das war ein Hit, viele Radtouristen sind gekommen. Der Neckartalradweg geht ja hier direkt vorbei."

Die letzte große Maßnahme wurde im April 2019 vollendet: Seitdem stehen den Gästen neben 29 Zimmern im Kloster auch 14 neue im Gästehaus mit Dusche und WC zur Verfügung. Die Ausstattung ist einfach und ohne viel Schnickschnack. Einige Zimmer haben jedoch einen direkten Blick auf den Neckar und den Blauen Turm.

Türwächterin Baldriana

Markus Blüm berät die Gäste im Klosterlädchen zu Weihrauch und Kerzen.
Markus Blüm berät die Gäste im Klosterlädchen zu Weihrauch und Kerzen.  Foto: Berger, Mario

Wer das Klosterlädchen besuchen will, muss erstmal an ihr vorbei: Baldriana. Die übergewichtige Klosterkatze hat seit Jahren ihren Stammplatz an der Türschwelle zum Laden. Regelmäßig wird sie von den Besuchern mit den Worten bedacht: "Solch´ ein entspanntes Leben hätte ich auch gern." Zwischen Weihrauchmischungen, Taufkerzen und Monastic Dry Gin, der klösterlichen Mauern entsprungen ist, steht Markus Blüm hinter einem Holztresen. Seit 2005 leitet er den Klosterladen und berät die Besucher zum Angebot im Laden. "Die am häufigsten gestellte Frage ist: Wie alt ist die Kirche?", verrät Blüm.

Angrenzend an das Kloster wächst nämlich die Ritterstiftskirche als imposantes Zeugnis der Frühgotik empor. "Der Vorraum stammt aus dem 10. Jahrhundert, das Kirchenschiff aus dem 13. Jahrhundert", löst Markus Blüm die Frage auf. Regelmäßig führt er Gäste des Klosters durch das Ritterstift. Wer einige Tage im Kloster verbringt, kann dabei auch an den Gebetszeiten und den Messen teilnehmen. "Die Kirche eignet sich hervorragend zum Singen. Schon zwei bis drei Personen reichen aus, um den ganzen Raum zum Klingen zu bringen", schwärmt Blüm.

Mit Leinöl bepinselt

Klosterbesucher können an Gebetszeiten und den Messen teilnehmen.
Klosterbesucher können an Gebetszeiten und den Messen teilnehmen.  Foto: Berger, Mario

Das Chorgestühl aus dem 13. Jahrhundert ist aus Mooreiche geschnitzt "und wurde noch nie saniert", betont Blüm. Um es in Schuss zu halten, werde es lediglich mit Leinöl bepinselt. "Das hat schon vor 1000 Jahren gut geholfen."

Über den Kreuzgang - übrigens der breiteste seiner Art in Deutschland - gelangt man in den idyllisch angelegten Klostergarten. Zwischen Vogelgezwitscher und dem Plätschern des Brunnens kommt man zur Ruhe. Dass das Konzept, das Kloster für alle zu öffnen, funktioniert, sieht Leiter Rüdi Peteroff durch die Einträge im Gästebuch bestätigt. "Die Menschen gehen hier anders wieder weg."

Kloster auf Zeit

Ein Angebot ist das "Kloster auf Zeit - Ora et labora". Dabei können Gäste das Leben im Kloster einige Tage hautnah miterleben. Sie nehmen an Gebeten teil, führen Gespräche mit Geistlichen und verrichten kleinere Tätigkeiten wie die Lackierung des Chorgestühls. Der Tagesplan ist geregelt. Vor jedem gemeinsamen Essen wird beispielsweise gebetet, und es gibt handyfreie Zonen. "Die Struktur kommt bei den Gästen gut an", weiß Rüdi Peteroff. Die Verpflegung findet über das Kloster statt. "Die verwendeten Produkte stammen aus der Region." 

 
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