Hessigheimer Felsengärten sind nicht nur ein Paradies für Kletterer
Diese Aussicht ist schwer zu toppen: Von den Felsengärten bei Hessigheim reicht der Blick weit hinein ins Neckartal. Wir waren auf dem ursprünglichen Pfad unterwegs.

Natürlich, die Menschen wissen, wo es schön ist. Und dort ziehen dann alle besonders gerne hin. So werden die schönen Orte schnell ganz schön voll. Allgemein, aber vor allem in diesen Zeiten, ist zu viel Nähe mit zu vielen Fremden nicht unbedingt das, was man sich wünscht. Das gilt auch auf dem herrlich schmalen und ursprünglichen Pfad durch die Hessigheimer Felsengärten, der schnell zum Ausweichmanöver wird. Muss er aber nicht. Ruhig und friedlich findet man den Ort vor, wenn man früh morgens kommt. Oder dann, wenn sich ein warmer Spätsommertag dem Ende neigt und man der Sonne weit hinten im Westen beim Untergehen zusehen kann.
Am besten startet man von oben
Dann nämlich ist kein Pilgern mehr auf dem beliebtem Terrain angesagt. Dann gehört dieses herrliche Fleckchen Erde den Genießern. Unten am Neckar stehend, mit Blick hinauf zu den imposanten Muschelkalkfelsen und grünen Weinbergen. Oder noch besser: anders herum. Vom Wanderparkplatz der Felsengärten sind es nur wenige hundert Meter auf ebener Strecke, bis man hoch oben über dem Neckar thront, vor sich mächtige Felstürme liegend, die sich längs einer Kluft vom Hang gelöst und ein Stück talwärts geneigt haben. Tief unten der Fluss. Endlos.
Nichts für Menschen mit Höhenangst

Und es geht ordentlich hinunter. Nichts für Höhenängste. Aber allgemein sollte sich keiner zu nah an die senkrecht wegbrechenden Kanten wagen. Es sei denn, man ist gesichert. Das sind hier viele, denn die Hessigheimer Felsengärten gelten als kleines Kletterparadies. Auch an diesem Abend. Nicht ein einziger Spaziergänger ist unterwegs, aber an den Felsen, da hängen die Sportler. Je nach ausgewählter Wand geht es ganz schön anstrengend nach oben. Die waagerechten Fugen zum Greifen sind nur wenige Zentimeter hoch, wer hier auf einen der Felskolosse klettert, braucht Kraft und Geschick. Der Ausblick, der schließlich wartet, ist redlich verdient.
Bereits seit den 1920er Jahren steigen laut Deutschem Alpenverein Alpinisten diese steilen Wände hinauf und bereiten sich so auf ihre Touren in den Alpen vor. Und das auf mittlerweile 130 Kletterrouten vom 3. bis zum 9. Grad - damit sind die Felsengärten noch immer wichtiges Trainingsgebiet für Kletter-Anfänger und -Fortgeschrittene.

Glücklich werden aber auch Ungesicherte: Denn auf manche, stolz in die Höhe ragende Steinriesen, gelangt man auch ganz ohne Kletterei über einen kleinen Fußweg. Der führt erst ein Stück nach unten an die schattigen Felsfüße und schließlich - mit herrlichem, aber ungefährlichem Kraxelgefühl - über schmalen Naturpfad wieder nach oben.
Und dann? Ist es still. Die Kletterer hängen konzentriert und leise in der Wand. Einzig ein leises Rauschen der Autos zieht von der parallel zum Fluss verlaufenden Straße nach oben. Aber sonst? Nichts. Nur das weite Tal, der ruhig dahinziehende Neckar, in dem ein Hund freudig Erfrischung findet, und ein kleines Schlauchboot, das sich seinen Weg bahnt. Kein Wunder, dass die Felsengärten gerade an den Wochenenden ein beliebtes Ausflugsziel sind.
Nun kann man sich entscheiden: setzen und die Abendsonne genießen oder die paar Meter wieder hinabsteigen und einen kleinen Streifzug entlang der schattigen Felswände in der Kluft unternehmen. Mauerraute und Braunstieliger Streifenfarn wachsen hier, Eidechsen huschen entlang der Ritzen und Efeu-Sträucher ranken sich die Steine empor. Und für Kinder ist das Revier ohnehin ein wildes Urwald-Paradies.
Weiterziehen oder lieber bleiben?

Doch selbst wer nicht den Weg auf den Fels oder hinein in die Kluft sucht, wird seinen Glücksmoment finden. Auch wenn der Naturpfad, den man vom Parkplatz aus so leicht erreicht hat, nur einige hundert Meter lang ist, ehe er sich hinab ins Tal und in Richtung Felsengartenkellerei schlängelt, bietet er doch nicht minder herrliche Fernblicke, Sicht auf die Steillagen, die unzähligen Schrebergärten mit ihren prall gefüllten Obstbäumen und den blauen friedlichen Neckar weit, weit unten. Mancher Busch rankt sich wie ein Fensterrahmen, durch den man in die Heimat blickt. Und sie ist wirklich bezaubernd schön hier. Grund genug jedenfalls, Platz auf einer der Bänke zu nehmen und das alles lieber in Ruhe, denn in Eile zu genießen.
Wen es doch weiterzieht, der kann, selbst zur Abendstunde und am Morgen, eine Wanderrunde entlang des Neckars bis hinein nach Hessigheim und von dort wieder hoch in die Weinberge anschließen. Doch so schön die auch ist, vielleicht warten wir damit. Nur noch ein bisschen.