HNV erhöht zum Jahreswechsel die Preise
Fahrten mit Bus und Bahn werden in der Region zum Jahreswechsel teurer. Nach Informationen unserer Redaktion hat der Aufsichtsrat des Heilbronner-Hohenloher-Haller Nahverkehrs eine Erhöhung der Ticketpreise um durchschnittlich 1,39 Prozent beschlossen. Was sagen Fahrgastvertreter dazu?

"Die Tarifanpassung resultiert im Wesentlichen aufgrund der Preisentwicklung im Personalbereich sowie im Energiebereich", teilt HNV-Geschäftsführer Gerhard Gross auf Anfrage mit. "Der Aufsichtsrat vertritt die Auffassung, dass die laufenden Kostensteigerungen aus dem System heraus finanziert werden müssen." Andernfalls hätten die Gesellschafter die höheren Kosten auffangen müssen, also die Stadt Heilbronn und die beteiligten Landkreise.
Verständnis und Skepsis von Fahrgastseite
Vor diesem Hintergrund kann Fabian Kropf die Entscheidung nachvollziehen. "Die Haushalte der Kommunen sind am Anschlag", sagt Kropf, der die Region im Fahrgastbeirat Baden-Württemberg vertritt. Die angekündigte Preissteigerung bezeichnet er als "verhältnismäßig". Matthias Lieb vom ökologisch orientierten Verkehrsclub Deutschland fordert "flexiblere Angebote für Stammkunden mit Homeoffice", die nicht täglich, aber regelmäßig fahren. Der Nahverkehr werde auch 2021 im Krisenmodus verharren, erwartet der VCD-Landesvorsitzende. Teurere Tickets sieht er kritisch. "Stabile Preise können ein Beitrag sein, Kündigungen von Stammkunden zu vermeiden."
Der Nachbarverbund VVS in der Region Stuttgart hatte just diese Woche beschlossen, die Ticketpreise vom 1. April 2021 an um 2,7 Prozent anzuheben. Im Vorfeld hatte sich Verkehrsminister Winfried Hermann für eine Nullrunde im Stuttgarter Nahverkehr ausgesprochen und angeboten, das Land werde in diesem Fall "einen relevanten Teil" der Einnahmeausfälle übernehmen. Die Rede war von mehreren Millionen Euro.
Landesgeld gegen Preisstabilität im Nahverkehr: Im Fall des HNV hat es ein vergleichbares Angebot des Ministeriums nicht gegeben. "Das Land ist im VVS Gesellschafter und hat den übrigen Gesellschaftern im Rahmen seiner Möglichkeiten ein Angebot unterbreitet", teilt das Ministerium mit. Beim HNV sei das Land kein Gesellschafter, unterstütze ihn aber wie andere Verbünde bei Maßnahmen zur Kundenbindung sowie mit Geldern aus dem ÖPNV-Rettungsschirm.
Etwa ein Euro mehr im Monat für das Abo
Wie sich in der Region das Plus von durchschnittlich 1,39 Prozent auf die einzelnen Ticketarten niederschlägt, teilt der HNV noch nicht mit. Die Erhöhung konzentriert sich laut Gross aber auf die Zeitkarten, diese würden in der Regel um etwa einen Euro pro Monat teurer. Der laufende Tarifkonflikt mit einem Teil der ÖPNV-Mitarbeiter ist laut Verbund in der Erhöhung nicht eingepreist. Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes, dazu gehören auch die Heilbronner Stadtbusfahrer, kämpfen derzeit für bessere Arbeitsbedingungen.
Während Kunden innerhalb des HNV zum Jahreswechsel etwas tiefer in die Tasche greifen müssen, wird es für eine andere Zielgruppe sogar günstiger - für jene, die über Verbundgrenzen hinweg unterwegs sind. Wer ein DB Abo für den Regional- und Nahverkehr hat, profitiert davon, dass der neue, günstigere BW-Tarif nicht nur für Einzelkarten gilt, sondern von Dezember an auch für Zeitkarten.
Konkret heißt das: Wer etwa mit der Bahn von Heilbronn nach Stuttgart oder von hier nach Karlsruhe pendelt, kommt besser weg. Die Nutzung von Bussen und Bahnen im Verbund des Zielorts ist bereits inbegriffen. DB-Abo-Kunden im Regionalverkehr werden bis Ende Oktober angeschrieben.
Kommentar: Balance
Wegen der Corona-Pandemie sind die Fahrgastzahlen im Nahverkehr eingebrochen. Viele arbeiten immer noch zumindest tageweise im Homeoffice, andere sind aufs Auto umgestiegen. Die Verkehrsverbünde kämpfen um ihre Stammgäste. In einer solchen Situation sind die Preiserhöhungen natürlich ein schlechtes Signal, auch wenn sie jetzt wie im HNV moderat sind. Und trotzdem greift es zu kurz, dem Verbund vorzuwerfen, er bediene sich nach Belieben bei den Fahrgästen.
Preise steigen, Mehrkosten bei Personal und Energie müssen aufgefangen werden. Das geht entweder über den üblichen Mechanismus bei den Ticketpreisen. Oder die Gesellschafter müssen für die höheren Ausgaben geradestehen. Das wären in diesem Fall die Stadt und die Landkreise, also die Kommunen, die durch die Corona-Krise ebenfalls vor finanziell unwägbaren Zeiten stehen. Rettungsschirme von Bund und Land – nebenbei: auch das ist Steuergeld – haben die ärgste Not gelindert. Sie werden kommunale Haushalte aber nur in diesem Jahr vor Riesenlöchern bewahren.
So ist es nachvollziehbar, dass die HNV-Gesellschafter vorsichtig an der Preisschraube drehen. Der Blick nach Stuttgart zeigt, dass dort Bus und Bahn merklich teurer werden. Obwohl das Land eine Nullrunde großzügig aus eigener Kasse subventioniert hätte. Eine solche Offerte hat es in Heilbronn nicht gegeben. Zentral ist ohnehin, dass im Nahverkehr das Angebot stimmt. Pünktliche Busse und Bahnen, dazu flexible Angebote, die der neuen Homeoffice-Welt Rechnung tragen – das sind die besten Argumente für einen öffentlichen Nahverkehr, der seinen Preis wert ist.