Sport wirkt wie Medizin
Regelmäßige Bewegung hält Körper und Geist fit. Ein guter Allgemeinzustand hilft auch, besser durch die Corona-Krise zu kommen. Wir zeigen in unserer neuen Serie, wie man sich als Nicht-Sportler motivieren kann, wirklich dran zu bleiben.

Die Deutschen bewegen sich viel zu wenig, 80 Prozent der Bevölkerung kommt nicht auf das wöchentliche Mindestmaß an Ausdauersport und Krafttraining, das von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfohlen wird: wenigstens zweieinhalb Stunden Ausdauersport plus zweimal Aktivitäten zur Muskelkräftigung pro Woche.
Dabei ist Bewegung wie Medizin. Von regelmäßigem Sport profitieren Körper und Psyche. Das Krebsrisiko sinkt, die Anfälligkeit für Infekte nimmt ab und Lebensqualität sowie Lebensdauer steigen. Bewegung ist besonders in diesen Zeiten wichtig. Denn auch wenn Wissenschaftler immer noch viel über das Coronavirus lernen, so scheint doch eines schon jetzt klar: Bei Menschen mit gutem allgemeinen Gesundheitszustand verläuft eine Infektion in der Regel milder.
Wichtig ist, konsequent zu sein
Auf einen weiteren Effekt weisen Psychologen hin: Wer sich täglich an der frischen Luft bewegt, senkt sein Stresslevel und kann so womöglich auch dem Lagerkoller besser vorbeugen, der durch die virusbedingten Einschränkungen droht.
Hier zeigen wir exemplarisch Fakten zu den positiven Effekten sportlicher Betätigung. Quellen sind verschiedene medizinische Fachgesellschaften. Unter dem Titel "In Bewegung bleiben" beleuchten wird in den kommenden Wochen weitere Facetten des Themas.
Eine der Schlüsselfragen für bisherige Sport-Abstinenzler ist: Wie schaffe ich es, ins Training einzusteigen und dauerhaft dranzubleiben? Volker Sutor, Physiotherapeut, Buchautor und Betreiber mehrerer ambulanter Reha-Zentren in der Region, sagt: "Der Mensch ist darauf ausgelegt, so wenig Energie zu verbrauchen wie möglich." Dieses Verhalten werde durch den modernen Lebensstil begünstigt und schon den Kindern eingeimpft – etwa indem sie zur Schule gefahren werden statt zu laufen oder mit dem Rad zu fahren. "Viele Eltern verhindern Bewegung geradezu."
Mögliche Konsequenzen: Motorik und Bewegungsapparat können sich nicht richtig entwickeln, das Risiko für Übergewicht und Diabetes steigt schon in jungen Jahren. Sutor sagt: "Der Körper ist trainierbar, aber wenn wir alle Reize wegnehmen, wird er immer schwächer."
Lebensstil wird oftmals erst nach Erkrankung geändert
Leider ließen sich Menschen häufig erst dann motivieren, ihren Lebensstil hin zu mehr Bewegung zu ändern, wenn schon Probleme aufgetreten seien: ein Herzinfarkt zum Beispiel oder schmerzhafte Arthrosen. Um dann den Einstieg in ein gezieltes Training zu finden und dranzubleiben, empfiehlt Sutor "Motivationstricks" wie Fitnessuhren, Apps oder andere Hilfsmittel, anhand derer sich die eigene Leistung nachvollziehen lässt.
"Wir rufen die Leute auch an und fragen nach, wenn sie länger nicht zum Training gekommen sind." Wer es sechs Monate lang geschafft habe, regelmäßig zu trainieren, "der bleibt in der Regel auch dran" und habe eine realistische Chance, dauerhaft "vom Nicht-Sportler zum aktiven Menschen zu werden". Sutor sagt: "Bewegung muss wie Zähneputzen werden, das lässt man ja auch nicht aus." Und jede Bewegung sei besser als inaktiv zu sein. Also: Treppe nehmen statt den Aufzug, mit dem Rad zur Arbeit fahren und in der Mittagspause spazieren gehen.
Tipps: Wie man das Krankheitsrisiko minimieren kann
- Altern
Wer weniger Zeit am Schreibtisch verbringt, kann seine Lebenserwartung steigern. Der Verzicht auf exzessives Fernsehen bringt weitere Lebensjahre. Forscher mahnen: Sitzende Tätigkeiten machen einen Ausgleich durch Sport erforderlich. - Alzheimer
Wer sich körperlich fit hält und sich zugleich gesund ernährt, senkt das Risiko, im Alter an Alzheimer zu erkranken, um bis zu 60 Prozent. Welche direkten Bezüge es zwischen Bewegung und dem Alzheimer-Risiko gibt, lässt sich zwar noch nicht umfassend beantworten. Doch Wissenschaftler sind sicher: Wer sich viel bewegt, der bleibt länger geistig fit und selbstständig. Denn kontinuierliches Trainieren fördert Kraft, Geschicklichkeit und Koordination und es verringert in höherem Alter die Sturzgefahr. -
Im Verlauf der Arthrose nutzt sich der Knorpel immer mehr ab, im späteren Stadium reibt Knochen direkt auf Knochen. Foto: Rolf Vennenbernd (dpa)
Viele Betroffene schonen sich, weil sie Schmerzen haben oder verunsichert sind, welche Belastung sie ihren Gelenken zumuten können. Der richtige Sport im richtigen Maß kann jedoch helfen, das Fortschreiten einer Arthrose zu bremsen. Nach einer Operation verbessert Bewegung das Zusammenspiel zwischen Kunstgelenk, Muskeln und Knochen. Auf keinen Fall sollten Patienten in eine Schonhaltung verfallen. Wer sich – etwa aus Angst vor Schmerzen – kaum noch bewegt, verschlimmert seine Beschwerden dadurch womöglich. - Diabetes
Wer unter Diabetes mellitus leidet, kann und sollte sportlich aktiv sein. Bewegung und Sport können nicht nur den allgemeinen Gesundheitszustand verbessern, sondern senken auch den Blutzuckerspiegel, verbessern Blutdruck- und Blutfettwerte und helfen dabei, das Körpergewicht zu kontrollieren. So können Diabetiker Medikamente einsparen und Folgeschäden vermeiden oder zumindest hinauszögern. Die optimale Therapieform sehen die aktuellen Empfehlungen in einer Kombination aus Ausdauer- und Krafttraining. -
Leichte Ausdauersportarten wie Radfahren können auch für Menschen mit einer Herzerkrankung geeignet sein. Foto: Hauke-Christian Dittrich (dpa)
Wer regelmäßig Sport treibt, kann sein Risiko für Herzinfarkte und andere Herzerkrankungen senken. Das trifft auch bei einer koronaren Herzkrankheit zu, die in den meisten Fällen die Grunderkrankung des Herzinfarkts darstellt und sich mit Sport in Einzelfällen sogar teilweise zurückbilden kann. Geeignet für Menschen mit einer koronaren Herzkrankheit sind Ausdauersportarten, die sich mit niedriger Intensität betreiben lassen, etwa Joggen, Radfahren, Schwimmen, Rudern, Wandern, Walken oder flottes Gehen. - Infekte
Studien geben Hinweise darauf, dass Personen, die regelmäßig körperlich aktiv sind, seltener Erkältungen bekommen als weniger aktive Personen. Aktive Personen, die sich regelmäßig an fünf Tagen in der Woche bewegten, waren nur an halb so vielen Tagen im Jahr erkältet wie nicht aktive Personen. Ebenso war das Ausmaß der Erkältungsbeschwerden bei den aktiven Personen um bis zu 40 Prozent niedriger als bei den nicht aktiven Personen. - Krebs
Körperlich aktive Menschen erkranken seltener an Tumoren des Dickdarms, der Brust und der Gebärmutterschleimhaut. Das Dickdarm- und Brustkrebsrisiko sinkt um 20 bis 30 Prozent bei täglicher Bewegung von mindestens 30 Minuten. Bei weiteren Krebsarten wird ein Zusammenhang angenommen.