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Mit dem Stadtbild verändern sich auch die Heilbronner Einwohner

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Allee, Buga, Campus - etliche markante Ecken in Heilbronn haben sich drastisch verändert. Und auch die Einwohnerzahlen sind gestiegen, was sich auch auf die Kosten bei der Kinderbetreuung auswirkt.

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Allee mit Stadtbahn 

Im Januar 2010 lag auf der Allee tatsächlich Schnee, zumindest auf dem Mittelstreifen und auf den Bäumen. Zwölf Monate später begannen Sägen die alten, teils kranken Hölzer zu fällen – vor allem Platanen, aber auch Magnolien. Bald verwandelte sich die Straße in eine Dauerbaustelle. Zunächst wurden Leitungen verlegt, dann folgte die Stadtbahn. Nachdem sie bereits von 2001 an entlang der Bahnhofstraße und Kaiserstraße eine Gestaltungsoffensive angestoßen hatte und ab 2005 weiter Richtung Osten, tat und tut sie das seit 2013 auch in der Nordstadt. Die neue Allee ist von 78 Linden in drei Reihen sowie zwölf Urweltmammutbäumen gesäumt.


Villa weicht Volksbank

Als eines der wenigen Gebäude der Innenstadt hatte an der Ostseite der Allee die klassizistische Villa Hauck den Zweiten Weltkrieg einigermaßen überstanden. Vor zehn Jahren wurde sie noch von der Volkshochschule Unterland genutzt. In dem Nachbarbau waren Kinos untergebracht. Unter dem Protest von Agenda-21-Aktivisten rückten 2011 die Bagger an und machten Platz für einen 30-Millionen-Euro-Neubau der Volksbank Heilbronn. Das vom Büro Mattes Sekiguchi, heute Mattes Riglewski Wahl Architekten, gestaltete Gebäude hat durch Lokale, Innenhof und den Abraham-Gumbel-Saal die früher etwas abgehängte Ostseite der Allee belebt.

Boomender Campus

Im Februar 2010 setzte die Dieter-Schwarz-Stiftung an der Mannheimer Straße/Schaeuffelenstraße den Spaten für den Bildungscampus an. Der letzte Backsteinbau der Papierfabrik Schaeuffelen von 1898 war wenige Monate vorher abgerissen worden. Das sogenannte Hofkammergebäude von 1994 wurde vom Stuttgarter Architekturbüro Glück und Partner in die neue Gebäudegruppe integriert. Die vier kubischen Klinkerbauten mit Lichthöfen gruppieren sich um einen begrünten Innenhof. Sie wurden bald um ein Parkhaus ergänzt sowie um den Bildungscampus-West und -Nord, inklusive spektakulärer Fußgängerbrücke über die Bahngleise.

 


 

Marrahaus statt C&A

Wie ein Bunker hockte seit den 1980er Jahren das Kaufhaus C&A an der Oberen Neckarstraße, während 1991 eine neue Schiffsanlegestelle plus Treppe und bald auch das Theaterschiff die Öffnung zum Fluss einleiteten. Die aus der Not heraus gebauten Wohnblocks der Nachkriegszeit sind inzwischen renoviert. Der alte C&A-Bau wurde abgerissen, das Kaufhaus sitzt jetzt im Klosterhof. 2013 bis 2015 bauten Kruck & Partner an seiner Stelle das Marrahaus. Die von Antonio Marra gestaltete Fassade aus farbigen Lamellen, die Lokale sowie das Arthaus-Kino haben frischen Wind an die Neckarmeile gebracht.

Aus Brache wird Buga

Berge von Schrott und Altpapier, leere Hallen, Werkstätten, verlassene Büros, eine Bundesstraße mit täglich 30 000 Autos: So hat das Fruchtschuppenareal vor einem Jahrzehnt ausgesehen. Bald wurden auf 40 Hektar rund 600 000 Kubikmeter Erde bewegt, zwei Seen angelegt und schließlich 22 Häuser gebaut. 2019 erlebte Heilbronn hier mit der Buga ein Sommermärchen. Bald wird im Neckarbogen weitergebaut, hoffentlich ebenso vorbildlich wie bisher: gestalterisch, ökologisch, energetisch, sozial-integrativ. Dann wächst aus einer Gewerbebrache tatsächlich die Stadt der Zukunft, direkt am Neckar.


Zunahme der Bevölkerung im vergangenen Jahrzehnt

Nicht nur beim Stadtbild, sondern auch bei den Menschen, die hier leben, hat sich viel verändert. Die Region Heilbronn-Franken ist eine Wachstumsregion, wie die allermeisten der elf Regionen im Land. Das zeigt sich an der Zunahme der Bevölkerung im vergangenen Jahrzehnt. Heilbronn-Franken ragt aber heraus, hat die Region doch den stärksten Zuwachs an Arbeitsplätzen im Land erfahren. 

In der Stadt und den Landkreisen Heilbronn und Hohenlohe war die Gruppe der 40- bis 64-Jährigen die stärkste, was auf die Babyboomer-Jahrgänge zurückzuführen ist. Die Stadt hatte die jüngste Bevölkerung der drei Kreise mit einem Durchschnittsalter von 42,4 Jahren. Im Stadtkreis und den Landkreisen Heilbronn und Hohenlohe kamen von 2011 bis 2018 mehr Kinder auf die Welt. Gleichzeitig gab es aber mehr Sterbefälle als Geburten. Durch die EU-Freizügigkeit für Rumänen und Bulgaren 2014 sowie die Flüchtlingswelle 2015 erklärt sich auch der gestiegene Ausländeranteil. Jeder vierte Heilbronner hatte 2018 einen ausländischen Pass.

Wie viele Bewohner die Städte und Gemeinden 2010 und 2018 jeweils hatten, lässt sich aus der Grafik ablesen:

 

 

 

Warum die Kinderbetreuung für Kommunen teurer geworden ist

Mit wachsender Bevölkerungszahl steigt auch der Bedarf an Betreuungsplätzen für Kinder. Am Beispiel unterschiedlicher Kommunen zeigt sich, zwar hat sich die Zahl der Plätze für die Kinderbetreuung in den 2010er-Jahren nicht gravierend verändert, doch die Preise sind gestiegen. Was also treibt die Ausgaben in die Höhe?

Obersulm

 Foto: Mario Berger

Es überrascht zuerst einmal: Die Zahl der Kinder- und Krippenplätze in Obersulm ist im vergangenen Jahrzehnt nur leicht gestiegen, obgleich einige Gruppen dazu gekommen sind. Das hat mehrere Gründe. 2010 waren 80 Prozent der Plätze in Regelgruppen, die mit maximal 28
Kindern die größte Platzzahl bieten. Inzwischen gibt es in der Gemeinde mit heute knapp 13.900 Einwohnern viel mehr verlängerte Öffnungszeiten und, weil der Bedarf gestiegen ist, mehr Ganztagsbetreuung. 2010 waren zehn Krippenplätze vorhanden, jetzt sind es 60. Ganztagsangebote und Betreuung von unter Dreijährigen
bedeuten einen höheren Personalaufwand. Die Zahl der Erzieher hat sich im Zeitraum von 49 auf 96 fast verdoppelt.

Neckarsulm

 Foto: Berger, Mario

Der Rechtsanspruch auf einen Krippenplatz ab einem Jahr, der seit 2013 gilt, und der Trend hin zu Ganztagsbetreuung haben auch in Neckarsulm das städtische Angebot verändert und wachsen lassen. Wobei die Stadt schon 2008/09 die Betreuung von unter Dreijährigen eingeführt hat. Mittlerweile ist es die Regel, dass Kinder ab zwei Jahren angemeldet werden. „Diese Entwicklung war 2010 nicht abzusehen“, meint Pressesprecher Andreas Bracht. In zehn Jahren – vom Kindergartenjahr 2007/08 bis 2018/19 – stiegen die Öffnungszeiten in den Betreuungseinrichtungen von 1596 Stunden pro Woche auf 3036 Stunden, damit um 93 Prozent. Die Elternbeiträge decken nur zu acht Prozent die Ausgaben im Kita-Bereich

Zweiflingen

 Foto: Juergen Koch

Die kleine Hohenloher Gemeinde hat vor über zehn Jahren einen mutigen Beschluss gefasst und sich für den Bau eines zentralen Kinderhauses entschieden. Das wurde 2010 im Hauptort Zweiflingen eingeweiht. Alte Kindergartengebäude in den Teilorten Orendelsall und Westernbach hätten saniert werden müssen, um die rechtlichen Vorgaben erfüllen zu können. Das hat den Gemeinderat dazu bewogen, die Kinderbetreuung
zu konzentrieren. Damit konnte auch dem Wunsch nach verlängerten und flexiblen Öffnungszeiten entsprochen werden. Auch wenn sich die Zahl der zu betreuenden
Kinder nicht gravierend verändert hat, sind durch diese verlängerten Öffnungszeiten die Personalkosten
drastisch gestiegen.

 

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