Gewerbe oder Wohnen?
Im Rahmen unserer Aktion "50 Wochen - 50 Orte" kam Chefredakteur an der Bausteller der "Neuen Mitte" mit den Offenauern über das Großprojekt und die Corona-Krise ins Gespräch.

Die "Neue Mitte" bewegt die Menschen in Offenau. Das wurde auch beim Vor-Ort-Besuch von Stimme-Chefredakteur Uwe Ralf Heer deutlich. Mit Bürgermeister Michael Folk und einigen Offenauern tauschte sich Heer in kleiner Runde an der Baustelle der "Neuen Mitte" über die Themen bezahlbares Wohnen, die Gestaltung des Zentrums und die Auswirkungen von Corona aus.
Zu wenig bezahlbarer Wohnraum
Johannes Müllerschön kam mit dem Rad vorbei. Der Offenauer findet, dass die Kommune in den vergangenen Jahren zu wenig im Bereich bezahlbarer Wohnraum getan hat. So habe eine Wohnungsbaugenossenschaft ihr Interesse bekundet. "Das Sportgelände hätte man hierzu verlegen und die Fläche als Wohngebiet ausweisen können", so Müllerschön. "Das war ja mal kurzfristig im Gespräch, wäre aber zu teuer geworden. Außerdem lässt die Nähe zu Südzucker keine reine Wohnbebauung zu", hakt Gemeinderat Peter Klotz ein.
Entwicklung nach Corona
Auch dass der Gemeinderat die Auflösung der Wohnnutzung an der Hauptstraße 2 und 4 sowie der Holzstraße 8 beschlossen hat, um Parkplätze zu bauen, kann Müllerschön nicht nachvollziehen. Zumal durch die neue Lidl-Deutschland Zentrale in Bad Wimpfen in absehbarer Zeit Wohnungssuchende nach Offenau drängen würden. "Es wird auch interessant, wie sich nach Corona die Preise entwickeln", sagt der Chefredakteur. "In Stuttgart gibt der Wohnungsmarkt bereits nach."
Die "Neue Mitte" bezeichnet Müllerschön als Wohnungsvernichtungsprogramm. Urprünglich sei angedacht gewesen, das neue Gebäude in der Ortsmitte, in dem Rossmann und eine Markthalle unterkommen sollen, zweistöckig zu bauen. "Unten Gewerbe, oben Wohnraum. Das wäre ein vernünftiges Konzept gewesen." Doch das sei nicht finanzierbar gewesen.
Wohnen an der B27
Bürgermeister Michael Folk betont, dass Wohnen direkt an der B27 aufgrund des Lärms und der Abgase gesundheitsgefährdend sei. Deshalb wolle man die erste Reihe vorrangig für Gewerbe nutzen. Die Gestaltung sei ein Thema. "Der Platz soll ja auch Aufenthaltsqualität bieten." Es gebe bereits Ideen von Bürgern. In der kommenden Woche wolle man mit Verkehrsminister Winfried Hermann über das Projekt sprechen "und ihn fragen, ob es einen Zuschuss gibt", so Folk.
Was ist mit der Ortsumfahrung?
"Was ist eigentlich aus der Ortsumfahrung geworden?", will der Chefredakteur wissen. "Die wird nicht kommen", so der Rathauschef. "Denn es gibt Möglichkeiten, das Ganze erträglich zu machen, zum Beispiel durch Tempo 30." Heer fragt nach, ob aufgrund der Corona-Krise schon etwas auf der To-Do-Liste der Gemeinde gestrichen werden musste. Ganz absehbar sei das noch nicht, so der Bürgermeister. "Wir rechnen schon mit einem Einnahmenrückgang. Aber die Dinge, die bereits angefangen wurden, sind durchfinanziert."

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