Stimme+
Neckarsulm
Lesezeichen setzen Merken

Neckarsulm bleibt der Jobmagnet der Region

   | 
Lesezeit  3 Min
Erfolgreich kopiert!

In keiner Stadt im Landkreis Heilbronn arbeiten so viele Menschen wie hier. Mehrere Neubauprojekte zeigen, dass trotz der Krise in der Automobilindustrie weiterhin Fachkräfte gesucht werden.

   | 
Lesezeit  3 Min
Aus der Luft dominiert Audi das Stadtbild von Neckarsulm. Die Wirtschaftskraft entfaltet sich aber zunehmend auch abseits dieses Werksgeländes.
Foto: Archiv/Gleichauf
Aus der Luft dominiert Audi das Stadtbild von Neckarsulm. Die Wirtschaftskraft entfaltet sich aber zunehmend auch abseits dieses Werksgeländes. Foto: Archiv/Gleichauf  Foto: Gleichauf, Christian

Audi, die Schwarz-Gruppe, Kolbenschmidt, Bechtle... - die Liste großer Arbeitgeber in Neckarsulm ist lang. In keiner Kommune im Landkreis Heilbronn gibt es mehr Unternehmen, die vor Ort mehr als 500 Menschen beschäftigen. Allerdings ist Neckarsulm derzeit auch ein Brennglas der Corona-Krise: Manchen Firmen geht es gut, einige investieren - andere kämpfen hingegen mit Problemen.

Gut durch die Krise gekommen

Auf der Liste der Unternehmen in Neckarsulm stehen insgesamt mehr als 1000 Namen - ein Großteil geht hier allerdings auf das Konto der verwinkelten Schwarz-Gruppe. Sie gehört auch zu jenen, denen die Pandemie bislang kaum etwas ausmachte.

Ihre Discounter-Sparte Lidl machte auch in der Krise gute Geschäfte, die Verbrauchermarkt-Sparte Kaufland hat sogar spürbar davon profitiert, dass die Menschen lieber seltener und dafür mehr an einem Ort einkaufen. Beide galten dabei ebenso als systemrelevant wie der zur Unternehmensgruppe gehörende Entsorger Prezero.

Neubauten und Umzüge

Kein Wunder, dass weiter emsig gebaut wird. Auf dem Stiftsberg im Gewerbegebiet Trendpark, dem Sitz der zentralen Teile der Gruppe, ist vor wenigen Monaten ein weiterer Neubau bezogen worden. Im Gewerbegebiet Rötel baut Lidl ebenfalls.

Mittlerweile benötigen zentrale Funktionen reichlich Platz - also zieht Lidl Deutschland demnächst nach Bad Wimpfen, während Schwarz IT bald mit den Bauarbeiten in Bad Friedrichshall beginnt. Und nicht nur Schwarz baut. Bechtle wächst ebenfalls während der Krise weiter und errichtet gerade den nächsten Bürokomplex am Firmensitz - er soll noch vor Jahresende bezogen werden. Die Belegschaft ist dort auf 1800 Männer und Frauen angewachsen, das neue Gebäude soll Platz für weiteres Wachstum schaffen.

Schließlich hat das Unternehmen während der Corona-Zeit besonders viele Aufträge für Homeoffice-Technik und von der öffentlichen Hand erhalten. Allerdings litt der E-Commerce unter den Schließungen vor allem im Ausland. Vergleichbar positiv läuft es bei anderen IT-Firmen, etwa bei Fujitsu-TDS im markanten Turm an der A6.

Audi bleibt der größte Arbeitgeber der Region

Ganz anders sieht es bei der Automobilindustrie aus. Audi musste für sechs Wochen die Produktion stoppen, weil sich Autos während der weltweiten Hochphase der Pandemie so gut wie nicht mehr verkaufen ließen. Für den Großteil der knapp 17 000 Audianer eine vorübergehende Auszeit.

Aber langfristig dürfte sich auch die Zahl der Arbeitsplätze beim größten Arbeitgeber Neckarsulms und der Region eher nach unten bewegen. Die Dieselkrise hat den Standort bereits unter Druck gesetzt. Jetzt kommt die Elektromobilität mit Wucht, und ein Großteil der Musik spielt in der Konzernzentrale in Ingolstadt. Wie es weitergeht, wird sich in den nächsten Monaten zeigen.

Neues Know-how gefragt

Der Strukturwandel trifft den Autobauer hart, seine Zulieferer aber teils noch härter. Audi-Nachbar Kolbenschmidt etwa ist auf Motorblöcke und Kolben spezialisiert. Doch für Elektromotoren braucht man weder das eine noch das andere. Der Druck auf das Unternehmen mit mehr als 2000 Mitarbeitern am Standort Neckarsulm wächst. Das Know-how und die Verbindungen des Mutterkonzerns Rheinmetall könnten da entscheidend werden die Erfolgschancen in einem neuen Marktumfeld.

Bewährt hat sich in all den Jahren, dass der Wirtschaftsstandort Neckarsulm so breit aufgestellt ist. Abseits der großen Firmen gehören zum Portfolio auch erfolgreiche Mittelständler wie der Steckverbinderproduzent Franz Binder. Er profitierte in der Krise vor allem von der Nachfrage nach Teilen für Medizintechnik. Die neue Firmenzentrale nimmt bereits Gestalt an. Ende des Jahres soll sie bezugsfertig sein. Binder beschäftigt etwa 1000 Mitarbeiter in Neckarsulm.

 

Das Wachstum geht weiter
Man darf gespannt sein, ob und wie der Umzug von Lidl Deutschland die Statistik verändert. In den vergangenen 20 Jahren hat sich die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in Neckarsulm von 24.600 auf 41.600 kräftig erhöht - während sich die Einwohnerzahl unter 27.000 kaum vom Fleck bewegte. Die Arbeitsplatzdichte, also das Verhältnis zwischen Arbeitsplätzen und Wohnbevölkerung, erhöhte sich entsprechend von 0,9 auf beachtliche 1,6. Die Zahl gibt einen Hinweis darauf, wie viele Menschen hier jeden Morgen in die Stadt pendeln. Durch die Verlagerung einiger Unternehmensteile wird der Druck auf die Straße aber kaum nachlassen, weil viele der Pendler nach dem Umzug in die Nachbarstädte weiterhin über die B27 oder die L1100 durch die Stadt fahren und künftig eben erst in Bad Friedrichshall oder Bad Wimpfen abbiegen. Gleichzeitig haben die Schwarz-Verantwortlichen bereits signalisiert, dass der Arbeitsplatzverlust für die Stadt allein durch die Wachstumspläne der Gruppe bald wieder ausgeglichen sein dürfte.

Kommentar hinzufügen

Kommentare

Neueste zuerst | Älteste zuerst | Beste Bewertung
Keine Kommentare gefunden
  Nach oben