"Der leere Innenhof stimmt nachdenklich"
Baron Götz von Berlichingen spricht im Interview über den Sommer auf der Götzenburg ohne Burgfestspiele und verkündet Neuheiten rund um den Hotelbetrieb.

Die Götzenburg im Sommer ohne Besucher, ohne Theater, ohne Tribüne: Das hat es mehr als 70 Jahre nicht gegeben. Wie sich das für jemanden anfühlt, der die Burgfestspiele seit seiner Kindheit immer hautnah miterlebt hat, erzählt Baron Götz von Berlichingen im Interview.
Wie fühlen Sie sich, wenn Sie dieser Tage auf die Götzenburg kommen?
Baron Götz von Berlichingen: Es ist kein Gerüst im Innenhof der Götzenburg aufgebaut, die Schauspieler sind nicht da. Das wirkt alles seltsam. Dass die Burgfestspiele hier jedes Jahr stattfinden, ist eine wunderbare Tradition. Sie sind auch Wirtschaftsmotor in der Region. Dieses Jahr den leeren Innenhof zu sehen, macht einen sehr nachdenklich. Vor allem, weil man nicht weiß: Ist es jetzt nur das eine Mal? Wie lange dauert diese Pandemie? Können wir 2021 wieder starten? Ich bin aber zuversichtlich.
Für Samstag war die erste Premiere der Saison geplant. Wie wäre die Stimmung auf der Götzenburg?
Baron von Berlichingen: Es wäre eine große Anspannung. Die erste Premiere ist die, die alle am meisten beschäftigt. Danach fällt ein bisschen die Anspannung ab. Wir alle fiebern mit. In diesem Jahr habe ich festgestellt, dass die Burg ohne Stahlgerüst eine spannende neue Erfahrung ist.
Inwiefern?
Baron von Berlichingen: Es lässt einen ganz anderen Blick zu. Ich sehe jetzt Dinge, die ich im Detail so noch nie wahrgenommen habe - zum Beispiel alte Inschriften-Steine und deren Bedeutung für die Geschichte der Familie, die seit über 800 Jahren hier ihren Stammsitz hat.
Hand aufs Herz, haben Sie sich in der Vergangenheit auch mal einen ruhigen Sommer auf der Götzenburg gewünscht?
Baron von Berlichingen: Also manchmal ist es tatsächlich so gewesen, wenn hier tausende Gäste sind und es wiederholt sich und wiederholt sich, dass ich schon mal dachte: Mensch, die Götzenburg in einer Ruhephase zu erleben, das wäre was. Aber die Festspiele sind so eine einzigartige Institution, da überwiegt letztlich die Freude darüber, dass wir sie hier haben.

Können Sie die Ruhe jetzt genießen?
Baron von Berlichingen: Es hat schon was. Ich erforsche die Burg völlig neu. Und auch meine Kinder können sie jetzt ganz anders erleben, nicht als geschäftlichen Betrieb, sondern viel privater.
Gibt es eine Anekdote rund um die Festspiele, die Ihnen besonders im Gedächtnis geblieben ist?
Baron von Berlichingen: Es gibt natürlich viele Geschichten. Langweilig wird es nie. Zum Beispiel hat sich einmal ein Schauspieler - übrigens ein Götz-Darsteller - nachts ins Burgverlies abgeseilt und sich dabei verletzt. Im Krankenhaus hat er dem Arzt nicht nur seine Verletzung gezeigt, sondern auch einen Knochen aus dem Verlies. Letztlich rief die Polizei bei mir an und bat um Aufklärung... In einem anderen Jahr gab es eine lustige Geschichte. Es wurde "Ein Käfig voller Narren" gespielt. Als eine japanische Touristengruppe im Schlosshotel ankam und Männer in Strapsen und mit Federboas herumliefen, machten die Gäste große Augen. Sie wussten nichts von den Festspielen und wollten kurzzeitig sogar wieder abreisen.
Sie haben "Götz von Berlichingen" viele Male gesehen. Wie mögen Sie das Stück am liebsten?
Baron von Berlichingen: Ich habe es wirklich sehr oft gesehen. Seit ich sieben bin, war ich jedes Jahr dabei. Sie können sich denken, ich könnte in die ein oder andere Rolle einspringen. Grundsätzlich finde ich es großartig, dass der "Götz" immer neu inszeniert wird. Mir liegt jedoch eher die traditionelle Inszenierung.
Die Götzenburg ist auch ein Hotelbetrieb. Wie ist die Situation gerade durch Corona?
Baron von Berlichingen: Tragischerweise ist auch unser Haus wie so viele andere geschlossen. Wir bereiten alles für die Zeit danach vor und haben viele neue kreative Ideen. Es macht im Moment keinen Sinn, das ganze Hotel hochzufahren. Wir werden ein Light-Opening machen mit einem Teil der Burg.
Welche neuen Ideen gibt es?
Baron von Berlichingen: Wir sind in Gesprächen mit anderen in der Branche und haben neue Impulse bekommen. Eines kann ich sagen: Es wird besser als vorher. In jedem Fall wird die Götzenburg für Hochzeiten, Familienfeiern und Events der perfekte Ort sein.
Setzt das neue Konzept dann ein Pächter um?
Baron von Berlichingen: Nein. Meine Frau und ich haben uns entschieden, die Götzenburg und das Hotel in eigener Regie zu betreiben. Die Planung läuft auf Hochtouren. Wir hoffen im Herbst wieder zu starten. Wir freuen uns darauf.